Jürgen Elsässer entwirft in der aktuellen Ausgabe von Compact TV ein Szenario, in dem Friedrich Merz durch ein konstruktives Misstrauensvotum noch vor der Bundestagswahl Kanzler werden könnte. Dafür benötigt Merz die Mehrheit im Bundestag. Diese Mehrheit hätte er, da CDU, CSU, FDP und Grüne zusammen eine Mehrheit im Bundestag gegenüber allen anderen Parteien haben. Derzeit gebe es zwar eine informelle Absprache zwischen den Ampelparteien und der CDU/CSU, keine Anträge gegeneinander einzubringen, diese Absprache sei aber kein Vertrag, sondern lediglich eine Abmachung im Ältestenrat des Bundestages. Merz könnte diese Absprache brechen, indem er mit dem Argument einer schlimmen Lage oder einer Bedrohung durch Russland ein konstruktives Misstrauensvotum gegen Scholz einbringt.
Elsässer und seine Frau spekulieren, dass Merz unter Druck steht, da die CDU in den Umfragen kontinuierlich abstürzt, während die AfD und die SPD zulegen. Außerdem macht ihm Söder das Leben schwer, da dieser sich gegen eine Koalition mit den Grünen ausspricht, während Merz diese Option offenhalten will. All dies könnte Merz dazu bewegen, den Weg eines konstruktiven Misstrauensvotums zu wählen, um noch vor der Wahl Kanzler zu werden.
Was dagegen spricht, ist Merz‘ Vita. Als ewiger Zweiter unterlag er Angela Merkel und konnte erst die Spitze der Partei erklimmen, als Merkel fort war und die CDU zerstört am Boden lag. Schnelles Vorpreschen passt eher nicht zu seinem Charakter.
Das konstruktive Misstrauensvotum ist ein spezifisches Verfahren im deutschen Parlamentarismus, das im Grundgesetz (Artikel 67) verankert ist. Es erlaubt dem Bundestag, einen Kanzler oder eine Kanzlerin abzusetzen, jedoch nur unter der Bedingung, dass gleichzeitig ein Nachfolger gewählt wird. Dies soll eine politische Instabilität verhindern, die durch einen sofortigen Abgang des Kanzlers entstehen könnte.
Hier die gesetzlichen Bedingungen und bisherige Beispiele aus der Geschichte der Bundesrepublik.
Ablauf eines konstruktiven Misstrauensvotums:
- Initiative: Ein Abgeordneter oder eine Gruppe von Abgeordneten muss den Antrag auf ein Misstrauensvotum stellen. Dabei ist es entscheidend, dass ein konkreter Nachfolger für das Kanzleramt benannt wird.
- Antragsunterzeichnung: Der Antrag bedarf der Unterschriften einer bestimmten Anzahl von Abgeordneten, typischerweise der Mehrheit der Bundestagsabgeordneten.
- Plenarsitzung: Der Antrag wird in einer Plenarsitzung des Bundestages diskutiert. Hier haben die Abgeordneten die Möglichkeit, Argumente für und gegen das Misstrauensvotum vorzubringen.
- Abstimmung: Im Anschluss an die Diskussion findet eine geheime Abstimmung statt. Damit das Misstrauensvotum erfolgreich ist, muss die vorgeschlagene Nachfolgekandidatin oder der Nachfolgekandidat mindestens die Mehrheit der Stimmen erhalten.
- Ergebnis: Bei einem positiven Ausgang des Votums wird die bisherige Kanzlerin oder der Kanzler abgesetzt, und der neue Kanzler oder die neue Kanzlerin tritt das Amt an.
Historische Beispiele:
- Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt (1982): Das bekannteste Beispiel für ein konstruktives Misstrauensvotum fand 1982 statt, als die Opposition unter Führung von Helmut Kohl ein Misstrauensvotum gegen den damaligen Kanzler Helmut Schmidt initiierte. Schmidt wurde abgesetzt, und Kohl wurde sein Nachfolger.
- Misstrauensvotum gegen Willy Brandt (1972): In diesem Fall scheiterte das Votum, da die Opposition zu wenige Stimmen für die Absetzung von Brandt sammeln konnte. Brandt blieb jedoch im Amt.
Lesen Sie auch:
5 Antworten zu „Konstruktives Misstrauensvotum: Droht ein Merz-Putsch?“