Massive Kritik an elektronischer Patientenakte

Kurz nach der Verkündung von Gesundheitsminister Lauterbach, er „sei schon im Gespräch mit Meta, Open AI und Google“, um den Konzernen die Nutzung der Krankheitsdaten der deutschen Bevölkerung für ihre kommerziellen Zwecke zu ermöglichen, fand Ende November in Berlin der Jahreskongress der Freien Ärzteschaft statt, bei dem ganz andere Töne zu hören waren.

Diplominformatiker Prof. Ulrich Kelber äußerte als ehemaliger Bundesdatenschutzbeauftragter auf dem Kongress schwere Bedenken gegen die „ePA für alle“ in der jetzt vorgestellten Form. Auf das Gesundheitswesen komme nun eine unvollständig getestete „tiefgrüne Schrumpelbananensoftware“ zu, die in den Praxen reifen solle. Als „bekennender Fan der Digitalisierung“ kritisierte Kelber Sicherheitslücken, veraltete Technikkomponenten, die zentrale Datenspeicherung und die jetzige Opt-Out Regelung. Man bräuchte einen „akuten Behandlungsplan und eine Langzeitbehandlung“ für das TI-Projekt. Allerdings sehe er weder bei der jetzigen und bei möglichen zukünftigen Bundesregierungen, dass ein Umsteuern in die richtige Richtung geplant sei. 

Abschaffung der ärztlichen Schweigepflicht

Mit Blick auf die Sichtweise von Ärzten und Psychotherapeuten referierte Dr. Silke Lüder, Fachärztin für Allgemeinmedizin und Stellvertretende Bundesvorsitzende der Freien Ärzteschaft, vor allem über neue juristische Fallstricke, weil die „ePA für alle“ die berufsrechtlich und strafrechtlich fixierte Schweigepflicht für Ärzte und Psychotherapeuten unter den Bedingungen der Opt-out-Regelung faktisch abschaffe. In Zukunft, so Lüder, könnten 2 Millionen Mitarbeiter des deutschen Gesundheitswesens durch die neuen Zugriffsregelungen einfach die ganze Krankengeschichte eines Bürgers lesen. „Nur nach dem Einlesen der Versichertenkarte in der Apotheke beim Einlösen eines E-Rezepts kann das ganze Team dort 3 Tage lang alle Arztbriefe lesen! Ein Unding“, so Lüder in Berlin. 

Profit statt Gesundheits-Benefit im Fokus?

Als ausgewiesener Forschungsexperte äußerte sich Prof. Dr. Jürgen Windeler, bis vor Kurzem Leiter des IQWIG (Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen) zur Behauptung der Politik, dass der künftige Datenberg aus den Versorgungsdaten der ePA einen Quantensprung für die medizinische Forschung erzeugen würde. „Bei Entscheidungen in einem Gesundheitssystem geht es in allererster Linie um die Frage, ob diese gesundheitliche Verbesserungen für die Betroffenen bringen. Die Vorteile sind gegen Nachteile (Nebenwirkungen) abzuwägen.“ Das sei mit den Abrechnungsdaten und unsortierten ePA-Daten nicht möglich, so Windeler. Falsche Versprechungen brächten die Gefahr, Prozessverbesserungen zu vernachlässigen. 

Täuschung von Patienten und Ärzten!

Alle Referenten kritisierten scharf die augenblicklich laufende Werbekampagne von Politik und Kassen für Versicherte und Öffentlichkeit. „Die Werbekampagne suggeriert, dass es bei der künftigen Krankheitsdatensammlung nur um die Verbesserung der medizinischen Behandlung gehe. Dabei zeige sich jetzt gerade, dass eher der Verkauf unserer Daten an die Monopolisten Meta, Open AI und Google das vorrangige Ziel sei“, so Lüder in Berlin. Die Allgemeinmedizinerin prangerte zudem an, dass sich Kassenärztliche Bundesvereinigung und Bundesärztekammervorstand völlig unkritisch an der Werbekampagne beteiligten, statt sich aktiv um den Schutz der ärztlichen Schweigepflicht und der grundrechtlich geschützten informationellen Selbstbestimmung der Bürger zu kümmern.


Kommentare

11 Antworten zu „Massive Kritik an elektronischer Patientenakte“

  1. Rumpelstilzchen

    Ein Frontal-ANGRIFFSKRIEG auf die Privat- und Intimsphäre der Bürger, unter dem Tarnmäntelchen der Verbesserung der gesundheitlichen Leistungen/Leistungsfähigkeit.

    Wie wird der typische Schlafschafskopf-Michel reagieren ? —> Isch hab doch nüscht zu verbergen…

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  2. Also das überrascht mich nun überhaupt nicht. Deswegen habe ich das Anlegen einer solchen Akte für mich auch abgelehnt. Was haben denn die hier Regierenden jemals zum Wohl oder zur Verbesserung der Verhältnisse für die Bürger getan? Jedesmal wenn etwas Neues kommt, dann ist es doch letztendlich nur immer negativ für den Bürger und bringt Nachteile. Oder täusche ich mich da jetzt? Wenn ja, dann möchte ich mal wissen, was sich für mich in den letzten 25 Jahren durch irgend einen Beschluss der Bundesregierung verbessert hat. Es geht nur bergab für uns. Und die, die immer wieder gewählt werden, machen sich von Legeslaturperiode zu Legeslaturperiode ihre Taschen immer voller. Das passt hinten und vorne nicht mehr.

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  3. Dr.Faustus hat beschlossen und verkündet….

    Ich habe Anzeige erstattet und dieses geht an das ganze Gesundheitssystem,Kassen usw. und in Betracht dieser Sache sollte man das sehr Ernst nehmen,so dann und wann und das ganz viel setzte ich so ziemlich alles außer Kraft, speziell die,der Perversen Sekte. Ich hab sogar mein Team. Vergleiche es einfach wie beim A-Team…. Ich liebe es,wenn ein Plan funktioniert….

  4. Dr.Faustus hat beschlossen und verkündet….

    Sollten Sie mal Probleme haben und nicht weiter kommen,dann suchen Sie doch das A-Team…. Mit Verlaub,wir sind schnell und schneller und bereits da….

    1. Nero Redivivus

      Lieber Dr.Faustus hat beschlossen und verkündet …
      Was der/die/das „A an sich“ betrifft, ob mit oder ohne Team, werden, wie der Nero das sieht, hier doch nur Arschkarten ausgeteilt – und zwar elektronisch!

  5. Dr.Faustus hat beschlossen und verkündet….

    Wir arbeiten gründlich und sehr Clean. Wir sind gut,mehr als gut und wir knacken alles weg, Hauptziel, Führerbunker (V). Perverse Sekte….

  6. Wie dick muss die denn sein um die ganzen Politschwachmaten zu erfassen ?

  7. Hans S. II

    Regel Nr. 1: Wenn’s gut wäre für die Bürger, dann würden sie’s nicht machen.

  8. Jonathan M.

    Aus der STASI-Zeit wissen wir: Das Anlegen einer Akte ist der Beginn einer tiefen, fast unzerstörbaren Freundschaft. Das STASI-Akten-Prinzip lautete seinerzeit:
    „Wir wollen doch nur Euer Bestes!“ Das Anlegen einer elektronischen Patienten-Akte ist viel mehr. Es ist der Beginn einer großen intimen Freundschaft zwischen Gesundheitsindustrie und Patienten – einer Freundschaft, die aus dem Verkauf intimer Daten (also Patientendaten) an die Pharmakonzerne richtig satten Profit abwirft und nach dem Prinzip funktioniert, je kranker der Patient, umso größer der finanzielle Reibach des privatwirtschaftlichen Gesundheitskapitalismus.

  9. Ralf.Michael

    Und es wird keine PatientenAkte die Wolga passieren…..die ich nicht Hacken und Entschlüsseln werde !

  10. Abendlaendischer Bote

    Habe bereits im vergangenen Oktober zur maximalen Wahrung meiner Privatsphäre meinen auf Papier verfassten Widerspruch gegen die automatische Anlegung einer ePA ab dem 15.01.25 auf dem herkömmlichen Postweg per Einschreiben meiner Krankenkasse zugestellt, um der weltweit beabsichtigten Nachvollziehbarkeit, Überwachung und Kontrolle durch digitale Fesseln entschlossen wie entschieden entgegen zu wirken.

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