Das war ja so eine Behauptung des CDU-Vogels Wanderwitz: Die Ostdeutschen seien diktatursozialisiert. Ich drehe den Spieß mal rum: Die Ostdeutschen sind diktaturerfahren, die CDU ist diktatursozialisiert.
Mein Vater war die ganze Russenzeit CDU-Mitglied. 1945 als man noch nicht genau wußte, wohin die Reise geht, war er eingetreten und dann blieb er Mitglied, weil es ihm als niederer Staatsangestellter beruflich in den Kram paßte.
Von der Parteizeitung „Thüringer Tageblatt“ war er angewidert, von Parteiveranstaltungen auch. Über eifrige Unionsfreunde, die für „Schöner unsere Städte und Gemeinden“ warben, machte er sich im Familienkreis lustig. Nach 1990 ist er ausgetreten. Die CDU-Wendehälse, die im Februar 1990 vor der Volkskammerwahl das pure Gegenteil von dem erzählten, was sie noch bei der Kommunalwahl 1989 vertreten hatten, widerten ihn an. Besonders der Erfurter Bundestagsabgeordnete Norbert Otto – sein Ortsvorsitzender – war ihm in dieser Hinsicht ein Ärgernis.
Ich war von 1990 bis 2009 CDU-Mitglied. Anfangs gab es bei relativ gut besuchten Parteiveranstaltungen noch Meinungsäußerungen von Mitgliedern, die allerdings nicht immer schön waren. Insbesondere die vom DA und vom Neuen Forum hinzugekommenen Mitglieder wurden von Altlasten zuweilen grob beschimpft. Nachdem Herr Mohring den Kreisvorsitz übernommen hatte, erstarb das Parteileben und Diskussionen wurden nicht mehr geführt. Selbst die Landtagsabgeordnete Frau Lieberknecht durfte nur in einer Zählpause eine Ansprache in die unruhige Versammlung krähen. Als ein Apoldaer CDU-Mitglied als Bürgermeisterkandidat der Partei aufgestellt wurde – über seinen Namen schweigt des Sängers Höflichkeit – durfte er den Gästen des Neujahrsempfangs keine Rede halten. Er mußte auf der Treppe stehen und den ankommenden Gästen die Hand reichen. Diesen Leichnam von einer Partei habe ich 2009 verlassen.
Ich habe noch das Bezirksreferentenkollektiv der SED bei den Auftritten zum Republiksgeburtstag in Mechelroda erlebt. Selbst da wurden Fragen der Einwohner zugelassen, welche insbesondere die desolate Versorgungslage betrafen. Bei SED-Versammlungen wurde insbesondere 1988 bis 1989 unter dem Eindruck von Glasnost und Perestroika mehr diskutiert und kritisiert, als in der CDU. Die CDU der Merkeljahre war wie die der Russenzeit diktatursozialisiert. Wanderwitz ist selbst zu jung, um das was er behauptet hat, zu überschauen. Die alte Vettel, die ihn als Ostbeauftragten installiert hat, trägt letztlich die Verantwortung für den hirnlosen Unsinn, den er verkündete.
Eine Bemerkung zum 3. Oktober als Tag der deutschen Einheit kann ich mir nicht verkneifen. Der 3. Oktober 1989 war der einzige Tag im Oktober, an dem nichts passiert ist, der ereignislos war.
Am 1. Oktober wurde in Berlin der Demokratische Aufbruch gegründet.
Am 2. Oktober war die erste machtvolle Demo in Leipzig, wo 20.000 Leute auf den Ring gingen und die Kampfgruppen verhöhnten
Am 3. Oktober war nichts.
Am 4. Oktober blockierten tausende Leute den Dresdner Hauptbahnhof, als die Ausreiserzüge aus Prag passierten.
Am 5. Oktober dasselbe in Plauen.
Am 6. Oktober revoltierten die FDJ-Marschblöcke der Südbezirke Erfurt, Dresden, Leipzig, Suhl, Karl-Marx-Stadt, Gera und Halle beim Fackelzug zum Republiksgeburtstag und riefen vor der Tribüne der Parteiführung: „Gorbi – Gorbi“. Der Kordon des Inlandsgeheimdienstes vor der Tribüne rief hilflos dagegen „Erich, Erich“.
Am 7. Oktober kam es zu Demos in Plauen und Ostberlin.
Am 8. Oktober entstand in Dresden die Gruppe der 20.
Der 3. Oktober war der einzige Tag, an dem im Oktober 1989 nichts passierte. Darum wurde er als Tag der deutschen Einheit ausgesucht. Man hat den Ostdeutschen damit ihre Ehre genommen, sie in den Dreck der Belanglosigkeit getreten. Eins kann ich versprechen: Wir werden die Republik in der derzeitigen desolaten Verfassung mit ihrem grünen Haß und ihrer roten Hetze nicht lieben.
Grüße an den Inlandsgeheimdienst: Merkel muß weg!
Erstveröffentlichung: Prabelsblog