In einem lesenswerten Artikel über das Kriegs- und Fluchtdesaster der USA-Truppen in Vietnam 1975 schreibt Roger Köppel in der Weltwoche :
„So endete die militärische Auseinandersetzung zwischen einer Supermacht und einem von Bürgerkrieg, Weltkrieg und jahrzehntelanger Besatzung … versehrten Drittweltstaat. Schließlich ging die Supermacht in Schande als Verlierer vom Feld.
Noch heute rätseln die Historiker, wie es dazu hatte kommen können“.
Lieber Herr Köppel, da gibt es wenig zu rätseln und sehr viel zu lernen für den deutschen und europäischen Politiker-Kindergarten. Die USA hatten den Krieg über Jahre weg von militärischer „Beratung“ und hin zu einem Prestigeprojekt sui generis hochgeschaukelt. Ohne Ansehen jeder Gefechtslage, die ihnen Peter Scholl-Latour plastisch und abschreckend hätte darlegen können, wollte die US-Regierung sich nicht von der nordvietnamesischen Fahrradarmee vorführen und vertreiben lassen. Der Krieg hatte nach kurzer Zeit komplett vom Boden der Tatsachen abgehoben, und es ging nur noch darum, „whatever it takes“ auszuradieren, zu entlauben, zu verbrennen und zu bomben, um einer Niederlage zu entgehen. Wie ein Bulle in der spanischen Arena, der aus dem Dunkel auf den Torero trifft und blindlings herumrast und zusticht. Sein Torero ist weit schwächer, aber intelligenter und genau das waren der nordvietnamesische General Võ Nguyên Giáp und seine Truppen.
Eine Armee gezwungener Wehrpflichtiger schafft nichts an fremden Fronten
Als Grundursache für die schmähliche Flucht der US-Truppen kann man den Einsatz Tausender Wehrpflichtiger ansehen, Herr Köppel, die aus den Büros gezogen und an die Front geworfen wurden. Zigtausende Amerikaner flohen in Korruption und Vermeidungsstrategien, um nicht eingezogen zu werden. Die es erwischte, hatten in den vietnamesischen Schützengräben nur einen einzigen Wunsch: Heil wieder raus- und nach Hause zu kommen. So ballerten zahlreiche US-Soldaten bei gegnerischen Angriffen ungezieltes „Sperrfeuer“ aus dem Graben in die Luft in der Hoffnung, dass die alarmierte Luftwaffe bald Unterstützung fliege. Das bekam der Gegner natürlich mit und wurde täglich stärker motiviert. Die US-Soldaten konsumierten große Mengen Alkohol und waren Drogen-durchseucht, weil sie ohne den Stoff sogleich die Flucht ergriffen hätten. Das konnte nur im Desaster enden und so kam es auch – als Blaupause für die spätere heillose US-Flucht aus Afghanistan.
Nachsatz: Die amtierende Berliner Kriegsdienstverweigerer- und sonstige politische Laienspielschar sollte erkennen, dass die Einführung der Wehrpflicht in Sachen Russland und Ukraine – dankenswerterweise – nichts bringen kann. Eine solche Truppe würde auf fremdem Gebiet genau so scheitern wie die USA in Vietnam.

8 Antworten zu „Das kann ich Ihnen sagen, Herr Köppel !“