„Wir schaffen das“ oder „wir schaffen was?“

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Vor gut 10 Jahren hat ein Satz vieles in diesem Land verändert und bei vielen Menschen Hoffnungen auf Veränderungen geweckt.

Auch ich als schwerbehinderter Bürger, der mit beiden Beinen im Leben steht und schon einiges erlebt hat, habe an echte Veränderungen geglaubt.

Arbeitswelt:

Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben es oftmals nicht so leicht, einen geeigneten oder gewünschten Arbeitsplatz zu finden, da Arbeitsplätze nicht oder nur teilweise barrierefrei sind. Bei blinden Arbeitnehmern kommt hinzu, dass eingesetzte Software oftmals nicht vollumfänglich zugänglich ist. All diese Umstände schränken die Einsatzmöglichkeiten und damit einhergehende Aufstiegschancen erheblich ein.

Heute stelle ich fest, dass sich viel zu wenig geändert hat. Barrierefreiheit muss immer noch oftmals absolut nervig begründet werden und scheitert dann immer noch an Vorgaben und Kosten, obwohl wir ja mittlerweile immer wieder erleben, dass Geld im Überfluss vorhanden zu sein scheint, wenn man sieht, wofür es verwendet wird. Auch Gesetze können, wenn man es nur will, sofort verabschiedet oder geändert werden.

Wir reden vom Fachkräftemangel und hätten viele Menschen, die auf ihrem Gebiet Fachkräfte sind, wenn man sie nur entsprechend unterstützen und fördern würde.

Mobilität

Wer auf den ÖPNV angewiesen ist, kann ein Lied davon singen. In den letzten Jahren wurden teilweise ÖPNV-Projekte im ländlichen Raum eingestellt, weil sie angeblich zu teuer waren. Das Nachsehen haben die Menschen, die darauf angewiesen sind, weil sie oft kein eigenes Auto haben.

Die barrierefreie Nutzung des ÖPNV ist auch oftmals unzureichend, wenn Fahrzeuge für Rollstuhlfahrer nicht erreichbar sind, weil kein barrierefreier Zugang vorhanden ist oder ein Aufzug am Bahnhof über einen längeren Zeitraum defekt ist.

Auch blinde Menschen erleben so einiges, wenn z.B. die Blindenampel in den Nachtstunden aus Energiespargründen abgeschaltet wird und das Überqueren einer Straße zum Abenteuer wird, da man die leisen E-Autos kaum hören kann. Es gäbe hier zwar Abhilfe, allerdings „schaffen wir“ es bis heute nicht, ein Gesetz zu verabschieden, das langsam fahrende E-Autos zu einem gut wahrnehmbaren Geräusch verpflichtet.

Die zunehmende Vermüllung der Gehwege durch Fahrräder, E-Scooter und allem, was hier nichts zu suchen hat, stellt alle Menschen vor Probleme, die „wir schaffen das“ in ein ganz anderes Licht rücken.

Auch im Privatleben z.B. sehbehinderter Menschen treibt „wir schaffen das“ seltsame Blüten:

  • Banken stellen immer mehr auf Touch-Screen-Automaten um, was Geldabheben oft unmöglich macht. Und wenn die Filiale in der Nähe geschlossen ist…?
  • Geschäfte führen EC-Karten-Terminals ohne Tastatur ein, was eine selbstständige PIN-Eingabe unmöglich macht.
  • Haushaltsgeräte werden so smart, daß sie für Menschen mit Sehbehinderung nicht oder nur teilweise nutzbar sind.
    Die Liste läßt sich unendlich fortführen,“wir schaffen das“ eben, oder auch nicht.

Und dann gibt es hier noch die sog. Brandmauer, die anscheinend alle „Demokraten“ vereint und das Herzstück der „wehrhaften Demokratie“ zu sein scheint… Hier sind übrigens alle Menschen für die Aufrechterhaltung extrem wichtig, auch wenn man sie bei anderen Gelegenheiten gerne vergisst, und werden deshalb entsprechend bearbeitet….

„Wir schaffen das“ eine demokratisch gewählte Partei und deren Wähler auszugrenzen, stellen uns aber keinesfalls die Frage, warum die Partei entstanden ist und immer mehr Zulauf, auch bei Menschen mit Behinderung, die in dieser Partei nicht diskriminiert werden, was natürlich nicht den Weg in die Öffentlichkeit findet, hat.

Aber kann und will ich als schwerbehinderter Bürger dieses fragwürdige Projekt überhaupt unterstützen, wenn ich doch selbst auf keinen Fall ausgegrenzt werden will?
Viele Menschen mit Behinderungen arbeiten im sozialen Bereich, also mit Menschen.
Oder hat man schon einmal einen Rollstuhlfahrer als Dachdecker, einen blinden Gerüstbauer etc. gesehen?

Würde ich die Brandmauer unterstützen, müsste ich konsequenterweise sofort meinen Arbeitsvertrag kündigen, da ich Menschen priorisieren müsste. Hatten wir das nicht schon mal?


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