Marco aus der DDR sucht Papa Miguel in Kuba

Marco aus Erfurt hat seinen Vater Miguel nie richtig kennengelernt. Der Kubaner kam 26-jährig 1982-Jahren als Gastarbeiter in die DDR und verliebte sich in Marcos Mutter. Nach vier Jahren musste Miguel zurück nach Kuba, so wie fast alle ausländischen Vertragsarbeiter nach Ablauf ihrer befristeten Arbeitsaufenthalte. Marcos Geschichte ist eine von Tausenden, die zeigen, dass der Kontakt mit Menschen aus anderen Kulturen in der DDR weit verbreitet war – und dass diese Begegnungen bis heute nachwirken.

Zwischen den 1960er- und 1980er-Jahren holte die DDR Tausende Gastarbeiter aus sozialistischen „Bruderstaaten“, um den chronischen Arbeitskräftemangel zu beheben. Die Abkommen mit Ländern wie Vietnam, Kuba, Mosambik, Angola und Polen waren Teil eines wirtschaftlichen Austauschs: Die DDR lieferte Maschinen, landwirtschaftliche Geräte oder Industrieanlagen, während die Arbeitskraft der Migranten als Zahlungsmittel galt. Insgesamt lebten zeitweise bis zu 94.000 ausländische Arbeiter in der DDR. Sie waren in Schlüsselindustrien wie Textilproduktion, Metallverarbeitung, Chemie oder Bergbau tätig und arbeiteten oft Seite an Seite mit DDR-Bürgern.

Liebe ohne Grenzen

Auch in der Freizeit kam es zu Begegnungen: Freundschaften, kulturelle Veranstaltungen und nicht selten Liebesbeziehungen prägten den Alltag. Doch die Realität der Gastarbeiter war oft von Trennung und Isolation geprägt. Die DDR-Regierung sah die ausländischen Arbeitskräfte vor allem als vorübergehende Helfer. Nach Ende ihrer Verträge mussten sie fast immer in ihre Heimatländer zurückkehren. Der Kontakt mit den in der DDR geborenen Kindern war kaum möglich. Tausende Kinder aus Beziehungen zwischen DDR-Frauen und ausländischen Vertragsarbeitern wuchsen ohne Vater auf. 

Eine Ausnahme bilden viele vietnamesische Arbeiter. Sie konnten sich nach der Wende, als sie ihre DDR-Jobs verloren, durch unternehmerischen Fleiß eine Zukunft aufbauen. Heute sind vietnamesische Geschäfte und Restaurants in Ostdeutschland nicht wegzudenken. Ihre Kinder gehören zu den erfolgreichsten Schülergruppen. 

Die Geschichten der Gastarbeiter und ihrer Kinder zeigen, dass Ostdeutsche in der DDR entgegen vieler Vorurteile Erfahrungen mit Menschen aus anderen Ländern machten. Der Kontakt war keineswegs ungewöhnlich, sondern ein fester Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens – mit Spuren, die bis heute sichtbar sind. 


Kommentare

Eine Antwort zu „Marco aus der DDR sucht Papa Miguel in Kuba“

  1. Dem Gesagten kann ich nur teilweise folgen. Persönlich habe ich als Frau in der DDR nicht unbedingt positive Erfahrungen gemacht. Habe lange in Grimma (bei Leipzig) gelebt. Im Chemieanlagenbaukombinat CLG erhielten damals Kubaner (ehemalige Angolakämpfer, als Auszeichnung für den Kampf dort) eine Berufsausbildung. Da ging es fast um jeden Rockzipfel … Mir hat sich mal einer in den Weg gestellt, wollte ausweichen, er dann wieder einen Schritt in meine Richtung. Einem deutschen Mann hätte ich eine Ohrfeige verpasst… Kaum eine hat sich getraut, was gegen die Herren zu sagen, weil man sich der Konsequenzen bewusst war. Später hat es die Frau vom SED-Kreisvorstand „erwischt“, da war Razzia und einige wurden nach Hause geschickt. Es wurde alles in dem Zusammenhang totgeschwiegen und die kulturellen Veranstaltungen waren auch befohlen.

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