Ab 16. März 2022 gilt eine einrichtungsbezogene Impfpflicht für alle Beschäftigen im Gesundheitswesen. Die Kanzlei Mingers. aus Köln hat jetzt dagegen Verfassungsbeschwerde eingereicht. Der auf Verbraucherrecht spezialisierte Rechtsanwalt Markus Mingers sieht in dem Gesetz einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte. Betroffene können sich der Verfassungsbeschwerde anschließen, um ihr mehr Gewicht zu verleihen.
Die einrichtungsbezogene Impfpflicht gilt für alle Beschäftigten in Einrichtungen des Gesundheitswesens, also in Kliniken, Pflegeheimen, Arztpraxen oder im Rettungsdienst. Nach §20a des Infektionsschutzgesetzes müssen diese bis zum 15. März 2022 einen Impf- oder Genesenennachweis oder ein Attest bei ihrem Arbeitgeber vorlegen. Ansonsten kann ihnen vom Gesundheitsamt die Rückkehr an den Arbeitsplatz oder ein Betreten der Einrichtung verboten werden.
Rechtsanwalt Markus Mingers, Inhaber der Kanzlei Mingers. aus Köln, sieht in der gesetzlichen Regelung einen Verstoß gegen die Verfassung: „Die Impfpflicht stellt einen Eingriff in verschiedene Grundrechte dar, vor allem gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit.“ Eine Impfung tangiere immer – ungeachtet ihrer Wirkung und Notwendigkeit – das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Impfung sei schon aufgrund des Einstichs und der möglichen körperlichen Reaktion auf den Impfstoff ein nicht verfassungskonformer Eingriff. Allerdings stehe jedem individuellen Recht die Schutzpflicht des Staates zum Erhalt der Volksgesundheit gegenüber. Weitere tangierte Grundrechte sind seiner Ansicht nach unter anderem: Art. 1 GG, Verletzung der Menschenwürde, Art. 2 GG, allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG, Recht auf informelle Selbstbestimmung, Art. 3 Abs. 1, Gleichbehandlungsgrundsatz und Art. 12 Abs. 1, S. 2 GG, Recht auf freie Berufungsausübung. Des Weiteren könnte das Gesetz ungenügend im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3, Gesetzesvorbehalt, sein.
Für den Spezialisten im Verbraucherrecht Markus Mingers ist hier die Sachlage ziemlich eindeutig: „Der Zwang zur Impfung ist nicht verhältnismäßig, um die damit verbundenen Ziele, insbesondere den Schutz vulnerabler Gruppen, zu erreichen.“ Denn:
- Beim medizinischen Personal liegt die Impfquote mit 90,2 Prozent (laut Zahlen des RKI) deutlich über dem Bundesdurchschnitt, bei Ärzten mit 94 Prozent sogar noch höher. Es sei, so Mingers, wahrscheinlich, dass sich durch eine Impfpflicht die Zahl der Geimpften nicht erhöht, sondern vielmehr Betroffene ihren Beruf niederlegen.
- Eine Impfung schützt erwiesenermaßen nicht vor der Ansteckung mit dem Corona-Virus, also auch nicht vor der Übertragung der Viren auf andere Personen, die – so die Begründung des Gesetzes – durch die Impfung des Personals im Gesundheitswesen besonders geschützt werden sollen. Bezüglich der Omikronvariante kann selbst das RKI nicht vorhersagen, inwiefern die Impfung überhaupt schützt. So kann der legitime Zweck in Form von Schutz der vulnerablen Gruppen damit überhupt nicht erfüllt werden.
- Die widersprüchlichen Zahlen über die Höhe der Infektionen, die allgemeine Impfquote sowie die Belastung des Gesundheitswesens durch Corona-Infektionen lassen an den Zahlen über die Impfquote und die Wirksamkeit einer Impfpflicht zweifeln.
- Bei Prüfung der Erforderlichkeit einer Impfpflicht zeigt sich, dass auch ein wesentlich milderes Mittel, beispielsweise in Form täglicher Tests, zur Erreichung der Ziele führen könnte, vor allem da wie oben angeführt eine Impfung weder vollends vor Ansteckung, noch vor der Weitergabe schützt.
- Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht geimpft werden können, sind von möglichen Berufs- oder Betretungsverboten ausgenommen. Diese sind aber ebenso infektiös wie freiwillig Ungeimpfte, bei denen hier anscheinend ein höheres Infektionsrisiko angenommen wird. Eine Unterscheidung und damit ein Berufsverbot wirkt in Hinblick auf den begehrten Zweck sinnlos.
- Es ist zweifelhaft, ob für die Einhaltung des Gesetzesvorbehaltes eine doppelte Verweisung genügt. Denn es wird zunächst auf die sog. Corona-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung und von dieser dann auf die Bekanntmachungen des PEI und RKI verwiesen. Hinzu kommt, dass diese Verweisungen noch dynamisch sind, wie das Beispiel der Dauer des Genesenenstatus deutlich zeigt.
Außerdem hat Markus Mingers einen Befangenheitsantrag gegen den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes, Stephan Harbarth, gestellt. „Wir gehen davon aus, dass seine Entscheidungen durch seine Nähe zur Politik nicht in allen Bereichen völlig unabhängig sind“, so der Anwalt. Schon in einem ersten Verfahren hatte das Bundesverfassungsgericht Zweifel geäußert, aber einen Eilantrag abgewiesen. „Es bleibt das Gefühl, dass hier auf Zeit gespielt wird, bis die Pandemie sich von selbst erledigt.“
Markus Mingers sieht sich als Anwalt der Verbraucher, der sich auch nicht davor scheut, sich mit den Großen anzulegen, wie seine Verfahren im Fall Wirecard und gegen VW beweisen. „Unabhängig wie man selbst zur Impfung und deren Wirkung steht, muss gerade bei einer Impfpflicht die Verhältnismäßigkeit gewahrt und diese gegebenenfalls durch das Bundesverfassungsgericht geprüft werden.“ Bei den Entscheidungen zur Impfpflicht bei Masern habe das Bundesverfassungsgericht sehr hohe Maßstäbe angesetzt, die jetzt auch bei der aktuellen Entscheidung berücksichtigt werden müssten.
„Je mehr Betroffene sich der Beschwerde anschließen, desto größer ist der Druck auf Justiz und Politik“, so der Anwalt.