Die AfD spricht sich gegen Finanztransaktionssteuer und Digitalsteuer aus

Interview mit Kay Gottschalk, finanzpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag. Stellvertretender Landesvorsitzender von Nordrhein-Westfalen.

1. Deutschland gehört bei Steuern und Sozialabgaben zur Weltspitze.

Die SPD will ihre Politik auch mit immer mehr neuen Schulden finanzieren. Eine grundlegende Steuerreform erscheint mehr als notwendig.

Welche Maßnahmen sollten in einer solchen Reform ergriffen werden?

Antwort:

Meine Partei tritt für eine grundlegende Reform des Steuersystems ein. Das ausformulierte und durchgerechnete große Steuerreformkonzept des Steuerrechtsprofessors und ehemaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof ist ein gutes Beispiel für eine solche grundlegende Steuerreform. Die Reformansätze sehen eine Steuersatzsenkung bei Verbreiterung der Bemessungsgrundlage sowie eine Reduktion der Steuerarten vor. In Orientierung daran könnten, bei einer Konzentration auf die großen Steuerarten Einkommensteuer und Umsatzsteuer, im Besonderen die Grundsteuer und die Gewerbesteuer entfallen. Ebenso könnten auch einige Verbrauchsteuern mit einem geringen Aufkommen auf Bundesebene, so zum Beispiel die Schaumweinsteuer und die Kaffeesteuer. [Bundestagsdrucksache 19/22198]

Auf Landesebene sollte insbesondere die Biersteuer und auf Kommunalebene unter anderem die Vergnügungsteuer, die Schankerlaubnissteuer, die Jagd- und Fischereisteuer sowie die Zweitwohnungssteuer entfallen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie verwaltungsaufwendig und aufkommensschwach sind. Sie leisten keinen nennenswerten Beitrag zur Staatsfinanzierung.

Stattdessen erzeugen sie Unübersichtlichkeit der fiskalischen Strukturen und belasten die Bürger mit unnötigen Unterwerfungsritualen, die Staatsverdruss schüren.

Das vom Arbeitskreis Finanzen angestrebte Steuersystem soll wirtschaftliches Handeln von rechtlichen Barrieren und Bevormundung befreien sowie staatliches Verwalten erleichtern. [Bundestagsdrucksache 19/25305] Die Steuerlast soll allgemein verständlich, berechenbar und transparent sein; sie muss vom steuerbewussten Gestaltungsgeschick entkoppelt sein. [Bundestagsdrucksache 20/4320] Die strukturelle Vereinfachung des Steuerrechts gewährleistet Gleichheit vor dem Gesetz, Verständlichkeit des Rechts und Planbarkeit des persönlichen Verhaltens für Bürger und Wirtschaft. [Bundestagsdrucksache 20/2617]

2. Eltern, die Kinder haben und aufziehen, haben höhere Lebenshaltungskosten als kinderlose Eltern, was im derzeitigen Steuersystem nicht angemessen berücksichtigt wird.

Sollte ein Familiensplitting in Deutschland eingeführt werden? Wie und warum?

Antwort:

Das Familiensplitting sieht die AfD als Ergänzung zum Ehegattensplitting an. 

Bis zu einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 1957 wurden Eheleute durch den progressiven Tarif gegenüber zwei Alleinstehenden in diskriminierender Form benachteiligt. In Folge des Urteils wurde das Ehegattensplitting eingeführt. Das bedeutet, dass die Einkünfte beider Ehegatten weiterhin addiert werden, dann jedoch je zur Hälfte jedem Ehegatten zugerechnet werden und auf beide Teilbeträge der Einkommensteuertarif angewendet wird. Das Ehegattensplitting begreift die Ehe als Erwerbs- und Verbrauchsgemeinschaft, die unter den Schutz des Artikel 6 Grundgesetz gestellt ist. Es handelt sich daher beim Ehegattensplitting nicht um eine Steuervergünstigung, wie zuweilen polemisiert wird.

Die Programmatik der Partei arbeitet seit dem Grundsatzprogramm im Themenfeld Familienförderung mit dem Familiensplitting. Die genaue Durchdringung des Konzepts Familiensplitting – etwa in Anlehnung an die französische Regelung – zeigt im Vergleich zur bisherigen Lösung im deutschen Steuerrecht, dass die materielle Familienförderung typisiert schlechter ausfällt als im System von Grundfreibeträgen und Kinderfreibeträgen.

Auf der Basis von Vergleichsberechnungen, bezogen auf typische Fallkonstellationen, kommt der Arbeitskreis Finanzen deshalb zum Ergebnis, das bisherige Freibetragssystem gegebenenfalls weiter auszubauen, jedoch die bisherigen Vorteile gegenüber dem Familiensplitting nicht aufzugeben. Ziel sollte es sein, insbesondere Familien mit kleinen und mittleren Einkommen zu entlasten. [Bundestagsdrucksachen 20/4672; 19/28763]

3. Sollten in Deutschland Föderalismus und Eigenständigkeit gestärkt werden? Inwiefern?

Antwort:

Kurzum, ja. Die AfD steht für selbständige und starke Gebietskörperschaften. Wir wollen regionale und lokale Selbstverwaltung ermöglichen und Subsidiarität garantieren, damit regionale Eigen- und Besonderheiten gepflegt werden können. Deutschland ist stets, anders als Frankreich, ein föderaler Staat gewesen. Wir wollen dem Föderalismus wieder mehr Gewicht verleihen.

Der Länderfinanzausgleich muss so überarbeitet werden, dass die Nehmerländer nach Gewährung von Ausgleichsleistungen nicht besser gestellt sind als die Geberländer. Die AfD setzt sich dafür ein, die Bund-Länder-Finanzen neu zu ordnen, um Kompetenzgerangel zu unterbinden und klare Verantwortlichkeiten zu schaffen. Bund, Länder und Kommunen brauchen eigene Finanzierungsquellen, aus denen sie ihre Tätigkeiten selbst finanzieren. Eine klare Aufgabenzuteilung soll Wettbewerb zwischen den Bundesländern ermöglichen. Wir fordern eigenverantwortliche Länder und Kommunen, die auch für sich genommen insolvenzfähig sein müssen. Wie auf europäischer Ebene befürworten wir hier die Nichtbeistandsklausel, so dass Rettungsprogramme des Bundes für überschuldete Kommunen oder Länder verboten sind.

4. Eine Digitalsteuer für Tech-Konzerne will die AfD einführen. Können Sie uns mehr darüber sagen?

Antwort: Hier muss ich Ihnen widersprechen. Die AfD ist gegen die Einführung einer Finanztransaktion- und Digitalsteuer. Die von der Europäischen Union vorgesehene Einführung einer Finanztransaktionssteuer und einer Digitalsteuer als eigene Einnahmequellen der EU ist, wie vor- stehend ausgeführt, abzulehnen. Die beiden Steuern sind aber auch ansonsten aus wirtschaftssystematischen Gründen abzulehnen:

  • Für Finanztransaktionen soll nach den Vorstellungen Frankreichs und Deutschlands – nach dem Vorbild der seit 2012 in Frankreich existierenden Steuer – eine Steuer in Höhe von 0,2 Prozent auf den Aktienhandel erhoben werden, die für den Erwerb von Anteilen an Unternehmen mit Sitz in der EU und einer Marktkapitalisierung von mehr als einer Milliarde Euro gelten würde. Intra-Day-Transaktionen sollen unversteuert bleiben, sodass der Hochfrequenzhandel letztlich zu großen Teilen steuerlich nicht belastet wird. Die Steuer trifft damit vor allem Sparer, insbesondere Kleinanleger. Die Finanzkrise der Jahre 2008/2009 zeigte, dass für die Finanzstabilität auch der Aufbau von Eigenkapital bei Privatpersonen und Unternehmen wünschenswert ist. Daher erscheint es bedenklich, wenn bei der Besteuerung von Finanztransaktionen ausgerechnet Eigenkapitalinstrumente wie Aktien besteuert werden sollen. Deren Besteuerung kann negative Auswirkungen auf Altersvorsorge und Vermögensbildung entfalten und Ausweichreaktionen in Fremdkapital auslösen.
  • Mit der Digitalsteuer will die EU die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, eine gesonderte Steuer auf bestimmte Erträge zu erheben, die aus der Erbringung digitaler Dienstleistungen erwirtschaftet werden. Erfasst werden sollen Erlöse aus der Platzierung von Werbung auf einer digitalen Schnittstelle, aus der Bereitstellung von Plattformen und dem Verkauf von Kundendaten. Die Steuer würde mit der bestehenden internationalen Steuerrechtsordnung der Unternehmensbesteuerung brechen. Ihre Einführung wäre ein Paradigmen-wechsel, weil zum einen Bruttoerträge einer Ertragsteuer unterworfen würden und zum andern die Ertragsbesteuerung im Staat der Leistungserbringung erfolgte.

Es ist mehr als fraglich, ob die Bundesregierung auf EU-Ebene Richtlinien zustimmen darf, die auf einer angemaßten Rechtsetzungskompetenz der EU basiert. Eine nationale Umsetzungsregelung wäre insoweit rechtswidrig.

Französische Version bei Résistance Républicaine


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Kommentare

9 Antworten zu „Die AfD spricht sich gegen Finanztransaktionssteuer und Digitalsteuer aus“

  1. Nero Redivivus

    Brilon, den 11.11.1955, mitten im Sauerland (nomen est omen!) kommt heute vor 69 Jahren Friedrich der Kleine zur Umwelt und schenkt sich den Bundeskanzler: „Happy birthday, dear Merz, happy birthday to only you-you-you!“
    WAU-WAU-WOW: Wir sind Bunter Kanzler!

    1. Rumpelstilzchen

      Lieber Nero,

      mutmaßlich hat schon damals das kleine Fritzchen auf entsprechende Frage des oberstrengen Oberlehrers geantwortet, dass er einmal Bundeskanzler werden und als solcher dann Stalingrad erobern wolle…

      Das Gesicht vom Herrn gestrengen Herrn Oberlehrer mag man sich gar nicht vorstellen…;-)

  2. Ketzerlehrling

    Deutschland ist schon seit langem kaum noch wettbewerbsfähig, denn die hohe Steuerlast und die hohen Lohnnebenkosten machen Produktion in Deutschland uninteressant. Statt hier gegenzusteuern und die Produktion im Land zu halten und das Standbein Export stark, machten Merkel und vor allem die Ampel genau das Gegenteil. Deutschland erholt sich von Merkel und Ampel erst nach Jahren, aber vier Jahre Merz und Habeck schicken das Land in ein schwarzes Loch, aus dem es kaum wieder herauskommt und wenn, dann in Jahrzehnten. Die Wähler sind von einer Dummheit, oder wie auch immer man das nennen mag, sie haben Angst, Nazi zu sein, dann wählen sie den Untergang. Sie haben Angst vor dem Klimatod, aber nicht vor Nuklearwaffen und dem Krieg. Sie haben Angst und hassen ihre Vorfahren, die ihnen diese Wohlstandsblase geschaffen und ihnen ein gutes Leben ermöglicht haben, freuen sich über jeden, der abgeschlachtet wird, auch aus ihren Altersgruppen und demonstrieren gegen rechts. Wie gestört kann man sein als Mensch? Wie hält man das als AfD-Mitglied aus, wenn man täglich mit solchen Menschen zu tun hat?

    1. Rumpelstilzchen

      Zitat: „Wie hält man das als AfD-Mitglied aus, wenn man täglich mit solchen Menschen zu tun hat?“

      Diese Frage stellt sich allen NOCH geistig Normalgebliebenen…die nahezu täglich mit solchen geistigen Krüppeln zu tun haben, von diesen quasi UMZINGELT SIND, wie Habeck sagen würde…

      1. Nero Redivivus

        Liebes Rumpelstilzchen, lieber Ketzerlehrling,
        wenn die versammelten Schlafschafskopfwähler sich und die BRDigung schon SELBST ABSCHAFFEN wollen: Überreichen wir doch zum heutigen Wiegenfest dem Fredericus Minimus das verblödet hirngewaschene Rest-Deutschland als Geburtstagsgeschenk – und zwar BESENUNREIN! Im diametralen Gegensatz zum bekannten Bismarck-Spruch kann es heutzutage hier nur noch heißen: „Reißen wir Deutschland weg vom Fenster und endlich raus aus dem Sattel: Reiten wird es mit dieser Bagage bis zum Sankt-Nimmerleinstag so oder so niemals mehr lernen!“

  3. Reiß das ganze Finanzamt weg und den ganzen Bürokratie Mist und Ruhe ist. Mit Verlaub,von der Firma Deutschland GmbH habe ich momentan die Schnauze einfach nur noch voll….

  4. Aber die Hundesteuer, einmalig in der Welt, will auch die AfD nicht abschaffen: sie ist die älteste durchgängig existierende Steuer und wurde 15hundert-ungerade im Fränkische etabliert. Um die Hunde der Bürger und Bauern vom Jagdfrondienst des Landesherren zu befreien!
    Zahlbar in Getreide. Daraus wurde dann das sogenannte Hundebrot gebacken, das an die Ärmsten ausgegeben wurde.

    Der Zweck ist lange vergessen, gezahlt werden muß immer noch.
    Übrigens sagt selbst das Finanzministerium, die Hundesteuer sei keine zweckgebunden Steuer, sondern eine ‚Lenkungsabgabe‘.
    Entgegen dem Volksglauben geht kein Cent der Hundesteuer an die Stadtreiniger zur Beseitigung der Hundehaufen. Auch die Tütenspender werden aus dem normalen Budget der Gemeinden genommen und eben nicht dezidiert aus der willkürlich erhobenen und berechneten Hundesteuer.

    Noch ein Beispiel: wie lange sollen wir noch für die Kriegsmarine von Kaiser Wilhelm mittels Sektsteuer zahlen?

    Und war da nicht mal was mit Erhöhung der Tabaksteuer um die gesetzlichen Urlaubstage zu schützen? War ne schwarze Regierung….

    Die Finanztransaktionssteuer halte ich hingegen für sehr sinnvoll.
    Hier sollen die Transaktionen, die in Bruchteilen von Sekunden Millionensummen verschieben, getätigt von den Großrechnern von Blackrock und Co. basierend auf Algorithmen und Forecasts erfasst werden.
    Die ‚Kleinbeträge‘ der von der ReGIERung gewünschten Kleinaktionäre fallen da bei all den Nebenkosten (Depotgebühren etc) kaum ins Gewicht.
    Warum die AfD gerade diese Steuet, die übrigens einige Länder etabliert haben, wieder rausnehmen will, erschliesst sich mir nicht.
    Mt Cum-Ex-Betrügereien unter Beteiligung von Merzens Kanzlei wurden wieviel Millionen Steuergeld verpulvert? Um diese Summen geht es! Nicht um die paar Belegschaftsaktien oder Kleinpakete deutscher Sparer.

    1. Bzgl der Hundesteuer verweise ich auf folgende Antwort auf die Große Anfrage der AfD-LT-Fraktion NRW: https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD18-9043.pdf

  5. An P.E.:
    Danke für das Dokument. Aber überlese ich was?
    Ich finde nur jede Menge Aussagen zu sog. Gefährlichen Hunden/Kampfhunden und Beißstatistiken. Zur Hundesteuer finde ich nichts. Außer daß man alles so lassen will, wie es ist.

    Nota bene: Spitzenreiter in den Statistiken sind Schäferhunde (im Polizei- und Schutzdienst gerne genommen, ebenso die hyperzappeligen Malinois), deren Mixe und die ach-so-familien-freundlichen Retriever!

    Anmerkungen aus dem Rhein-Main-Gebiet:
    1. Der Kangal hat in gewissen Kreisen den verpönten Pitbull abgelöst. Kangals sind Herdenschutzhunde, die nicht in die Großstadt gehören und nicht in die Wohnung. Diese Tiere ticken komplett anders als die klassischen Haushunde. Vergleichbar wären sie mit Maremmanos oder anderen Herdenschutzhunden.

    Das gesetzliche Instrumentarium ist über die Jahre da gewesen um auffällige Halter (das A-loch ist immer am anderen Ende der Leine) festzustellen und ein Tierhalteverbot auszusprechen. Nur traut sich das kaum jemand! Auch eine Einhaltung eines einmal ausgesprochenen Tierhaltungsverbots wird seltenst kontrolliert.

    Da schafft die Politik lieber rassistische Rassegesetze (s.o. die Beißstatistik führen die Schäferhunde an), drangsaliert Menschen, deren oft einziger Gefährte ein Hund ist (Obdachlose, arme/einsame Menschen) und als Krönung des ganzen denkt man über die DNA-Erfassung der Hunde nach italienischem Vorbild nach.

    Dazu sollte man wissen, daß es in Italien keine Erfassungspflicht für Tiere gibt. Weder über die Meldung zur Hundesteuern, noch über eine Tierseuchenkasse (für Nutztiere, Bienenvölker etc). Also speichert man die DNA bei den Hunden, die Equiden (Pferde, Esel, Maultiere) werden alle paar Jahre zum Coggins-Test aufgerufen (Equine Infektiöse Anämie, führt u.U. zur Tötung ganzer Bestände).

    Das ganze Dokument zeigt die Hilflosigkeit der NRW-Regierung.
    Einerseits wollte man nach den zugegebenermaßen grausamen Beißvorfälle etwas tun, aber man hat wieder mal übersehen, daß die gesetzlichen Regelwerke da sind. Nur umsetzen kann oder will sie der „Kölsche Klüngel“ nicht… Dann müßten ja Veterinärämter unanagemeldete (!) Kontrollen machen, sich aus ihren Büros trauen, gemeinsam mit den Ordnungsämtern bei unliebsamen Zeitgenossen vorstellig werden.
    Was mir bisher auch noch keiner schlüssig erklären konnte: warum die willkürliche 20/40cm-Regelung? Nur der „Flurschaden“? Klar, ein Rotti hinterläßt eine andere Wunde als ein Chihuahua. Aber das Verhalten ist im Zweifelsfall das gleiche. Bei dem einen heißt es „BÖSER Hund“, bei dem anderen „der knappt nur“. Nö, der eine schnappt oder beißt genauso wie der andere.

    Ich schweife ab – eigentlich ging es ja um die Finanztransaktionssteuer.