Die Zahl der Kindeswohlgefährdungen in Deutschland erreichte 2023 einen neuen Höchststand mit mindestens 63.700 Fällen, was einem Anstieg von 2 % im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Aufgrund unvollständiger Datenmeldungen könnte der Anstieg jedoch tatsächlich bei 7,6 % bis 8,0 % liegen. Ursachen für die fehlenden Meldungen waren unter anderem Überlastung des Personals und technische Probleme. Der langfristige Anstieg setzt sich fort, mit Ausnahme der Jahre 2017 und 2021. Von 2018 bis 2020 betrugen die jährlichen Zuwächse jeweils 9 % bis 10 %. Gründe dafür sind eine tatsächliche Zunahme der Fälle sowie eine höhere Sensibilität und Anzeigebereitschaft.
Betroffene Kinder waren im Schnitt etwa 8 Jahre alt – jeder dritte Fall in ausländischen Familien
Den rund 63 700 Meldungen zufolge waren die betroffenen Kinder im Jahr 2023 bei Feststellung der Kindeswohlgefährdung im Schnitt 8,2 Jahre alt. Während bis zum Alter von 12 Jahren Jungen etwas häufiger von einer Kindeswohlgefährdung betroffen waren, galt dies ab dem 13. Lebensjahr für Mädchen. Die meisten betroffenen Minderjährigen wuchsen bei alleinerziehenden Elternteilen (39 %) oder beiden Eltern gemeinsam (38 %) auf. 13 % lebten bei einem Elternteil in neuer Partnerschaft und 10 % in einem Heim, bei Verwandten oder in einer anderen Konstellation.
In knapp jedem dritten Fall (31 %) waren ein oder beide Elternteile ausländischer Herkunft (nicht in Deutschland geboren) und die vorrangig gesprochene Familiensprache nicht Deutsch. In 45 % aller Fälle nahmen die Jungen oder Mädchen zum Zeitpunkt der Gefährdungseinschätzung bereits eine Leistung der Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch, standen also schon in Kontakt zum Hilfesystem. Dabei war in etwa jedem vierten Fall (27 %) innerhalb des Jahres schon einmal eine Meldung zu dem Kind eingegangen.
In 73 % der Fälle ging die Gefährdung hauptsächlich von Mutter oder Vater aus
Bei den meisten Kindeswohlgefährdungen 2023 zeigte sich Vernachlässigung (58 %), psychische (36 %) und körperliche Misshandlung (27 %) sowie sexuelle Gewalt (6 %). Oft erlebten die Kinder mehrere Gefährdungsarten gleichzeitig (23 %). Hauptverantwortliche waren meist die Mutter oder der Vater (73 %), andere Täter waren Stiefeltern (4 %), sonstige Personen (6 %) oder mehrere Beteiligte (6 %). In 11 % der Fälle waren die Beteiligten oder Hauptpersonen unbekannt.
Die meisten Hinweise kamen von Polizei und Justiz, die zuverlässigsten von den Kindern
Den vorliegenden Daten zufolge haben die Jugendämter im Jahr 2023 rund 211.700 Hinweismeldungen geprüft, wobei die meisten Hinweise von Polizei und Justiz stammten (31 %). Hinweise aus der Bevölkerung machten 22 % aus, gefolgt von Hinweisen aus der Kinder- und Jugendhilfe (13 %) und Schulen (12 %). Etwa 10 % der Hinweise kamen aus den betroffenen Familien. 30 % der Verdachtsfälle wurden bestätigt, wobei Selbstmeldungen von Kindern und Jugendlichen die höchste Bestätigungsquote von 60 % aufwiesen.
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