Aktivisten gelang es heute, zu Julian Assange vorzudringen und ihm aufmunternde und unterstützende Worte zukommen zu lassen. Der WikiLeaks-Gründer war heute für eine kurze Anhörung vor Gericht. Als er in einem Gefangenentransport das Westminster Magistrates‘ Court verließ, blieb der Wagen stehen. Aktivisten und Journalisten nutzten den günstigen Moment und drangen ans Fenster des Wagens vor.
Man sieht Julian Assange, der stark gealtert aussieht und eine Brille trägt. Einer seiner Unterstützer sagt ihm folgende Worte:
Julian, bleib stark! Bleib stark, wir kämpfen für dich! Wir werden nicht zulassen, dass sie dir das antun. (unverständlich) Bleib stark. Vergiss nicht, dass wir für dich da sind! Vergiss das nicht! Bleib stark! Du wirst freikommen! Bleib stark! Bleib stark, Julian!
Zwar nickt Assange immer wieder, so als würde er verstehen, aber als er aufgefordert wird, auch etwas zu sagen, macht er eine Geste, die andeutet, dass er nichts höre. Mehrfach kneift er auch die Augen fest zusammen. Das Licht der Kameras scheint ihn zu blenden. Zwar schaut er aufmerksam, doch es ist unklar, ob die Worte wirklich zu ihm vordringen.
Sein Unterstützer versichert ihm:
Du bist der größte Journalist unserer Zeit. In der Geschichte wird man sich für immer an dich erinnern. Egal was auch passiert! ich weiß, dass du freikommst!
Bis zuletzt hörte man immer wieder von Assanges Verwandten und Bekannten sowie Augenzeugen der Gerichtstermine, dass er starke Konzentrationschwierigkeiten hat. Er habe sogar Probleme gehabt, seinen Namen und sein Geburtsdatum zu nennen.
Ein Freund, der an Heiligabend mit ihm telefonieren konnte, berichtete:
Er sagte mir Folgendes: ‚Ich sterbe hier langsam.‘ Seine Rede war undeutlich. Er sprach langsam. Julian ist sehr wortgewandt, eine sehr klare Person, wenn er spricht. Und er klang schrecklich. (…) Es war sehr verstörend, ihn so zu hören.
Nicht nur Dutzende internationale Ärzte, sondern auch UN-Folterexperte Nils Mezler schlägt seit Monaten Alarm, weil Assange von der jahrelangen Isolation und psychologischen Folter, der er seit Jahren ausgesetzt ist, bereits ernsthafte Schäden davongetragen habe und zu sterben drohe.
Sieben Jahre lang hatte er in der ecuadorianischen Botschaft in London ausgeharrt, weil ihm die Auslieferung an die USA drohte. Zuletzt wurde ihm das Leben dort immer schwerer gemacht, ihm wurden Sanktionen angedroht und das Internet abgestellt: zudem war er einer Dauerüberwachung ausgesetzt. Er hatte 2010 die Welt über Kriegsverbrechen der USA aufgeklärt, nachdem ihm die Informationen darüber zugespielt wurden – eine Praxis, die von der Pressefreiheit gedeckt ist. Jedoch wirft man ihm in den USA Spionage vor beziehungsweise eigene Beteiligung an der illegalen Informationsgewinnung. Sowohl der Informant als auch Assange haben dies stets bestritten. Seit April sitzt er nun in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis, zunächst wegen Verletzung der Kautionsauflagen, die er durch seine Flucht in die Botschaft Ecuadors begangen hatte, seit September wegen „hoher Fluchtgefahr“. Dort wartet er auf die Verhandlung über seine Auslieferung an die USA im Februar.
Sollte dies passieren, wird er damit rechnen müssen, lebenslang ins Gefängnis zu kommen. Manche glauben sogar, dass ihm die Todesstrafe droht.