Das aktuelle Sportgroßereignis zeigt einmal wieder, wie wenig die selbstgefälligen Deutschen über Russlands Wirtschaft wissen und unsere Systemmedien um eine „Aufklärung“ nicht bemüht sind. Die „größte Volkswirtschaft Europas“ wird bald ihren Rang an das Ostland verlieren und das hiesige Sozialsystem dürfte längerfristig für die Russen kein Vorbild mehr sein.
Die alten Stereotypen – der deutsche Michel wird beunruhigt
Etwas stimmt da mit Russland nicht. Es sei doch so arm und rückständig und hat dennoch allein auf der Welt Raketen, die unseren Alexander Gerst zur ISS zu befördern imstande sind. Wenn die Russen uns abhören und Wahlen manipulieren, müssen sie doch super-intelligente Digitalsysteme besitzen. Schließlich scheinen unsere Wirtschaftssanktionen Putin überhaupt nichts anzuhaben. Der Diktator sei uns auch irgendwie nicht böse deswegen, lacht ständig und macht da wohl sein Ding mit den Chinesen oder vielleicht gar mit den Österreichern. Suspekt ist auch, dass unser Seehofer, Maß, Gabriel und selbst die Merkel in den Kreml reisen und das alles so geheim gehalten wird. Die Oligarchen bringen ihr Vermögen nach London und nicht zu uns. Putin soll politische Gegner massenweise im Ausland umbringen aber bewiesen schein hier eigentlich gar nicht. Mehr Russen scheinen mit ihrem Putin zufrieden zu sein als Deutschen mit der Multi-Kulti-Merkel. Das verstehe ich alles nicht! – wird sich der deutsche Michel sagen.
Wer sich informiert, weiß Bescheid
Zugegeben, wer wenig Zeit hat und nur auf die politisch korrekten Medien zurückgreift, kann kein anderes Russland-Bild gewinnen. Auch die unten beschrieben beiden Beispiele sind nicht gerade Alltagsnachrichten. Dennoch ist dem Michel vorzuwerfen, dass er nicht versucht die Zweifel zu hinterfragen. In der Internetära ist das heute kein Problem, man muss es nur wollen. Andererseits wissen die Deutschen – das zeigen die Statistiken – im Durchschnitt über die Russen mehr Bescheid als die anderen Europäer. Den besser Informierten wird der riesige wirtschaftliche Sprung Russland unter Putin (ab 2000) und die zunehmende soziale Besserstellung der Bevölkerung nicht entgangen sein. Hierzu zwei ausgewählte Beispiele:
Weltbank und PricewaterhouseCoopers (PwC) attestieren – Deutschland wird als europäischer Wirtschaftsprimus sehr bald abgelöst
Anders als in der Graphik, wird Deutschland beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) – gerechnet auf der Basis der Kaufkraftparität – nicht erst 2030, sondern eher schon 2025 von Russland überholt werden. (Die Realitätsverweigerer – wie das aus Steuermitteln finanzierte deutsche gtai – berechnen das BIP dagegen in absoluten USD in Anlehnung an das Preisniveau in den USA). Was das Vorrücken der anderen in der Tabelle Kandidaten betrifft, darüber muss gestritten werden. Denn pure Bevölkerungsmasse allein (Indonesien hat z.B. 100 Mio. Einwohner mehr als Russland) ist kein Leistungsfaktor per se, was besonders auf Nigeria zutreffen wird. Russland nicht nur ein weltführender Rohstoffexporteur – anders als viele OPEC-Größen – sondern auch ein mächtiger Industriestaat. Davon kann sich jeder überzeugen, der die Forbes-Liste der größten Weltkonzerne studieren möchte. Es produziert Weltmarkenartikel und wenig bekannte Konsumgüter, deswegen weiß man so wenig darüber. Vielmehr ist es langfristig sinnvoll, wenn sich der Ost-Riese auf die Investitionen in der Infrastruktur und in die Landwirtschaft konzentriert. Die Westsanktionen haben die Russen hierbei mächtig angestachelt und zur „Importsubstitution“ animiert.
Putin ist so beliebt wie Erdogan – ob es uns das gefällt oder nicht ist zweitrangig
Die Wirtschaftsrealisten, wie die Börsianer, werden auch schnell bemerken, dass es neben dem BIP in vielen Autokratien auch mit anderen Wirtschaftskomponenten voran geht. Nicht zuletzt profitiert auch die eigene Bevölkerung von der Gesamtentwicklung. Nachfolgende ausgewählte Graphiken vom bekannten Börsenportal Finanzen100 (Stand 18.05.2018) zeigen, wie die Autokraten Putin und Erdogan mehr geschafft haben als die hoch bejubelte Angela Merkel.
Putins wirtschaftliche Erfolgsliste ließe sich noch um einige weiter Kennzahlen verlängern (Aufstockung der Devisenreserven, Abbau der Arbeitslosigkeit). Alles basisbedingt werden die systemabhängigen Experten den Michel beruhigen. Wo nichts da war, sind die prozentuellen Zuwächse immer höher, das ist eine mathematische Binsenweisheit. Außerdem lassen wir uns unseren Sozialstaat, die Demokratie und die Flüchtlingshilfe etwas kosten – wird es weiter wie gewohnt heißen.
Wie lange wohl diese Beruhigungspollen noch wirken werden?
Dr. Viktor Heese – Finanzanalyst und Fachbuchautor, www.prawda24.de, www.finanzer.eu