Deutsche sind Aktienmuffel – Großdemonstrationen sind auch nicht Michels Ding

Deutsche Michel in der Zensur von Johann Richard Seel [Public domain]
Warum sind unsere Landsleute so aktien- und gleichzeitig politikscheu. Börsianer werden viele Parallelen im Verhalten an der Börse und in der Politik erkennen. Was sind die Gründe, was die Konsequenzen?

Angst an der Börse – defensives Anlageverhalten seit Jahrzehnten

Heute finden Wissenschaftler für fast alle menschlichen Charaktereigenschaften eine genetische Erklärung. Obwohl bei den Teutonen nicht mehr Angst-Gene nachgewiesen wurden, bleibt ihre sture Aktienaversion unerklärlich. Es geht zwar bei diesem Anlagemedium auf und ab, langfristig kann hiermit aber 8% jährlich verdient werden. Langfristig heißt wiederum, dass man investiert bleibt und die Turbulenzen zwischendurch aushält. Kein halbherziges rein und raus. Statt in Aktien sind die harmonieliebenden Deutschen jedoch seit Jahrzehnten in „sicheren“ aber lächerlich renditeschwachen Bausparverträgen und Lebensversicherungen investiert. Ein Vergleich der Festgeldkonditionen wir zu so mancher Lieblingsbeschäftigung. So sparen sich die Sparweltmeister im Endeffekt „arm“ (Allianz). Kein Wunder, dass vielen von ihnen schon in den 1970er der Sparkassen-Spruch „Sicherheit statt Dividende“ gefallen hat.

Angst in der Politik – Großdemonstrationen sind nicht Michels Ding

In der Politik zeigt sich heute diese Angst im vordergründigem Gutmenschentum, eifrigen Beteuerungen die Demokratie verteidigen zu wollen, dem Kneifen vor Straßenprotesten und in anderen Formen fehlender Zivilcourage.1989 war das DDR-Volk das letzte im Ostblockland, welches gegen das kommunistische Regime aufzustehen wagte. In ganz Europa protestieren heute die Spanier (Katalonien), Franzosen (gelbe Westen), Italiener (gegen alles), in Polen marschieren Hunderttausende „Nationalisten“ auf. In Deutschland wagen sich dagegen nur die Türken an solche Demo-Zahlen heran, die Bio-Deutschen trauen sich nicht in größerer Stärke anzutreten. Sehr bedauerlich ist, dass viele aus Angst vor der Antifa nicht auf die Straße gehen oder zu wenige VIPs öffentlich opponieren. Unsere europäischen Nachbarn sind da, aus welchen Gründen auch immer, schon viel rebellischer und pfeifen auf die politische Korrektheit.

Im Erklären immer top sicher, im Handeln feige

Steht Harmonie im Vordergrund, wird lieber alles erklärt und wenig unternommen. Zur Jahrtausendwende war die „Erkenntnis“, es herrsche im Lande kein Erkenntnis- sondern ein Handlungsdefizit eine sehr schicke Formulierung. So wissen wir auch heute im Detail, wie die Lügen-Medien arbeiten, nicht aber wie ein zentrales ARD-Gegengewicht (Bürgerliches Fernsehen) aufgebaut werden soll. Die Erklärungen, wir Deutsche gehen nicht auf die Straße, weil es uns „noch zu gut geht“ oder wir seien so migrantenfreundlich wegen der Schuldgefühle aus unserer nationalistischen Vergangenheit, kann ich fast nicht mehr hören.

Zukunftsorientierte Visionen (Helmut Schmidt „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen“) sind eben nicht des Michels Ding. Zählen, organisieren, logisch argumentieren, juristisch begründen, schaffen, passen besser zum Image des „Denkervolkes“. Ich bin mir sicher, Merkels Spruch „Wir schaffen das“ würde bei einer anderen Nation nicht fruchten. Es ist wohl nicht allein der Gehorsam.

Angsthasen kann viel dummes Zeug aufgeschwatzt werden

Mit purer Erbsenzählerei und einem Sack voller betriebswirtschaftlicher Kennzahlen kommt man an der Börse, die eben Phantasie liebt, nicht viel weiter. Der deutsche Michel will zunächst von Aktien nichts wissen, er ist schließlich seriöser Sparer und kein „Spekulant“. Wenn er erfährt, sein Nachbar habe an der Börse verdient wird er neidisch aber bleibt misstrauisch. Wird er schließlich innerhalb seines Lebens einmal aus der Reserve gelockt, kann dem Unerfahrenen über die Kompliziertheit der Kapitalmärkte oder der Aktienanlage viel Dummes erzählt werden.

Am Neuen Markt hieß es seinerzeit, je höher die Verluste desto besser, weil die Unternehmen der New Economy auf Akquisition befinden, die leider etwas kosten. Die Zertifikate waren wiederum „Alleskönner“ mit denen man in jeder Börsenphase Geld verdienen konnte. Heute ist der Bitcoin an der Reihe, der als Kombination aus Zahlen und Buchstaben noch über 3.000 € kostet! Viel Spaß den Träumern.

Auch deutsche Profis (Banken, Fonds, Versicherungen) hatten vor der Finanzkrise zunächst Angst bevor sie vor letzter Finanzkrise 2008 – nicht zuletzt auf vorgetäuschten internationalen Druck – übermutig wurden. Die schlauen Amis, die ihnen die „Schrottanleihen“ verkauften freiten sich riesig auf das dumme deutsche Geld (stupide german money). So mancher Hollywood-Star wurde zuvor aus den steuerbegünstigten deutschen Filmfonds bezahlt. Die „Steuersparer“ hat kaum etwas davon, weil die Fonds oft bankrotierten.

Ist das in der heutigen Politik anders, wenn pseudoökonomische Thesen wie „Wir brauchen Zuwanderung, will wir aussterben“, „Flüchtlinge bringen Wachstum“, „Flüchtlinge sichern unsere Renten, weil sie jung sind“, „Integration ist immer eine lohnende Investition“, „Flüchtlinge werden unsere Facharbeiterlücke schließen“? Leider sind es nicht nur dumme Sprüche, viele Michels glauben wirklich daran.


Dr. Viktor Heese – Fachbuchautor und Finanzanalyst; www.prawda24.com, www.finanzer.eu

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