Die wunderbarste Rose

In einem fernen Land lebte einmal ein kleines Mädchen namens Angelina. Sie war erst zehn Jahre alt und hatte ihre Mutter schon früh verloren. Angelinas Vater, ein reicher Kaufmann, kümmerte sich überhaupt nicht um seine Tochter. Er befahl der Amme und dem gesamten Dienstpersonal für Angelina zu sorgen. Später dann bekam ein Hauslehrer den Auftrag, Angelina zu unterrichten und zu erziehen. Gott sei Dank war der Lehrer ein freundlicher, gütiger Mann. Er behandelte Angelina wie seine eigene Tochter und tat alles, um ihr den ständig abwesenden Vater zu ersetzen. Nachdem der Vater seinem Gesinde alle Anweisungen erteilt hatte, ging er wieder auf eine lange Geschäftsreise. Außerdem hätte er viel lieber einen Sohn gehabt, der einmal seine Geschäfte hätte übernehmen sollen. Und da ihm im Laufe der Zeit niemand mehr von Angelina sprach, vergaß er bald, daß er überhaupt eine Tochter hatte.

So lebte Angelina, umsorgt von ihrer lieben Amme und dem Gesinde, in dem großen, prachtvollen Haus ihres Vaters. Das Haus war umgeben von einem parkähnlichen Garten, der zu jeder Jahreszeit von unvergleichlicher Schönheit war. Vom Frühling bis zum späten Herbst blühten hier unzählige Blumen und Sträucher und boten ein Feuerwerk an Farben und Düften. Viele Gärtner pflegten das ganze Jahr über alles, was hier wuchs und blühte. Das Schönste aber war in diesem Garten ein Rosenstrauch, den Angelinas Mutter kurz nach ihrer Hochzeit eigenhändig gepflanzt hatte. Jeden Sommer zur Zeit der Rosenblüte war der Garten erfüllt von dem berauschenden Duft der Rosen. Der Strauch blühte nur ein Mal im Jahr, dann aber überreich und verschwenderisch und seine purpurnen Blüten waren von märchenhafter Schönheit, die es im ganzen Land kein zweites Mal gab. Neben dem Rosenstrauch stand eine kleine Bank. Angelina liebte diesen Platz, denn hier hatte sie immer das Gefühl, ihrer Mutter nahe zu sein. Hier fühlte sie sich immer auf wundersame Weise getröstet. Da der Vater ihr verboten hatte, das Anwesen zu verlassen und mit anderen Kindern zu spielen, fühlte sie sich oft einsam und ausgeschlossen. Als sie eines Tages wieder einmal zum Rosenstrauch eilte, vernahm sie plötzlich die liebevolle Stimme ihrer Mutter. „Komm herein zu mir, mein Kind, und dein Kummer wird vergehen“, sagte sie. Vor Angelinas staunendem Blick teilte sich der Rosenstrauch und bildete eine schmale Öffnung, durch die Angelina mühelos eintreten konnte, wie in ein Gemach. Alle Blüten wandten sich nach innen Angelina zu und alle Dornen nach außen, wie sich Waffen auf einem Festungswall gegen den Feind richten. Von nun an verbrachte Angelina viele Stunden im Rosenstrauch und sprach mit ihrer Mutter. Manchmal kehrte sie erst abends zu ihrer besorgten Amme zurück. So vergingen viele Jahre und Angelina wuchs heran zu einer schönen, jungen Frau.

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Als sie zwanzig Jahre alt war, kam ihre treue Amme eines Tages vom Markt zurück und wußte von wundersamen Neuigkeiten. Man erzählte sich, daß der junge Prinz des Landes sich vermählen sollte, aber keine der schönen Prinzessinnen konnte sein Herz berühren. Im ganzen Land nannte ihn jeder nur den Prinz der Rosen, denn er ließ im ganzen Königreich immer neue Rosengärten anpflanzen. Er war der Herrscher über die Rosen. Keine Blume liebte er mehr. Oft ging er auf Reisen, um für seinen Palastgarten immer neue Rosenschönheiten zu suchen. Aber die eine, die einzige, die wunderbarste aller Rosen hatte er noch nicht gefunden. „Wenn ich sie jemals finde, werde ich es sofort wissen“, dachte er bei sich. Dies alles hörte Angelinas Amme. Heimlich schnitt sie den schönsten Rosenzweig ab, wickelte ihn in ein feuchtes Tuch und ließ ihn dem Prinzen überbringen zusammen mit einer Nachricht, wo diese Rose zu finden sei.

Der Prinz war außer sich vor Freude, als er den kostbaren Rosenzweig in seinen Händen hielt. Welche Schönheit ! Welches Wunder ! Welche Pracht ! „Das ist sie, ich habe sie gefunden“, rief der Prinz. Sofort befahl er seinem Gefolge, zum Aufbruch zu rüsten. Der Weg dauerte nur ein paar Stunden und schon bald standen sie vor Angelinas Haus. Der Prinz eilte sofort zum Rosenstrauch und stand wie versteinert da. Alles was er sah, waren Dornen ! Lange, spitze Dornen, die sich wehrhaft gegen ihn richteten. Was war denn das ? Wer wagte es, den Prinzen zum Narren zu halten ? Der Prinz blickte traurig auf die vielen Dornen, als plötzlich eine Frauenstimme zu ihm sprach : „ Seid ihr es, mein Prinz ? Seid ihr gekommen, um zu holen was euch gehört ?“  Der Prinz wußte nun gar nicht mehr wie ihm geschah, trat aber trotzdem näher an den Strauch und erschnupperte einen betörenden Rosenduft. „Ja, ich bin es“, antwortete er. „Ich kam, um die wunderbarste Rose zu finden und nun verbirgt sie sich vor mir. Darf ich dich nicht sehen, du schönste aller Rosen ?“ Aus dem dornigen Strauch erklang Angelinas Lachen. „Du darfst es nicht, mein Prinz. Ich verberge mich hier, weil meine Mutter es mir befahl. Höre, mein Prinz, was meine Mutter mir sagte. Wenn der kommt, der die schönste aller Rosen sucht, sage ihm dieses : Der Strauch wird sich öffnen, wenn du ihn ausgegraben hast, lange und tief gegraben hast. Zur selben Zeit sollst du in deinem Palastgarten ein ebenso tiefes Loch graben lassen. Dann bringe den Strauch hin zu deinem Grund und Boden und senke ihn in dein Erdreich und der Strauch wird sich öffnen und dir die zeigen, die dir bestimmt ist. Vorher aber wirst du sie nicht erblicken. So, Herr, gab mir meine Mutter auf zu sprechen.“  Der Prinz schien gar nicht erstaunt, er fragte : „ Ist deine Mutter bei dir dort drinnen, du Rosengleiche ?“ „Nein, mein Prinz, sie starb und ließ mir diesen Strauch zurück. Bin ich in ihm, höre ich ihre Stimme. Bisher konnte ich ein und aus wann ich wollte, nun aber ………. Werdet ihr graben lassen, mein Prinz ?“ Der Prinz lachte. „Wirf mir nur eine deiner Wunderrosen zu, und ich werde sogleich den Befehl erteilen.“ Da öffnete sich der Rosenstrauch nur einen winzigen Spalt und eine zarte Hand warf eine Rose hindurch. Doch bevor der Prinz auch nur einen Blick hineinwerfen konnte, schloss sich der Strauch wieder. Nur die Rose hielt er in seinen Händen. Und so wie Angelinas Mutter es wünschte, geschah es nun.

Der Prinz befahl, mit dem Graben zu beginnen. Ein großer Wagen wurde gebaut, um Angelina und den Rosenstrauch sicher transportieren zu können, denn keine noch so zarte Wurzel durfte verletzt werden. Die Mutter des Prinzen richtete die Gemächer her für die, die als des Sohnes Braut dort einziehen sollte. Von all dem wußte nur einer nichts : der reiche Kaufmann, Angelinas Vater. Und er erfuhr auch nie etwas davon, denn auf dieser Reise wurde er das Opfer räuberischer Scharen. Nur ein Diener konnte entkommen, um die schlimme Nachricht zu überbringen. So gab es niemanden, der ja oder nein zu sagen gehabt hätte, als endlich der Rosenstrauch ausgegraben war und auf den Wagen verladen wurde. Zum ersten Mal öffnete sich für Angelina das große schmiedeeiserne Tor und sie fuhr hinaus in die Freiheit.

Es war schon ein sehr seltsamer Zug, der sich da in Bewegung setzte. Die Kunde von Angelina und ihrem Prinzen hatte sich im ganzen Land verbreitet. Die Menschen säumten die Straßen und Wege und wußten, daß hier etwas Wunderbares geschah. Der Prinz ritt dicht neben dem Wagen, um seiner Braut nahe zu sein.  Immer wieder stellte er besorgte Fragen und mahnte seine Arbeiter zur Vorsicht. Daß nur jetzt kein Unglück passiert, daß kein Wagenrad bricht oder die Pferde zu schnell laufen. Der Weg schien mühsam und zeitweise nicht ungefährlich . In diesen Stunden vertraute der Prinz all sein Sehnen und Denken Angelina an. War sie so lieblich wie der Rosenduft, der sie umgab ? Es gab Momente, in denen der Prinz sich fragte, ob das alles wirklich geschah oder ob er träumte. „Solche Dinge geschehen doch eigentlich nur in Märchen, die man Kindern erzählt “, dachte er bei sich. Der Weg schien nicht enden zu wollen, doch dann……., endlich, erschienen am Horizont die mächtigen Türme seines Schlosses. Immer näher kamen sie, schon konnte er von weitem die Stimmen seiner Freunde hören. „Langsam, nur langsam“ ,  beschwor der Prinz seine Arbeiter, als der Rosenstrauch vom Wagen gehoben wurde. Und jetzt, eben jetzt, berührten die Wurzeln des Rosenstrauchs die Erde von des Prinzen Heimatgrund. Eben jetzt sank der Strauch tiefer ein, sank weiter, war am Ende der Grube angekommen. Die Grube wurde geschlossen und der Rosenstrauch öffnete sich.

Da stand sie nun, Angelina, die Rosenbraut. Ihr Kleid war über und über mit duftenden Rosenblüten übersät, als ob eine purpurne Wolke sie umgab. Schweigen grüßte diesen wundersamen Anblick. Der Prinz konnte nichts sagen vor lauter Glück. Dieses wundervolle Geschöpf sollte nun sein eigen sein ? Er führte seine Braut in sein Schloß und die Hochzeit wurde gefeiert. Drei Tage lang sollte die Arbeit im ganzen Königreich ruhen, die Menschen sollten teilhaben am Glück des Prinzenpaares.

Noch viele Jahre später erzählte man sich die Geschichte von Angelina, der Rosenbraut. Der Rosenstrauch aber wurde gehegt und gepflegt. Er wuchs und gedieh und blühte jedes Jahr prächtiger und schöner. Die Suche des Prinzen nach der wunderbarsten Rose hatte ein Ende gefunden. Das Leben hatte sie ihm zum Geschenk gemacht.

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Ja, liebe Leser, das war die Geschichte von der Rosenbraut Angelina. Ich hatte sie angedacht als kleine Auszeit für alle vom ganz alltäglichen Wahnsinn.

Heute war ein schöner Sommertag. Auch in meinem Garten blühen die Rosen, daß sich die Zweige biegen. Die große Kletterrose „Laguna“ , eine wahre Himmelsstürmerin, braucht zur Zeit zusätzliche Stützen, damit sie mitsamt ihrer duftenden, purpurnen Blütenlast nicht zusammenbricht. Ähnlich ergeht es der Kletterkünstlerin „Flammentanz“ mit ihren feuerroten, dichten Blütenbüscheln. Völlig außer Rand und Band ist die dänische Bienenweidenrose „Lykkefund“. Inzwischen hat sie zwei Apfelbäume überwuchert. Ihre unzähligen zartgelben Blüten duften nach Honig und sind ein gefundenes Fressen für alles, was da summt und brummt. Eine richtige Angeberin ist in diesem Jahr die schöne Beetrose „Elbflorenz“. Ihre rosaroten, dicht gefüllten Blüten sind fast so groß wie Untertassen und verströmen einen köstlich-exotischen Duft nach Ananas, Mango und Zitrone. Sogar die Wildrosensträucher „Hansa“ blühen noch, obwohl das für diese Jahreszeit eher ungewöhnlich ist. Wegen des eiskalten, nassen Frühjahrs sind sie in diesem Jahr etwas später dran.

Die Sonne ist hinter den Bäumen verschwunden. Langsam kehrt Ruhe ein in meinen Garten, nur ein paar junge Spatzen zanken sich lautstark im Hühnergehege um die letzten Brotkrümel und Körner. Die kühle Abendluft tut allen Pflanzen gut. Jetzt wird es Zeit, sich mit dem Gartenschlauch zu bewaffnen und ihnen eine kalte Dusche zu gönnen. Gönnen auch wir uns hin und wieder eine Atempause von all dem Stress und dem Irrsinn, den andere Menschen für uns inszenieren und den wir gar nicht wollen. Ein Nachmittag mit Freunden bei Kuchen und Kaffee, ein kühles Bierchen zum Feierabend und ein schöner, entspannender Film, ein Abend im Konzert oder in der Oper, eine friedliche Stunde mit einem Lieblingsbuch auf dem Balkon oder einfach ein schöner Spaziergang im Park oder im Wald ………….., es gibt immer noch so viel Schönes für uns alle und wir sollten versuchen, es jeden Tag zu genießen.

Ich wünsche Ihnen allen eine wunderschöne Sommerzeit, liebe Grüße von Doris Mahlberg  

Quelle: Beischneider.net



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