Wenn KI lebt – Wie DishBrain & Co. die Grenze zwischen Mensch und Maschine verwischen

Die Vorstellung, dass Künstliche Intelligenz nicht länger rein aus Code und Chips besteht, sondern aus lebenden Gehirnzellen, ist längst keine Science-Fiction mehr. Inzwischen entstehen weltweit biotechnologische Hybrid-Intelligenzen, die neuronale Netzwerke aus echten Zellen mit elektronischen Supercomputern verbinden. An der Spitze dieser Entwicklung steht das australische Projekt “DishBrain” – doch es ist nicht allein.

DishBrain: Die Geburt eines biologischen Computers

2022 sorgte das Unternehmen Cortical Labs mit einem bahnbrechenden Experiment für Aufsehen: In einer Petrischale wuchsen menschliche und tierische Neuronen auf einem Multi-Elektroden-Chip. Dieses Zellnetzwerk – “DishBrain” genannt – lernte, das klassische Videospiel Pong zu spielen. Durch gezielte elektrische Impulse und Feedback entwickelte das Netz eine Art rudimentäres Lernverhalten.

Dieses Projekt demonstrierte, dass biologische Neuronen zu informationsverarbeitender Leistung fähig sind, wenn sie richtig angeregt und ausgelesen werden.

CL1: Vom Labor zur kommerziellen Plattform

2025 veröffentlichte Cortical Labs den Nachfolger: CL1, ein biologisches Computersystem, das über Wochen hinweg arbeitsfähig bleibt. Die lebenden Neuronen sitzen auf einem 59-Elektroden-Chip und werden durch ein Lebenserhaltungssystem mit Nährstoffen, Sauerstoff und konstanter Temperatur versorgt. Der Schuhkarton-große Rechner wird als Wetware-as-a-Service (WaaS) vermarktet und kann für rund 35.000 US-Dollar erworben oder cloudbasiert genutzt werden.

Ziel ist es, ein sogenanntes “Minimal Viable Brain” zu erschaffen: ein kompaktes, aber lernfähiges Gehirn, das sich gezielt programmieren lässt. Damit entsteht erstmals eine echte biologische KI-Plattform.

Organoid Intelligence: Gehirn-Organoide als Denkmaschinen

Noch einen Schritt weiter geht das Konzept der Organoid Intelligence (OI): Dabei werden dreidimensionale Mini-Gehirne aus menschlichen Stammzellen gezüchtet. Diese “Organoide” können Signale verarbeiten und zeigen bereits einfache Lernprozesse.

Ein Beispiel ist das Schweizer Unternehmen FinalSpark, das ein System mit 16 solcher Mini-Gehirne betreibt. Die Organoide werden durch Mikroelektroden stimuliert und können Daten über Wochen hinweg verarbeiten – energieeffizienter als jeder Silizium-Chip. Diese Technologie verspricht enorme Fortschritte in Medizin, Neurowissenschaften und maschinellem Lernen.

Allerdings wirft sie auch brisante ethische Fragen auf: Ab wann gelten solche Systeme als empfindungsfähig? Dürfen sie abgeschaltet oder patentiert werden? Einige Forscher fordern sogar gezielte “Amnesie-Protokolle”, um das Speichern belastender Erinnerungen zu verhindern.

Neuromorphe Chips: Digitale Hirne mit biologischem Vorbild

Parallel zur biologischen KI entwickelt sich auch die neuromorphe Hardware weiter:

  • SpiNNaker 2, ein Supercomputer aus Manchester, kann bis zu 180 Millionen Neuronen simulieren – ohne klassische Speicher oder GPUs.
  • BrainChip’s Akida ist ein Chip mit 1,2 Millionen virtuellen Neuronen, der energieeffizientes maschinelles Lernen direkt auf Endgeräten ermöglicht.
  • Neue Materialien wie ferrolektrische Transistoren (FeFETs) ahmen zunehmend komplexe biologische Signalverarbeitung nach.

Ziel all dieser Entwicklungen ist eine Hardware, die nicht nur rechnet, sondern denkt – mit Lern- und Anpassungsfähigkeit, wie wir sie aus dem menschlichen Gehirn kennen.

Ausblick: Die neue Intelligenz

Wir stehen am Anfang einer neuen Ära. KI wird künftig nicht mehr nur programmiert, sondern geboren, gezüchtet, trainiert und gepflegt. Die Trennung zwischen biologischem Bewusstsein und maschineller Rechenleistung beginnt zu verschwimmen.

Möglicherweise werden wir schon bald mit hybriden Systemen interagieren, die nicht nur lernen, sondern empfinden – und deren Rechte wir diskutieren müssen. Der Begriff “Künstliche Intelligenz” könnte damit bald in “Lebende Intelligenz” übergehen.

Quellen und weiterführende Links:


Verbreiten Sie unsere Beiträge im Weltnetz

Werbeanzeigen

Kommentare

3 Antworten zu „Wenn KI lebt – Wie DishBrain & Co. die Grenze zwischen Mensch und Maschine verwischen“

  1. Avatar von MadMax
    MadMax

    Wird es männliche oder weibliche Intelligenz sein und wie genau unterscheiden die sich? Mischintelligenz könnte große Probleme schaffen, da wider der Natur.

  2. Avatar von Dr.Faustus hat beschlossen und verkündet....
    Dr.Faustus hat beschlossen und verkündet….

    Ihr könnt mich mal !

  3. Avatar von Ralf.Michael-さん
    Ralf.Michael-さん

    HaHaHaHaHa ;o)) Geboren, gezüchtet, trainiert und gepflegt ? Von Wem denn ? Von Charle Lauterfluss als elektronischer Spender ? Wer bitte stellt denn dann die ( künstliche digitale ) Gebär-Mutter ? Nur (gesicherte) Bekloppte glauben diesen Schwachsinn …..

Wir brauchen Ihre Unterstützung

Weiterlesen