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Saftladen Berlin

Wer dabei nun an bunte Säfte mit diversem und bunten Inhaltsstoffen denkt, der liegt falsch. Auch wäre dieser Begriff auf das derzeitige politische Geschehen anzuwenden eine pure Untertreibung. Was also ist ein Saftladen im Jahre des Herrn 15 Jahrungen nach Antritt der Gottkanzlerin in hiesigen Landen?

Eine gewisse Renaissance des Wortes „Saft“ für das, was aus der Steckdose kommt, war längst überfällig, bestünde doch die Gefahr, dass das von alten weißen Männern erfundene Fluidum, unsichtbar wie die Gedankenwelt der Nutzer, anhob im Nirwana des Historischen verlustig zu gehen.

Führte ehedem der Reisende hoch zu Ross selbiges zuweilen an steinerne Tankstellen, genannt Tränken, um die Betankung in wenigen Minuten und Schlücken durchzuführen, so gestaltet sich dies „im besten Land, in dem wir jemals lebten“, zuweilen weit problematischer als die Suche nach Flüssigem im australischen Busch.

Seit Alters her ist jedem in weiße Bettlaken gewandeten Kamelbesitzer bekannt, wie die „Reichweite“ sich laut mündlich überlieferter Gebrauchsanweisung verhält. Kenntnisse dieser Art scheinen verloren gegangen zu sein, was der Autor am eigenen Leibe, vielmehr an seinen in dünnes Tuch gehüllten Beinen verspüren musste. Der Lenker des Elektrotaxis, ob dieser ungünstigen klimatischen Verhältnisse angesprochen, gab kund, dass die Innenraumbeheizung mittels Teslabatterie die Reichweite mehr als halbieren würde, ob ich eine Decke wolle?

Der begehrte Saft aus der Steckdose ist unerreichbar, wäre es doch unzweckmäßig, ein 20 Kilometer langes Stromkabel hinter sich herzuziehen, an die praktischen Verwicklungen gar nicht zu denken, wenn mehr als drei dieser Kutschen gleichzeitig sich so verhielten, als schafften sie das.

Auf der Parkbank Saft aus der mitgeführten Behältnis zu trinken ist weiter nicht neu, doch eine mobile Safttankstelle (vulgo Powerbank), zehn Kilogramm schwer bei sich zu haben, zeugt von Unternehmergeist, der von Passanten mehr als gewürdigt wird. Erster Einsatzort ist der berühmt wie berüchtigte Görlitzer Park in Berlin, wo dieser Saft bei den Abnehmern mehr als willkommen war, diente er doch zur Aufrechterhaltung des gleichfalls rot-rot-grün geduldeten Geschäftsbetriebes.

10 Mal Handy laden á 5 Euro bewies sich als gut kalkuliertes Geschäftsmodell, das nach einer unmittelbaren Expansion schrie. So reihen sich fünf Mehrfachsteckdosen mit je 10 Saftauslässen über die dem Berliner Flair entsprechend ramponierte Parkbank, die infolgedessen zum multikulturellen Treffpunkt geschäftstüchtiger Volksbereicherer mutierte.

Noch haben die toleranten Berliner Schutzmänner keinen bunten Kreidekreis um die Safttankstelle gezogen, welche in Höhe des derzeit geschlossenen Kinderbauernhofs im Görlitzer Park temporär wie sprichwörtlich ihre Zelte aufgeschlagen hat. Die mitgeführte regenbogenfarbene Zeltplane schützt bei misslichen klimatischen Bedingungen Ladevorgänge wie deren Kundschaft. Süßliche Rauchentwicklungen darunter stammen, darauf weist der Tankstelleninhaber hin, stammten nicht aus seiner Batterie.

Ob für eine mobile Safttankstelle eine gewerbliche Anmeldung erforderlich ist? Der Betreiber des mobilen Einmannbetriebes hofft auf ein Berliner laissez faire, das auch gegenüber seinen gewerbe- wie steuerbefreiten Kunden geübt wird.



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