Die AfD tritt für eine große Reform des deutschen Steuersystems ein

Interview mit dem finanzpolitischem Sprecher der AfD Fraktion, Kay Gottschalk.

Deutschland gehört bei Steuern und Sozialabgaben zur Weltspitze. Die SPD will ihre Politik auch mit immer mehr neuen Schulden finanzieren. Eine grundlegende Steuerreform erscheint mehr als notwendig. Welche Maßnahmen sollten in einer solchen Reform ergriffen werden?


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Meine Partei tritt für eine grundlegende Reform des Steuersystems ein. Das ausformulierte und durchgerechnete große Steuerreformkonzept des Steuerrechtsprofessors und ehemaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof ist ein gutes Beispiel für eine solche grundlegende Steuerreform. Die Reformansätze sehen eine Steuersatzsenkung bei Verbreiterung der Bemessungsgrundlage sowie eine Reduktion der Steuerarten vor. In Orientierung daran könnten, bei einer Konzentration auf die großen Steuerarten Einkommensteuer und Umsatzsteuer, im Besonderen die Grundsteuer und die Gewerbesteuer entfallen. Ebenso könnten auch einige Verbrauchsteuern mit einem geringen Aufkommen auf Bundesebene, so zum Beispiel die Schaumweinsteuer und die Kaffeesteuer.

Auf Landesebene sollte insbesondere die Biersteuer und auf Kommunalebene unter anderem die Vergnügungsteuer, die Schankerlaubnissteuer, die Jagd- und Fischereisteuer sowie die Zweitwohnungssteuer entfallen. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie verwaltungsaufwendig und aufkommensschwach sind. Sie leisten keinen nennenswerten Beitrag zur Staatsfinanzierung. Stattdessen erzeugen sie Unübersichtlichkeit der fiskalischen Strukturen und belasten die Bürger mit unnötigen Unterwerfungsritualen, die Staatsverdruss schüren.

Das vom Arbeitskreis Finanzen angestrebte Steuersystem soll wirtschaftliches Handeln von rechtlichen Barrieren und Bevormundung befreien sowie staatliches Verwalten erleichtern. [Bundestagsdrucksache 19/25305] Die Steuerlast soll allgemein verständlich, berechenbar und transparent sein; sie muss vom steuerbewussten Gestaltungsgeschick entkoppelt sein. Bundestagsdrucksache 20/4320] Die strukturelle Vereinfachung des Steuerrechts gewährleistet Gleichheit vor dem Gesetz, Verständlichkeit des Rechts und Planbarkeit des persönlichen Verhaltens für Bürger und Wirtschaft.

Eltern, die Kinder haben und aufziehen, haben höhere Lebenshaltungskosten als kinderlose Eltern, was im derzeitigen Steuersystem nicht angemessen berücksichtigt wird. Sollte ein Familiensplitting in Deutschland eingeführt werden? Wie und warum?

Das Familiensplitting sieht die AfD als Ergänzung zum Ehegattensplitting an.
Bis zu einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 1957 wurden Eheleute durch den progressiven Tarif gegenüber zwei Alleinstehenden in diskriminierender Form benachteiligt. In Folge des Urteils wurde das Ehegattensplitting eingeführt. Das bedeutet, dass die Einkünfte beider Ehegatten weiterhin addiert werden, dann jedoch je zur Hälfte jedem Ehegatten zugerechnet werden und auf beide Teilbeträge der Einkommensteuertarif angewendet wird. Das Ehegattensplitting begreift die Ehe als Erwerbs- und Verbrauchsgemeinschaft, die unter den Schutz des Artikel 6 Grundgesetz gestellt ist. Es handelt sich daher beim Ehegattensplitting nicht um eine Steuervergünstigung, wie zuweilen polemisiert wird.

Die Programmatik der Partei arbeitet seit dem Grundsatzprogramm im Themenfeld Familienförderung mit dem Familiensplitting. Die genaue Durchdringung des Konzepts Familiensplitting – etwa in Anlehnung an die französische Regelung – zeigt im Vergleich zur bisherigen Lösung im deutschen Steuerrecht, dass die materielle Familienförderung typisiert schlechter ausfällt als im System von Grundfreibeträgen und Kinderfreibeträgen.

Auf der Basis von Vergleichsberechnungen, bezogen auf typische Fallkonstellationen, kommt der Arbeitskreis Finanzen deshalb zum Ergebnis, das bisherige Freibetragssystem gegebenenfalls weiter auszubauen, jedoch die bisherigen Vorteile gegenüber dem Familiensplitting nicht aufzugeben. Ziel sollte es sein, insbesondere Familien mit kleinen und mittleren Einkommen zu entlasten.

Sollten in Deutschland Föderalismus und Eigenständigkeit gestärkt werden? Inwiefern?

Kurzum, ja. Die AfD steht für selbständige und starke Gebietskörperschaften. Wir wollen regionale und lokale Selbstverwaltung ermöglichen und Subsidiarität garantieren, damit regionale Eigen- und Besonderheiten gepflegt werden können. Deutschland ist stets, anders als Frankreich, ein föderaler Staat gewesen. Wir wollen dem Föderalismus wieder mehr Gewicht verleihen.

Der Länderfinanzausgleich muss so überarbeitet werden, dass die Nehmerländer nach Gewährung von Ausgleichsleistungen nicht besser gestellt sind als die Geberländer. Die AfD setzt sich dafür ein, die Bund-Länder-Finanzen neu zu ordnen, um Kompetenzgerangel zu unterbinden und klare Verantwortlichkeiten zu schaffen. Bund, Länder und Kommunen brauchen eigene Finanzierungsquellen, aus denen sie ihre Tätigkeiten selbst finanzieren. Eine klare Aufgabenzuteilung soll Wettbewerb zwischen den Bundesländern ermöglichen. Wir fordern eigenverantwortliche Länder und Kommunen, die auch für sich genommen insolvenzfähig sein müssen. Wie auf europäischer Ebene befürworten wir hier die Nichtbeistandsklausel, so dass Rettungsprogramme des Bundes für überschuldete Kommunen oder Länder verboten sind.

Eine Digitalsteuer für Tech-Konzerne will die AfD einführen. Können Sie uns mehr darüber sagen?

Hier muss ich Ihnen widersprechen. Die AfD ist gegen die Einführung einer Finanztransaktion- und Digitalsteuer. Die von der Europäischen Union vorgesehene Einführung einer Finanztransaktionssteuer und einer Digitalsteuer als eigene Einnahmequellen der EU ist, wie vor- stehend ausgeführt, abzulehnen. Die beiden Steuern sind aber auch ansonsten aus wirtschaftssystematischen Gründen abzulehnen:

Für Finanztransaktionen soll nach den Vorstellungen Frankreichs und Deutschlands – nach dem Vorbild der seit 2012 in Frankreich existierenden Steuer – eine Steuer in Höhe von 0,2 Prozent auf den Aktienhandel erhoben werden, die für den Erwerb von Anteilen an Unternehmen mit Sitz in der EU und einer Marktkapitalisierung von mehr als einer Milliarde Euro gelten würde. Intra-Day-Transaktionen sollen unversteuert bleiben, sodass der Hochfrequenzhandel letztlich zu großen Teilen steuerlich nicht belastet wird. Die Steuer trifft damit vor allem Sparer, insbesondere Kleinanleger. Die Finanzkrise der Jahre 2008/2009 zeigte, dass für die Finanzstabilität auch der Aufbau von Eigenkapital bei Privatpersonen und Unternehmen wünschenswert ist. Daher erscheint es bedenklich, wenn bei der Besteuerung von Finanztransaktionen ausgerechnet Eigenkapitalinstrumente wie Aktien besteuert werden sollen. Deren Besteuerung kann negative Auswirkungen auf Altersvorsorge und Vermögensbildung entfalten und Ausweichreaktionen in Fremdkapital auslösen.

Mit der Digitalsteuer will die EU die Mitgliedstaaten dazu verpflichten, eine gesonderte Steuer auf bestimmte Erträge zu erheben, die aus der Erbringung digitaler Dienstleistungen erwirtschaftet werden. Erfasst werden sollen Erlöse aus der Platzierung von Werbung auf einer digitalen Schnittstelle, aus der Bereitstellung von Plattformen und dem Verkauf von Kundendaten. Die Steuer würde mit der bestehenden internationalen Steuerrechtsordnung der Unternehmensbesteuerung brechen. Ihre Einführung wäre ein Paradigmen-wechsel, weil zum einen Bruttoerträge einer Ertragsteuer unterworfen würden und zum andern die Ertragsbesteuerung im Staat der Leistungserbringung erfolgte.

Es ist mehr als fraglich, ob die Bundesregierung auf EU-Ebene Richtlinien zustimmen darf, die auf einer angemaßten Rechtsetzungskompetenz der EU basiert. Eine nationale Umsetzungsregelung wäre insoweit rechtswidrig.

Das Interview auf Französisch: ripostelaique.com



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2 Kommentare

  1. Steuern Senken und Abschaffen ? Bin ich dabei ! Die dann fehlenden Milliarden holen wir durch eine gnadenlose Enteignung der Vermögenswerte aller Politiker u. Mitbürger , die sich an Unserem und am Volksvermögen bereichert haben. Keine Gnade und keine Gefangenen !

Kommentare sind geschlossen.