Die neue Weltbühne: Ein missglückter Neustart

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Eine neue Publikation am Zeitschriftenmarkt hat bei vielen Beobachtern der deutschen Presselandschaft großes Erstaunen ausgelöst. Der Verleger der Berliner Zeitung, Holger Friedrich, präsentierte im vergangenen Mai ein schmales, knallrotes Heftchen im DIN-A-5 Format mit einem Titel, der in der Weimarer Republik ein legendäres Dasein führte. Die Rede ist von der Weltbühne, die nach 32 Jahren wieder neu erscheinen soll. Hier wird nicht nur eine neue, „alte“ Zeitschrift angekündigt, sondern eher die Planung eines ganzen Projektes. Nicht nur um Wiederbelebung einer vergangenen Tradition soll es gehen, man hat eher den Eindruck, ein weiteres Mal mit bekannten Lebenslügen der 1968er Generation konfrontiert zu werden.

Die Weltbühne sammelte in der Weimarer Republik die Stimmen der linken bürgerlichen Intelligenz hinter sich, und ihr pazifistischer Schlachtruf lautete: „Kämpfen für Frieden und gegen den Krieg.“ 

An diese Vorgabe wollen die Herausgeber Thomas Fasbender und Behzad Karim Khani wieder anknüpfen. Um es gleich vorweg zu sagen, die Artikel der neun Autoren zeigen ein hohes Maß an Selbstverliebtheit; ein klarer Kurs wird zwar beteuert, nämlich dass man einen „Raum für demokratischen Streit schaffen will“, und dass man links sei, aber so richtig erkennbar wird das nicht, schon gar nicht in den vorgelegten Positionen zu Krieg und Frieden. So finden sich in keinem der neun Beiträge Aussagen zum herrschenden Krieg in der Ukraine, was man ja noch verstehen könnte, wenn die Macher des Heftes sich da bewusst nicht positionieren wollen. Allerdings findet sich kein Wort zur Aufnahme der 500 Millionen Euro Schulden, um „Deutsche Kriegstüchtigkeit“ herzustellen. Vom Kampf für den Frieden also keine Spur. Scheinbar ist vor der Herausgabe des Heftes niemand aufgefallen, dass Anspruch und Wirklichkeit schon auf der ersten Seite weit auseinanderklaffen. Oder konnte man dazu nicht in der Lage sein, weil die wirklichen Probleme des Landes nicht, von einer „Woke Left“ Community, die außer links auch grün, inklusiv, multikulti und woke sein will, aber nirgends wirklicher Tradition verpflichtet, diskutiert werden können?

Schauen wir uns einzelne ideologisch festgelegte Beiträge an: 

Das Editorial ist überschrieben mit Tucholskys bekanntem Satz von 1931, Soldaten sind Mörder (ohne Anführungszeichen).  Schon damals war die Aussage glatter Unsinn und ist auch heute daneben. Ihn einfach 64 Jahre später in die heutige Zeit zu übertragen zeugt von erheblicher Geschichtsvergessenheit. Wurde nicht in zahllosen links-grünen Kampagnen der vergangenen Jahre mit dem besagten Satz immer wieder versucht, über deutsche Soldaten die in den Weltkriegen ihr Land verteidigt, dabei auch ihr Leben verloren haben oder in Gefangenschaft geraten sind und die katastrophalen Folgen nach Kriegsende zu tragen hatten, derartigen Unsinn zu verbreiten, ohne dass Politik und Justiz dagegen eingeschritten ist? 

Der erste Beitrag zeichnet das Schicksal der Weltbühne nach. Die „Weimarer Zeit“, das Verbot von 1933 sowie die Versuche mit Nachfolge-Ausgaben am Leben zu bleiben. Abweichend von der historischen Betrachtung wird dem Projekt für heute „maximalen Erfolg“ gewünscht, was in „der Vereinigung des linken undogmatischen Spektrums“ gesehen wird. 

In „Biologie ist eine Bitch“ gibt Anne Waak ihre Meinung über das Kinderkriegen als große Gefahr für Einkommen, Rente und Gesundheit, gar für das Leben von Frauen zum Besten. Und so lesen wir von absurden moralischen Verantwortungen, die man „außer in den Wahlprogrammen rechter Parteien sonst nirgends finden kann“ und, weiter verstärkend, dass „moralische, volkswirtschaftliche und patriotische Pflichten“ die Frauen in puncto Nachwuchs unter Druck setzen würden. Zwar können Kinder ein Quell der Freude sein, „was aber nicht ausschließt, dass sie eine Frau körperlich, mental und finanziell ruinieren können“. Ginge es nach Frau Waak, wäre das Menschengeschlecht schon längst ausgestorben.

Der Philosoph Daniel-Pascal Zorn lässt sich über den Niedergang des Westens aus, wobei im Gesagten wenig Neues zu erkennen ist, was nicht schon in dutzenden Publikationen der letzten Jahre geschrieben wurde. „Die bei diesem Untergang mitwirken werden feststellen, dass sie selbst mit untergehen können“, so seine abschließende Warnung vor allzu großem Revolutionseifer. Denn so schlimm die Lage auch sein mag, ein Verbleiben in der woken Wohlfühlwelt ist immer noch der beste Garant gegen rechts.

In den beiden folgenden Beiträgen der Herausgeber Thomas Fasbender und Behzad Karim Khani geht es um den Besuch einer Veranstaltung zur Vorstellung von fünf bekannten und weniger bekannten Manifesten. Khani wartet dort auf den sich verspätenden Fasbender und beschreibt, wie ihn drei Nachrichten auf Instagram erreichen, in denen Autoren eine Beteiligung am Weltbühne-Projekt ablehnen, weil „mit Thomas Fasbender ja ein Rechter mitmache“. Also alles klar, wie weit offene Debattenkultur zu gehen hat.

Michael Andrick schließt die Artikel-Serie ab. Er beleuchtet die Facetten, die Freiheit zu bieten hat und die sie auch immer wieder behindern. Vielleicht der beste Beitrag in dieser neuen Erstausgabe.

Am Ende bleibt Skepsis, ob die Macher ihrem Anspruch gerecht werden. Eine Skepsis, die sich nicht zuletzt auch aus dem hohen Preis von elf Euro für das dünne Heftchen (30 Seiten) ergibt. Für steuerfinanzierte Journalisten, Staatsdiener und NGO-Beschäftigte mag das in Ordnung gehen solange man in der eigenen Blase der Selbstheiligsprechung bleibt, eine breite Leserschaft, die in offener Debattenkultur die wirklichen Probleme des Landes diskutieren will, wird man damit nicht gewinnen können.

Bezugsadresse: Die Weltbühne, Karl-Liebknecht-Straße 29, 10178 Berlin

weltbuehne.com


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