Der „Global Compact for Migration“ und die demografische Dividende

Foto aleksandrlutcenko / 123RF Lizenzfreie Bilder
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von Roger Letsch | Am 18.7.2018 meldete die Bun­des­re­gie­rung, eine Kom­mis­sion „Gleich­wer­tige Lebens­ver­hält­nisse“ gebildet zu haben. Dort will man Vor­schläge erar­bei­ten, wie „…in Zukunft Res­sour­cen und Mög­lich­kei­ten für alle in Deutsch­land leben­den Men­schen gerecht ver­teilt“ werden können. Was auf den ersten Blick nach einem Werk der Barm­her­zig­keit klingt – es kommt das Zau­ber­wort „gerecht“ darin vor – ent­puppt sich in der Kon­se­quenz vor allem als neue Umver­tei­lungs­ma­schine und eine weitere Mög­lich­keit, sich in das Leben jedes ein­zel­nen Bürgers ein­zu­mi­schen. Anglei­chen, umver­tei­len, regu­lie­ren, steuern. Und besteuern. Denn darauf läuft es letzt­lich hinaus. Und so wird es kommen, dass jemand, der aus einer struk­tur­schwa­chen Region in eine pro­spe­rie­rende zieht, dort zur Kasse gebeten wird, um den Miss­stän­den abzu­hel­fen, die ihn weg­trie­ben. Das will man offen­bar so lange wei­ter­trei­ben, bis jede Bewe­gung erstirbt und es überall gleich ist. Das kann noch etwas dauern und bis auch noch das letzte Kind gut gekämmt zur Schule geht, können noch viele Haar­bürs­ten umver­teilt werden. Bemer­kens­wert ist übrigens auch die For­mu­lie­rung „alle in Deutsch­land leben­den Men­schen“, wo es doch um ein Ost-West-Gefälle und um Bürger geht. Diesen Vorgang behal­ten wir im Sinn und widmen uns einem anderen Poli­tik­feld, in dem man den­sel­ben kol­lek­ti­vis­ti­schen Geist und die Idee einer belie­big form­ba­ren Gesell­schaft wie­der­fin­det. Denn vom 10.–11. Dezem­ber 2018 wird eine UN-Kon­fe­renz in Mar­ra­kesch zwei soge­nannte „Global Com­pacts“ beschlie­ßen, einen für Flucht und Ver­trei­bung, den anderen für Migra­tion.

Wenigs­tens ist man noch so anstän­dig, diese getrennt zu betrach­ten. Zum „Global Compact on Refu­gees“ an dieser Stelle nur so viel: Das Papier befasst sich nur mit der Arbeit des UNHCR, die aus­drück­lich darin besteht, Flücht­linge, wenn deren Rück­kehr nicht möglich ist, bei deren Neu­an­sied­lung zu unter­stüt­zen. Das UNRWA bleibt aus­ge­klam­mert und darf sich wei­ter­hin damit befas­sen, den Flücht­lings­sta­tus der paläs­ti­nen­si­schen Araber mit der Gieß­kanne über deren Nach­kom­men zu ver­tei­len. Ein kom­plett irrer und welt­weit ein­ma­li­ger Zustand.

Gekommen um zu bleiben – Global Compact for Migration (GCM)

Zu diesem zweiten, weitaus wich­ti­ge­ren Papier ist viel geschrie­ben worden in den letzten Monaten. Leider auch viel Unsinn. Weder sind Quoten fest­ge­legt, noch ist das Abkom­men recht­lich ver­bind­lich. Man muss sich aber dennoch die Frage stellen, wozu der ganze Aufwand, die vielen Tagun­gen, die Ver­ab­schie­dung des Papiers im Juni und dann noch ein hoch­ka­rä­ti­ges Treffen im Dezem­ber, wenn es doch nur um unver­bind­li­che Absichts­er­klä­run­gen geht, die sich wir­kungs­los an den jewei­li­gen Rechts­sys­te­men der betei­lig­ten Länder brechen werden. Was ist der Zweck der Ver­ein­ba­rung? Da ist zunächst der offi­zi­elle: Schutz der Migran­ten in allen Aspek­ten. Schutz vor Aus­beu­tung, gesund­heit­li­che Betreu­ung, Siche­rung der Migra­ti­ons­wege.

Das klingt toll, ist aber bereits hin­rei­chend dekla­riert in der all­ge­mei­nen Erklä­rung der Men­schen­rechte und die lokalen Gesetze haben – wie ja immer wieder betont wird – ohnehin Vorrang! Daraus ergibt sich der erste Schwach­punkt des GCM: er möchte bei­spiels­weise vor Gewalt und Ver­skla­vung schüt­zen, obgleich in nicht wenigen der Länder, die ihn unter­zeich­nen werden, die Scharia gilt. Diese Wider­sprü­che zwi­schen Anspruch und Wirk­lich­keit in vielen Unter­zeich­ner­staa­ten ziehen sich wie ein roter Faden durch das ganze Papier. Man muss sich immer wieder vor Augen halten, wer genau da mit wem am Tisch sitzt und solche Papiere aus­ar­bei­tet. Das sind ja nicht nur die Ver­tre­ter Nor­we­gens und der Schweiz, die Rezepte für Käse­fon­due aus­tau­schen. Die große Mehr­heit der Mit­glie­der der UN sind Des­po­ten, Putschis­ten und Wahl­be­trü­ger – ganz zu schwei­gen von den meisten Ver­tre­tern afri­ka­ni­scher Staaten. Die Frage muss deshalb immer lauten: Cui bono – wem nützt es. Und da mit Aus­nahme der USA, Ungarns und Däne­marks offen­bar alle gewillt sind, den GCM zu unter­schrei­ben, schei­nen sich alle etwas davon zu ver­spre­chen.

Eishauch und Migrations-Dividende

Als ich tiefer in die ver­füg­ba­ren Texte ein­ge­taucht war, hat sich mir ein Ein­druck ganz beson­ders fest ein­ge­prägt. Es ist die unge­heure Kälte, die der gesamte Text aus­strahlt. Da ist von Nach­hal­tig­keit die Rede und von Triple-Win-Situa­tio­nen, von Migra­ti­ons­zy­klus und Migra­ti­ons-Divi­dende. Es läuft einem eiskalt den Rücken her­un­ter, wenn die UN-Büro­kra­ten einem nach und nach ein Bild vor Augen führen, das eine per­fekte, kalte Welt der drei Ströme dar­stellt. Nach den freien Strömen von Waren und Dienstleis­tun­gen soll nun ein koor­di­nier­ter, uti­li­ta­ri­sier­ter Strom von Arbeits­kräf­ten die Kon­ti­nente durch­zie­hen. Zitat (kursive Her­vor­he­bun­gen durch den Autor)*:

Nach­hal­tige Ent­wick­lung: Der Global Compact ist in der Agenda 2030 für nach­hal­tige Ent­wick­lung ver­an­kert und baut auf der Erkennt­nis auf, dass Migra­tion eine mul­ti­di­men­sio­nale Rea­li­tät von großer Rele­vanz für die nach­hal­tige Ent­wick­lung von Her­kunfts-, Transit- und Ziel­län­dern ist […]. Migra­tion trägt zur posi­ti­ven Ent­wick­lung und zur Ver­wirk­li­chung der Ziele der Agenda 2030 für nach­haltige Ent­wick­lung bei, ins­be­son­dere wenn sie ord­nungs­ge­mäß ver­wal­tet wird. Der Global Compact zielt darauf ab, das Poten­zial von Migra­tion für die Errei­chung aller Ziele nach­hal­ti­ger Ent­wick­lung sowie die Aus­wir­kun­gen auf die Migra­tion in der Zukunft zu nutzen.“

Nachdem in der Prä­am­bel zwei Behaup­tun­gen wie Pflöcke ein­ge­schla­gen wurden, nämlich erstens „Migra­tion hat es immer gegeben“ und zwei­tens „Migra­tion ist gut“, orga­ni­siert man nun deren ordent­li­che Ver­wal­tung und sorgt dafür, dass alle was davon haben. Für mich klingt das wie „Her­stel­lung“, „Trans­port“ und „End­ver­brau­cher“ und alle in dieser per­ver­sen Ver­wer­tungs­kette sollen an einem neuen großen Heer bil­li­ger Wan­der­ar­bei­ter ver­die­nen. In den „Zielen“ wird der GCM dazu noch sehr deut­lich.

Mit der Umset­zung des Global Compact gewähr­leis­ten wir die effek­tive Aner­ken­nung, den Schutz und die Ein­hal­tung der Men­schen­rechte aller Migran­ten, unab­hän­gig von ihrem Migra­ti­ons­sta­tus und über alle Phasen des Migra­ti­ons­zy­klus hinweg. Wir bekräf­ti­gen auch die Ver­pflich­tung, alle Formen von Dis­kri­mi­nie­rung, ein­schließ­lich Ras­sis­mus, Frem­den­feind­lich­keit und Into­le­ranz gegen­über Migran­ten und ihren Fami­lien, zu besei­ti­gen.“

Nichts als Lip­pen­be­kennt­nisse, denn wie schon fest­ge­stellt bricht natio­na­les Recht – und sei es das der Scharia – diese unver­bind­li­che Erklä­rung. Inter­es­sant ist hier der Begriff „Migra­ti­ons­zy­klus“, was ein wei­te­rer Hinweis darauf ist, dass hier ein per­ma­nen­tes System geschaf­fen werden soll.

Gesamt­staat­li­cher Ansatz: Nach Ansicht des Global Compact ist Migra­tion ein mul­ti­di­men­sio­nale Rea­li­tät, die nicht von einem ein­zel­nen Poli­tik­be­reich allein bewäl­tigt werden kann. Um wirk­same Migra­ti­ons­po­li­ti­ken und -prak­ti­ken zu ent­wi­ckeln und umzu­set­zen, ist ein gesamt­staat­li­cher Ansatz erfor­der­lich, um eine hori­zon­tale und ver­ti­kale Poli­tik­ko­hä­renz zwi­schen allen Sek­to­ren und Regie­rungs­ebe­nen zu gewähr­leis­ten.“

Ganz­heit­li­cher Ansatz: Der Global Compact fördert die Part­ner­schaft breiter Inter­es­sen­grup­pen zur Bewäl­ti­gung der Migra­tion in all ihren Dimen­sio­nen durch Ein­be­zie­hung von Migran­ten, Dia­spora, lokalen Gemein­schaf­ten, der Zivil­ge­sell­schaft, der Wis­sen­schaft, des Pri­vat­sek­tors, Par­la­men­ta­ri­ern, Gewerk­schaf­ten, natio­na­len Men­schen­rechts­in­sti­tu­tio­nen, Medien und anderen rele­van­ten Akteu­ren der Migra­ti­ons­steue­rung.“

Gesamt­staat­lich und ganz­heit­lich – was dies bedeu­tet, konnten wir bereits 2016 in einem Impuls­pa­pier von Staats­mi­nis­te­rin Özoguz sehen. Alle Insti­tu­tio­nen, Minis­te­rien, Firmen, Vereine, Medien, ja, selbst jeder Bürger soll auf die aktive Unter­stüt­zung von Migra­tion ver­pflich­tet werden. Migra­tion und Inte­gration als „gesamt­ge­sell­schaft­li­che Aufgabe“ wie Steuern zahlen (das sowieso, irgend­wer muss die Sache ja finan­zie­ren) oder Ein- und Aus­at­men. Diesmal eben nicht als SPD-Plan, sondern als pla­ne­tare Initia­tive und Bestand­teil der täg­li­chen Daseins­für­sorge für alle und jeden. Ein feuch­ter Traum aus dem Reich der Fünf­jah­res­pläne und der „gesamt­ge­sell­schaft­li­chen” Hau-Ruck-Auf­ga­ben aus dem Wir-schaf­fen-das-Arsenal.

Die wahren Ziele

Ich möchte meine Leser nicht mit wei­te­ren detail­lier­ten Über­set­zun­gen lang­wei­len, ver­weise dazu inhalt­lich auf einen Artikel von Norbert Häring und kon­zen­triere mich lieber auf die wirk­li­chen Ziele des GCM, welche in fol­gen­dem Satz beson­ders klar her­vor­tre­ten:

För­de­rung eines schnel­le­ren, siche­re­ren und bil­li­ge­ren Trans­fers von Über­wei­sun­gen und schnel­lere finan­zi­elle Inklu­sion von Migran­ten.“

Das ist nämlich der Knochen, den man den Ländern hin­ge­hal­ten hat, aus denen die Migran­ten sich auf den Weg machen! Schnelle finan­zi­elle Inklu­sion bedeu­tet ver­kürzt, schnell im Ziel­land ein Konto zu haben, um „billige Trans­fers“ von Geld in die Her­kunfts­län­der zu ermög­li­chen. Die „Triple-Win-Situa­tion“ sieht dann insti­tu­tio­na­li­siert in etwa so aus. Die Her­kunfts­län­der schi­cken Men­schen, die Tran­sit­län­der kas­sie­ren Gebüh­ren, die Ziel­län­der sorgen für anhei­melnde Atmo­sphäre und pas­sende Arbeits­plätze, die Migran­ten schi­cken Geld nach Hause – fertig ist der Migra­ti­ons­zy­klus. Nur, wie die Ziel­län­der bei der­ar­ti­gem Kapi­tal­ab­fluss ihre Sozi­al­sys­teme auf­recht­erhal­ten sollen, zu denen die Migran­ten laut GCM gleich­zei­tig mög­lichst unge­hin­der­ten Zugang erhal­ten müssen, wo doch zur Stüt­zung dieser Systeme unsere Poli­ti­ker das ganze per­verse Migra­ti­ons­mo­no­poly über­haupt erst ver­an­stal­ten und befür­wor­ten, erwähnt der GCM mit keinem Wort. Dem Tschad oder dem Sudan zum Bei­spiel würde die Öffnung ihrer Sozi­al­sys­teme indes nicht schwer fallen – die haben ja keine!

Dafür ver­spricht man groß­mäu­lig, „Brain Drain“ zu ver­mei­den und den „Brain Gain“ in den Her­kunfts­län­dern zu ver­bes­sern und nennt das dann zynisch „demo­gra­fi­sche Divi­dende“. Das Wasser soll also gleich­zei­tig bergauf und bergab fließen. Den „Brain Gain“, also die Ver­bes­se­rung der Bildung in den Her­kunfts­län­dern, hofft man offen­sicht­lich mit den­sel­ben Mitteln zu errei­chen, mit denen man schon seit fünfzig Jahren Ent­wick­lungs­hilfe in den Sand setzt. Die Men­schen fließen von Süd nach Nord, Geld von Nord nach Süd. Bis…ja bis wann eigent­lich? Bis was erreicht ist? Was ist das Ziel? Die finale und end­gül­tige Anglei­chung der Lebens­ver­hält­nisse, wie die Kom­mis­sion der Bun­des­re­gie­rung sie für Ost und West errei­chen will? Den Kollaps der Sozi­al­sys­teme des Nordens, die Kan­ni­ba­li­sie­rung des Nied­rig­lohn­sek­tors? Muss man beim Ein­schal­ten einer solchen Maschine nicht jedes Ergeb­nis und jedes Sze­na­rio durch­den­ken?

Die absolute Harmonie

In den „Stern­ta­ge­bü­chern“ (1961!) des hell­sich­ti­gen Sta­nisław Lem gibt es einen Pla­ne­ten, dessen Men­schen voller Neid und Miss­gunst waren. Über nichts wurden sie sich einig, immerzu strit­ten sie und führten Kriege. Schließ­lich bauten sie eine gigan­ti­sche intel­li­gente Maschine, die sie mit der Her­stel­lung abso­lu­ter Har­mo­nie beauf­trag­ten. In Gruppen ließ die Maschine die Bewoh­ner des Pla­ne­ten ein­tre­ten, um ihnen die Har­mo­nie zu bringen…und hinter dem Gebäude lagen sie dann, gepresst zu glän­zen­den, perfekt runden Schei­ben in perfekt har­mo­ni­schen Mustern auf der Wiese – die denkbar per­fek­teste Har­mo­nie ist leider auch die denkbar inhu­manste.

Nicht anders verhält es sich mit den „Triple-Win-Lösung“ der UN, die weit ent­fernt von der Lebens­rea­li­tät der Men­schen aus­ge­heckt wurde. Einmal mehr zeigt sich, dass der Ort, an dem über das Schick­sal eines Men­schen ent­schie­den wird, zwin­gend auch der Ort sein sollte, an dem die Ver­ant­wor­tung für diese Ent­schei­dung liegt. Man kann aber nicht einfach nach New York fliegen, ins UN-Gebäude gehen und dem ver­ant­wort­li­chen Beamten das GCM-Papier um die Ohren schla­gen, nur weil eines nicht mehr fernen Tages der eigene Tau­ben­züch­ter­ver­ein für die Nicht­ein­hal­tung eines UN-inspi­rier­ten natio­na­len Migra­ti­ons- und Inte­gra­ti­ons­zie­les mit dem Verlust der Gemein­nüt­zig­keit bestraft wurde.

Das führt uns auch gleich dazu, dass der GCM keine Geset­zes­kraft habe. Er kann sie jeder­zeit bekom­men, dazu braucht es nicht unsere Lokal­po­li­ti­ker oder den Bun­des­tag. Das kann man gut und fern vom Bürger an einem anderen Ort der Ver­ant­wor­tungs­lo­sig­keit erle­di­gen: in Brüssel. Denn wenn das Papier im Dezem­ber so durch­ge­wun­ken wird und alle seine Inhalte „in Ordnung“ sind…warum dann nicht den nächs­ten Schritt gehen? An den Her­kunfts- und Tran­sit­län­dern wird die Inkraft­set­zung dieses neuen Stromes nicht schei­tern. Das „Human­ka­pi­tal“ (O-Ton GCM) steht bereit und wartet auf seine Abreise! Spä­tes­tens unter diesem Aspekt wird die Ableh­nung der ost­eu­ro­päi­schen EU-Staaten, sich an einer Quo­ten­re­ge­lung der Migra­tion zu betei­li­gen, über­deut­lich. Ebenso die Wut der Brüs­se­ler Büro­kra­tie über die reni­ten­ten Ost­eu­ro­päer aus Polen, Ungarn oder der Slo­wa­kei, sich Migran­ten nicht wie Primeln zuwei­sen lassen zu wollen. Das passt so gar nicht zur schönen neuen Welt der glo­ba­len Migra­ti­ons­för­de­rer! Aber man arbei­tet bei unseren Grünen ja bereits an Plänen, diese Ableh­nung zu „unter­lau­fen”, indem man jedem Migran­ten einen Geld­be­trag anhef­ten möchte, um die klammen Kom­mu­nen in Polen oder Ungarn zu bestechen. Ein Bume­rang, wie ich fürchte. Denn wenn man Men­schen wie Primeln behan­delt wird man sie auch wie Primeln ein­pflan­zen müssen, um sie daran zu hindern, dorthin zu ziehen, wo sie ihre Freunde, Ver­wand­ten und bessere Bedin­gun­gen finden. Das kann man einem grünen Par­tei­funk­tio­när, der „Euro­päer” und überall zu Hause ist und für den die Wurst überall nach Tofu schmeckt, kaum erklä­ren.

Die deutsche Linke in der selbstgestellten Falle

Das Ganze erscheint wie ein per­fi­der Plan, um einen nie abrei­ßen­den Strom von bil­li­gen Arbeits­kräf­ten mit einer Art inter­na­tio­nal über­wach­ten Pumpe von Süd nach Nord zu drücken. Erklär­ter­ma­ßen will man bei der UN den Schlep­pern das Hand­werk legen, nur um es dann selbst und unter Kon­trolle der klep­to­kra­ti­schen Her­kunfts- und Tran­sit­staa­ten zu orga­ni­sie­ren, die damit endlich zu Pro­fi­teu­ren ihres neuen „Export­gu­tes“ Migrant werden. Da meldet sich der letzte Rest meines linken Gewis­sens, das sich ver­stört und zäh­ne­klap­pernd in einem Hin­ter­stüb­chen mit ver­häng­ten Spie­geln, ver­ram­mel­ten Fens­tern und ver­gilb­ten Marx-Por­träts ver­bar­ri­ka­diert hat und spricht von Ent­rech­tung, Aus­beu­tung und moder­ner Skla­ve­rei. Doch kaum rufe ich ihm linke Parolen wie „Soli­da­ri­tät ist die Zärt­lich­keit der Völker“ und „nieder mit dem Natio­na­lis­mus“ zu, schon trollt es sich beschämt und gibt Ruhe. So auch die Linken und die Grünen. Natür­lich sieht man auch dort, dass eine auf diese Weise in Gang gesetzte Zuwan­de­rung nicht ihre Lehr­stühle für Gen­der­for­schung oder ihre Bun­des­tags­man­date gefähr­det, sondern in aller­ers­ter Linie die pre­kä­ren und schlecht bezahl­ten Arbeits­plätze ihrer Cla­queure. Nicht die Villa im Tessin oder das Grün­der­zeit­häus­chen im Gru­ne­wald stehen unter Druck, sondern preis­werte Sozi­al­woh­nun­gen. Die staat­li­che Alters­rente brö­ckelt, während der Putz auf den Pen­sio­nen der Abge­ord­ne­ten golden glänzt.

Man ist bei den Linken einem dif­fu­sen Inter­na­tio­na­lis­mus ver­pflich­tet, hinter den man ideo­lo­gisch einfach nicht zurück­fin­det. Man glaubt „nur an euro­päi­sche Lösun­gen“, fordert „UN-Mandate“ und behaup­tet, Pro­bleme ließen sich im „natio­na­len Kontext“ nicht lösen. Merken Sie was? Links hat es dies­be­züg­lich schon weit über die Mitte hinaus geschafft, denn längst klingen die Laut­spre­cher der Union und der FDP genauso und über­neh­men die ideo­lo­gi­sche Sülze des bedin­gungs­lo­sen Inter­na­tio­na­lis­mus. Eine Ent­schei­dung in Brüssel erscheint da immer als die schö­nere und höhere Wolke als eine vor Ort in Hamburg oder Puse­muckel. Sub­si­dia­ri­tät, die als obers­tes Prinzip in den EU-Ver­trä­gen ver­an­kert ist, kommt immer stärker unter die Räder. Und inter­na­tio­nal ist natür­lich noch viel viel besser, meint die inter­na­tio­na­lis­ti­sche Linke, die seit hundert Jahren von der einen ver­ein­ten Welt träumt, in der es keinen Kapi­ta­lis­mus mehr gibt und in der in UN-Kom­mis­sion 2345/23a die Ver­tre­ter des Tschad, Tadschi­ki­stans und Tibets über die Abwas­ser­ver­ord­nung in Töten­sen ent­schei­den.

Aus diesem Dilemma der kol­li­die­ren­den Para­dig­men, der ange­maß­ten Anwalt­schaft der „kleinen Leute“ einer­seits und der Befeue­rung der Kon­kur­renz­si­tua­tion ande­rer­seits suchen die Linken einen Ausweg. Sie glauben ihn in der Bildung gefun­den zu haben, der nach­träg­li­chen Qua­li­fi­ka­tion derer, die aus ihren Jobs ver­drängt werden. Ein Wett­lauf nach unten ist wegen des Min­dest­lohns nicht möglich, ein Wett­lauf nach oben kann aber erst recht nicht statt­fin­den, weil nicht nach Belie­ben neue Jobs ent­ste­hen und die Qua­li­fi­zier­te­ren im Zwei­fels­fall nach­le­gen werden, um sich nicht ver­drän­gen zu lassen. Was man da los­tre­ten will, ist im Zweifel nichts als ein zeit­lich sehr begrenz­tes Schnee­ball­sys­tem, denn binnen weniger Jahre hätten wir zwar tau­sende geeig­nete Kanz­ler­kan­di­da­ten (was ein Segen wäre), aber keine geeig­ne­ten Pfle­ge­kräfte, Mon­teure oder Flie­sen­le­ger mehr. Es wird leider Jahre dauern, bis die Linken diesen Irrweg erken­nen und sich einen neuen suchen – bis auf Sarah Wagen­knecht, die heute schon auf der Suche nach dem nächs­ten Irrtum ist.

Kein globales Problem

Es stellt sich die Frage, ob Deutsch­land in Mar­ra­kesch unter­schrei­ben sollte. Von mir dazu ein klares NEIN! Aber wird Deutsch­land unter­schrei­ben? Ich fürchte, ja! Rüdiger König, ehe­ma­li­ger Bot­schaf­ter Deutsch­lands in Afgha­ni­stan, der die Ver­hand­lun­gen maß­geb­lich beglei­tete und bei der Vor­be­rei­tungs­kon­fe­renz im Juni eine Note an die Ver­samm­lung rich­tete, stellt Migra­tion als „glo­ba­les Problem dar“ – was eigent­lich nicht sein kann, denn zuvor betonte er die Bin­sen­weis­heit, Migra­tion hätte es schon immer gegeben und sei etwas prin­zi­pi­ell posi­ti­ves. Ein posi­ti­ves Problem womög­lich? Unsinn!

Migra­tion ist kein glo­ba­les Problem und war nie eines. Migra­tion ist die indi­vi­du­elle Ent­schei­dung eines Men­schen, den Ort seines Lebens­zu­sam­men­hangs, seine Heimat, zu ver­las­sen und sein Glück mög­lichst dau­er­haft anderswo zu suchen. Migra­tion war einst, wenn man sagen konnte „etwas Bes­se­res als den Tod finden wir überall“ und nach Bremen zog. Im Mit­tel­al­ter bedeu­tete Migra­tion, der Frohn und der Leib­ei­gen­schaft zu ent­flie­hen und in den Städten über Jahr und Tag (also nach einem Jahr und einem Tag) frei zu sein. Migra­tion ist es, von Köln nach Düs­sel­dorf zu ziehen, eine Pro­fes­sur in Yale anzu­tre­ten oder nach dem Studium in London nicht nach Kenia zurück­zu­keh­ren. Die Mög­lich­keit zur Migra­tion ist Teil einer frei­heit­li­chen Gesell­schaft, solange sie auf Eigen­in­itia­tive und Eigen­ver­ant­wor­tung beruht. Tritt Migra­tion als Mas­sen­phä­no­men auf, stimmt etwas grund­sätz­lich im Her­kunfts­land nicht und deshalb sollte man auch dort anset­zen, anstatt ihr den Cha­rak­ter der Nor­ma­li­tät zu ver­pas­sen. Wenn Migra­tion kein Aus­nah­me­zu­stand, sondern Nor­ma­li­tät ist, zer­reißt sie Her­kunfts- und Ziel­land!

Wenn aus der Migra­tion des einen noch dazu eine zwin­gende Ver­pflich­tung des anderen ent­steht, ist die Frei­heit beider in Gefahr. Staaten, die durch Kor­rup­tion, ideo­lo­gi­sche Ver­blen­dung, Tri­ba­lis­mus, klep­to­kra­ti­sche Regie­run­gen, man­gelnde Bildung und Über­be­völ­ke­rung zu spru­deln­den Migra­ti­ons­quel­len werden, sollte man für dieses Ver­hal­ten nicht noch mit der Insti­tu­tio­na­li­sie­rung des selbst­ge­mach­ten Men­schen­han­dels beloh­nen, sondern unter Zwangs­ver­wal­tung stellen! Inter­na­tio­nale Orga­ni­sa­tio­nen, die sich anmaßen, regelnd in die Abläufe mensch­li­chen Stre­bens nach Glück ein­zu­grei­fen, sollte man in die Schran­ken weisen, statt ihnen Gruß­bot­schaf­ten und Geld zu schi­cken.

Der pan­eu­ro­päi­sche Altru­is­mus, auf den der GCM mit voller Absicht zielt, könnte sich, wenn er erst ver­fes­tigt und in Bahnen ist, als das ent­schei­dende Momen­tum für den Unter­gang des Europas erwei­sen, das wir heute in all seiner Wider­sprüch­lich­keit und seinen bewah­rens­wer­ten Facet­ten kennen. F. A. Hayek schrieb einst in „Die Ver­fas­sung der Frei­heit“: „Ein all­ge­mei­ner Altru­is­mus ist aber sinnlos. Niemand kann sich wirk­lich um alle anderen kümmern. Die Ver­ant­wor­tung, die wir über­neh­men können, müssen immer par­ti­ku­lär sein, sie können nur jene betref­fen, von denen wir kon­krete Tat­sa­chen wissen und mit denen wir uns ent­we­der durch Wahl oder beson­dere Umstände ver­bun­den fühlen. Es gehört zu den fun­da­men­ta­len Rechten und Pflich­ten eines freien Men­schen, zu ent­schei­den, welche und wessen Bedürf­nisse ihm am wich­tigs­ten erschei­nen.“

Dieses Prinzip der Mensch­lich­keit, auch Nächs­ten­liebe genannt, taugt seit Men­schen­ge­den­ken zur Defi­ni­tion gesell­schaft­li­cher Bezie­hun­gen zwi­schen Indi­vi­duen, eine Blau­pause für inter­na­tio­nale Bezie­hun­gen ist es nicht. De Gaulle sagte einst, Staaten hätten keine Freunde, sondern nur Inter­es­sen und Hayek bringt es noch klarer auf den Punkt wenn er sagt:

Wollten wir die unver­än­der­ten, unein­ge­schränk­ten Regeln des Mikro­kos­mos (Familie, Gruppe, Gemeinde) auf den Makro­kos­mos (die Zivi­li­sa­tion im Großen) anwen­den, wie unsere Instinkte und Gefühle es uns oft wün­schen lassen, so würden wir ihn zer­stö­ren. Würden wir aber umge­kehrt immer die Regeln der erwei­ter­ten Ordnung auf unsere klei­ne­ren Grup­pie­run­gen anwen­den, so würden wir diese zer­mal­men**.“ 

Fazit

Meine Bitte an meine Leser lautet: Glauben Sie mir kein Wort, sondern lesen und bewer­ten Sie den Inhalt des GCM selbst. Wenn Sie am Ende auch nur annä­hernd meiner Meinung sein sollten, schrei­ben Sie Ihrem Bun­des­tags-Abge­ord­ne­ten und fordern Sie ihn oder sie auf, ent­spre­chen­den Ein­fluss auf die Bun­des­re­gie­rung zu nehmen. Beschrän­ken Sie ihre Bemü­hun­gen auf die direkt gewähl­ten Abge­ord­ne­ten der Regie­rungs­par­teien, denn nur die werden erfah­rungs­ge­mäß den Mut haben, etwas gegen einen Main­stream des Lau­fen­las­sens und der Kanz­le­rin­nen­treue zu unter­neh­men – von den Schwe­fel­bu­ben der AfD einmal abge­se­hen, die jedoch immer noch das Verdikt des Ver­bo­te­nen umschwebt, was die Regie­rungs­par­teien im Zusam­men­hang mit dem Trig­ger­wort „Migra­tion” eher in eine Trotz­hal­tung ihnen gegen­über als zur Ver­nunft bringen dürfte.

Mein Aufruf an die Ver­tre­ter der EU, die im Dezem­ber zur Kon­fe­renz nach Mar­ra­kesch auf­bre­chen werden, lautet deshalb klipp und klar: Unter­schrei­ben Sie den Global Compact of Migra­tion nicht, es handelt sich um ein tro­ja­ni­sches Pferd!


* Ich gebe hier im Text aus Platz­grün­den nur meine Über­set­zun­gen des eng­li­schen Ori­gi­nals wieder, eine offi­zi­elle und voll­stän­dige deut­sche Über­set­zung gibt es anschei­nend noch nicht. Wer im Ori­gi­nal nach­le­sen möchte und die Über­set­zung selbst prüfen will, sollte dies hier tun.

** (The Fatal Conceit: The Errors of Socia­lism. F.A. von Hayek, 1988. Deut­sche Über­set­zung in „F.A. von Hayeks kon­sti­tu­tio­nel­ler Libe­ra­lis­mus“, Pies/Leschke, Mohr Siebeck 2003)



Quelle: unbesorgt.de



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