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Folter im Dreißigjährigen Krieg und heute

Gefangene des schwedischen Heeres wurden zuweilen mit ausgestreckten Gliedmaßen am Boden gefesselt und bekamen einen Trichter in den Mund gesteckt, hinein gefüllt wurde Jauche. Allein der Gedanke daran erzeugt Übelkeit und es nimmt deshalb nicht Wunder, dass damit Geständnisse und das Ausplaudern von Geheimnissen „gefördert“ wurden. Auch den Machthabenden der Neuzeit ist gemein, Folterwerkzeuge nach Wahl anzuwenden, um einzelne oder ganze Völker zu lenken. Vae victis! Wehe den Besiegten!

Im Frieden war alles ganz anders

Unterlagen wir alle einem großen Irrtum? Einem gar gewaltigen Irrtum? Immer schneller, höher, friedvoller, toleranter, weltoffener, weiter, demokratischer, erfolgreicher sollte es werden. Und dann das: 2020 wurde plötzlich ein großer Schalter umgelegt, von dessen Existenz wir nicht mal wussten und er deshalb außerhalb unserer Vorstellungskraft lag. Fremde traten auf die Bremse und brachten das bunte Karussell unseres kleinen oder größeren Lebens zum Stillstand. Hochfliegende Lebensträume wurden zwangsweise die Pistole vor unserer Brust auf Eis gelegt – und wir mit ihnen. Wir vermissen unsere Welt so wie sie einst war. Denn es kamen Diebe bei Nacht.

Waren wir zu gutgläubig in unseren Träumen?

Waren wir nicht verliebt in unser Leben? An berufliches Fortkommen, am Leben und leben lassen, am genussvollen Genießen und bereisen der Welt? Bauten wir nicht gemeinsam um die Wette am Guten, Edlen und Schönen? Vertrauten wir nicht darauf, dass alles so weiterginge wie bisher? Dass wir uns nur anzustrengen bräuchten, um unsere Pläne zu erfüllen? Visionen, Träume und Hoffnungen, die wir im Herzen trugen, die uns so sicher schienen, als wären sie bereits zur Realität geworden – oder zumindest knapp davor, wurden uns entrissen. Könnten wir denn leben, wenn wir nicht wüssten, dass unser Lieben nicht auf Dauer angelegt ist? Ist es nicht eine gespürte Gewissheit, die uns Kraft verleiht, Pläne langfristig erfüllt zu wissen? Was aber, wenn es heißt, Hoffnung verloren, alles verloren? Denn es kamen Diebe bei Nacht.

Verfolgten wir nicht alle unsere kleinen und großen Ziele, bildeten wir uns nicht weiter, um vorwärtszukommen? Gingen wir einer vagen Hoffnung wegen nicht oft auch große wirtschaftliche Risiken ein? Bauten wir nicht an unserem familiären Nest und sorgten fürs Alter vor? Die Liste unserer Wünsche und Träume war lang und sie zersprang wie ein tönerner Teller. Die Scherben am Boden wurden uns zu Stolpersteinen. Nahmen wir nicht Schwierigkeiten des Alltags gern in Kauf? Wollten wir nicht jedwede Hürden mit Elan überspringen, um hochsteigen in die nächste gesellschaftliche Etage? Trieb uns die Sehnsucht nach Anerkennung nicht oft bis zur Selbstaufgabe an? Haben wir nicht funktioniert wie immer und vergasen dabei, dass ein anderer den großen Stecker ziehen kann? Denn es kamen Diebe bei Nacht.

Und plötzlich entgleiste unser Lebenszug

Aus dem millionenfachen Schicksal, das sich direkt neben uns abspielte, schöpften wir nur wenig Trost. Wir litten gemeinsam. Und obwohl unsere eigene Lokomotive urplötzlich stille stand, liefen die Verpflichtungen, die wir in guten Tagen eingingen, weiter und halten uns nun in schlechten Tagen gefangen. Der Tragik, die sich in uns und um uns abspielte, vermochten wir im Zustand des Schmerzes keine heilende Wirkung abzugewinnen. Dennoch: All das Böse, das wir zu erleiden gezwungen waren, öffnete uns die Augen. Und es verschloss unsere Herzen gegenüber vielen, die wir bislang achteten. Denn es kamen Diebe bei Nacht.

Doch, warum müssen Pfeile immer nur nach oben zeigen?

Effizienz, Einkommen und persönliches Glück, so hatten wir es geplant, kannten nur eine Richtung: nach oben. Hinauf zu mehr an Freude, mehr Einkommen und persönlichem Glück. Wer uns hässliche Stoppschilder vor die Nase setzte, Zugänge verunmöglichte, Kunden drangsalierte, unsere Vernunft zutiefst beschämte, uns zu Mitläufern werden ließ, das soll an dieser Stelle nicht vertieft werden. Denn es kamen Diebe bei Nacht.

Warum nur bildeten wir uns ein, alles müsse ständig besser werden? Unsere Autos, unsere berufliche Welt, unser Heim, unsere Partnerschaften, unsere Fitness und unser Feiern mit Freunden. Mea culpa, wir ließen uns jahrzehntelang eine permanente Unzufriedenheit einreden, damit wir wie Hamster im Laufrad Wirtschaftswachstum erstrampeln? Ließen wir uns steuern wie ein Esel durch die Karotte vor der Nase? Hatten wir uns gar schon mit Belastungen angefreundet, die uns alles abforderten, nur weil die Teilhabe am vermeintlichen Fortschritt uns trieb? Und dann plötzlich das: Wir wie Millionen andere wurden buchstäblich von einem Tag auf den anderen ausgebremst. Denn es kamen Diebe bei Nacht.

Ein Blick in unsere Geschichte

Waren unsere Vorfahren ebenso gestresst wie wir? Musste damals auch alles jetzt und sofort auf dem Tisch oder in der Garage stehen? Nein! Über Jahrtausende hinweg zeigten sich Wohlstandsprünge nur selten. Unsere Ahnen gingen ihrer Arbeit nach und genossen ihren Feierabend. Über Generationen hinweg veränderte sich nur wenig, eine Zufriedenheit auf niedrigem Niveau gab Stabilität.

Der Autor selbst erinnert sich an die Zeit, bevor ein Fernsehgerät den Abendrhythmus übernahm. Regelmäßige und ungeplante Besuche von Nachbarn und Verwandten, zehn Personen in der Küche, die sich Geschichten erzählten, die so spannend waren, dass die Kinder viel zu früh zu Bett geschickt wurden. Der Begriff „Glück“ wurde zur Beschreibung dieser unbeschwerten Stunden nicht verwandt. Es war halt so. So einfach, so bescheiden und doch herzerwärmend.

Denn es kommen die Diebe bei Nacht erneut

Der Krug ginge zum Brunnen, bis er bricht, heißt es. Doch er bricht nicht von selbst, nicht aus heiterem Himmel. Er lässt sich brechen, weil er sprichwörtlich auf tönernen Füßen steht wie zuweilen auch wir Zeitgenossen. Die Folterwerkzeuge, mit denen wir drangsaliert wurden und werden, kennen wir mittlerweile. Und wenn die Diebe der Nacht auch derzeit anscheinend Sommerpause einlegen, sie kommen wieder. Wir gewinnen Abstand. Tölpelhaft vergessen wir allzu schnell das Böse, das uns angetan wurde. Das nächste ein- und ausgesperrt sein wird uns nicht mehr überraschen, wir lassen uns nicht ein weiteres Mal übertölpeln. Auch kennen wir jene nur zu gut, die für diese dämonischen Diebe Schmiere stehen, denn sie leben mitten unter uns. Sie halten die Trichter für den Schwedentrunk bereits erneut in deren Händen.

Nicht so dumm wie Federvieh?

Die vermeintliche Klugheit des Fuchses, so sagt man, beruhe zu 95 % auf der Dummheit der Hühner. Und das teuflische Raubtier wird auch erneut uns Beute davontragen, sollten wir uns unserer gebündelten Macht nicht bewusst werden. Bilden wir daher Freundesnetzwerke, solange unsere Freunde noch leben.

Denn es kommen Diebe bei Nacht.



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Kommentare

  1. OStR Ing.-Wiss. Peter Rösch

    Ergänzend sollte der Artikel, dessen Autor entwicklungspsychologisch wohl in den illusionsschwangeren 60er Jahren geprägt wurde, beinhalten: dass zu Zeiten die Adligen vom Volk aus den Sätteln gespießt wurden, und dass ergriffene Systemlinge einfach an die jeweils nächstbesten Laternenmasten gehängt wurden. Historisch gesehen, es kommt in Wellen.

  2. PLÖTZLICH entgleist der Lebenszug ?

    Man weiß ja nicht, in welcher Galaxie der Autor herumschwebt. In meiner Galaxie ist der Zug schon in den 90ern ENTGLEIST, und – allerspätestens 2015 – dann auch noch EXPLODIERT. Seitdem brennt es an allen Ecken und Enden lichterloh.

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