Endlich Sommer! Auf zum jährlichen Kreuzzug in den Süden

Wer noch Arbeit hat, ist froh, dass er sie für zwei Wochen hinter sich lassen kann. Darauf arbeitet er schließlich das ganze Jahr hin. Es ist ein geheimer Pakt, den man mit dem eigenen Schreibtisch schließt: Noch elf Monate und 29 Tage durchhalten, dann winkt die Erlösung – der Sommerurlaub!

Frühbucherwahnsinn und Urlaubsplanungsschlachten

Im Dezember beginnt die Jagd auf den besten Frühbucherrabatt. Herr Müller, unser tapferer Bürokrieger, stürzt sich mit einer Intensität auf Reisewebsites, die er sonst nur für PowerPoint-Präsentationen aufbringt. Das Ziel ist klar: ein möglichst günstiger All-Inclusive-Urlaub, bei dem man sich die ungezählten Überstunden in Form von endlosen Buffets und mittelmäßigen Cocktails zurückholt.

Doch schon im Januar bricht der wahre Krieg aus: der Krieg der Kinderlosen gegen die Kollegen mit Schulkindern um die besten Urlaubswochen. Es ist ein erbitterter Kampf um die wenigen, heiß begehrten Kalenderwochen im Sommer. Die einen argumentieren mit dem unbeugsamen Schulsystem, die anderen mit dem Recht auf Ruhe vor den Ferienhotels, die in der Hochsaison zur Brutstätte der Familienfeiern werden.

Das Ziel: Paradies oder Purgatorium?

Nachdem die Urlaubswochen mühsam erkämpft und die Reisen gebucht sind, beginnt das Warten. Endlich, im Hochsommer, packt Herr Müller seine Koffer und begibt sich auf die Reise in das vermeintliche Paradies. Doch schon bei der Ankunft im überfüllten Flughafen wird klar: Dieses “Paradies” teilen sich Millionen anderer Urlaubshungriger, die alle den gleichen Gedanken hatten.

Das Hotel, im Prospekt als Oase der Ruhe und Entspannung beschrieben, entpuppt sich als Betonklotz mit Meerblick (wenn man sich auf die Zehenspitzen stellt). Die viel gepriesenen Buffets bieten eine erstaunliche Auswahl an Gerichten, die alle seltsam gleich schmecken und aussehen. Doch Herr Müller lässt sich nicht entmutigen – er hat schließlich das ganze Jahr auf diesen Moment hingearbeitet.

Freizeitstress statt Entspannung

Doch anstatt die ersehnte Ruhe zu finden, wird er von einem straffen Freizeitprogramm überrollt. Morgens Yoga am Strand, mittags Aquagymnastik und abends die obligatorische Disco-Nacht mit “DJ Sven”, dessen musikalisches Talent bestenfalls als “durchschnittlich” beschrieben werden kann. Jeder Tag ist bis ins kleinste Detail durchgeplant, damit bloß keine Minute ungenutzt bleibt.

Die bittere Wahrheit

Am Ende der zwei Wochen ist Herr Müller erschöpfter als zuvor. Der Körper ist von Sonnenbränden gezeichnet, der Magen rebelliert gegen die All-Inclusive-Mahlzeiten und die Erholung scheint weiter weg denn je. Während er im Flugzeug zurück nach Hause sitzt, kommt die bittere Erkenntnis: Dieser Urlaub, auf den er das ganze Jahr hingearbeitet hat, war nur notwendig, weil er einen Job hat, den er hasst.

Das endlose Karussell

Zurück im Büro, beginnt der Kreislauf von neuem. Die nächsten elf Monate und 29 Tage werden erneut zur zermürbenden Odyssee, immer mit dem Ziel vor Augen: der nächste Sommerurlaub. Herr Müller schließt einen neuen Pakt mit seinem Schreibtisch und beginnt bereits im Dezember wieder nach den besten Frühbucherrabatten zu suchen. Denn so absurd es auch ist, ohne diesen jährlichen Kreuzzug aus der Bürohölle wäre das Arbeitsleben noch unerträglicher.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Endlich Sommer! Auf zum jährlichen Kreuzzug in den Süden“

  1. Ein schmeichelhaftes foto. Doitsche Ärsche sind viel fetter.

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