Walter B. sitzt zusammengesunken auf einem Pappkarton, eingehüllt in eine dünne, schmutzige Decke. Der 56-jährige Fernsehtechniker hatte bis vor kurzem alles, was in Amerika einmal den Traum bedeutete: ein großzügiges Haus in einer Vorstadt von San Francisco, finanziert bis unters Dach, zwei glänzende SUVs vor der Tür, eine Familie, die am Wochenende gemeinsam grillte. Heute ist ihm nichts geblieben außer einem Einkaufswagen, vollgestopft mit Plastikflaschen und Kleidung, die er irgendwo auf der Straße aufgelesen hat.
Es ist kalt heute Morgen. Walter reibt seine Hände aneinander, seine Finger sind rissig, rot und angeschwollen von der Kälte der letzten Nacht. „Ich hatte alles, und plötzlich war alles weg“, sagt er mit müder Stimme. Seine Augen wirken stumpf, sein Gesicht ist gezeichnet von einem Jahr Obdachlosigkeit, das wie zehn Jahre aussieht.
Sein sozialer Absturz begann mit der Scheidung. Als seine Frau nach 25 Jahren Ehe plötzlich erklärte, sie wolle ein neues Leben, begann der langsame, gnadenlose Abstieg. Walter verlor das Haus, konnte die Raten allein nicht mehr stemmen. Dann folgte der Verlust der Arbeit, erst Kurzarbeit, dann eine Kündigung. Die Miete für ein winziges Zimmer in der Stadt konnte er nur drei Monate zahlen, dann landete er auf der Straße.
„Es geht schneller, als man glaubt“, murmelt er bitter. „Man denkt, das passiert nur anderen, aber ich bin der Beweis, dass es jeden treffen kann.“ Walter hat gelernt, dass in den USA eine dünne Linie zwischen Wohlstand und völliger Armut verläuft. Ohne soziales Netz, ohne Familie, ohne Ersparnisse ist jeder kleine Fehltritt fatal.
Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in den USA kein Bürgergeld oder vergleichbare soziale Absicherung, die einen Absturz wie seinen auffangen könnte. Arbeitslosengeld erhält man nur begrenzt, und ohne feste Adresse oder Telefonnummer findet Walter kaum Zugang zu staatlichen Hilfen. Sein Alltag besteht nun aus dem Sammeln von Pfandflaschen. An guten Tagen schafft er 15 Dollar, genug für ein paar Sandwiches. Oft reicht es nicht einmal für eine warme Mahlzeit. „Manchmal gehe ich zur Suppenküche, aber die Schlangen dort werden immer länger. Viele Menschen, die wie ich waren, stehen jetzt da“, erzählt er leise.
Abends sucht er Schutz in einem Hauseingang oder unter einer Brücke. Schlaf ist Luxus, Ruhe unmöglich. Ständig Angst vor Gewalt, vor anderen Obdachlosen oder vor jungen Leuten, die aus Langeweile Obdachlose angreifen. Vor wenigen Wochen schlugen ihn Jugendliche zusammen, ohne jeden Grund. Niemand half ihm.
Walter sieht heute älter aus als 56. Die Scham, der Verlust von Würde, wiegen schwerer als Hunger und Kälte. Er hat den Kontakt zu seinen Kindern aus Scham abgebrochen. „Ich will nicht, dass sie ihren Vater so sehen“, sagt er mit bebender Stimme.
Es ist schwer für deutsche Leser vorstellbar, wie rasch ein Mensch in den USA abrutschen kann. Aber Walters Schicksal steht exemplarisch für Hunderttausende, deren Träume in wenigen Monaten zerbrechen können. Walter hatte alles, was das amerikanische Leben verspricht. Jetzt besitzt er nichts mehr. Nur noch die Erinnerung daran, wie schnell das alles gehen kann.
Kommentare
Eine Antwort zu „Obdachlos in USA – Geld regiert die Welt“
Walther soll schnellstmöglich in den Schutz deutscher Sozialfürsorge heimkehren,
da wird Ihm (als Trump-Flüchtling) sicher medienwirksam geholfen …