Das „Bild des Soldaten“, das sich diese Republik erlaubt, ist skandalös. In allen Gesellschaften sind Soldaten geachtete Bürger, bei uns dürfen sie „Mörder“ genannt werden. Tragen sie „draußen“ Uniform, riskieren sie, angepöbelt, bespuckt oder angegriffen zu werden.
Das Schweigen „der Politik“ dazu ist beschämend. Dazu gehört auch der Blick zurück. Wenn deutsche Soldaten ständig mit der Ausschwitzkeule bedroht und die Niederlage von rd. 12 Millionen deutscher Soldaten von Linken und sogar von einem Bundespräsidenten (von Weizsäcker) als „Befreiung“ bezeichnet wird, ist was faul im Staate. Die aktuelle Situation kann niemanden überraschen, auch wenn man über längere Zeit versucht hat, sie zu vertuschen. Es fehlt derzeit offensichtlich am politischen Willen, die Situation schnell zu ändern – wobei sich alle Fachleute einig sind, daß „schnell“ nicht von heute auf morgen, sondern viele Jahre bedeutet. In diesem Punkt reagieren Politiker augenscheinlich nach dem Motto: „Es gibt viel zu tun. Ich geh´ dann ´mal ins Fernsehen!“ Aber wenn man eine Bundeswehr hat, kann man nicht so tun, als koste sie nichts – nicht einmal Anstand.
Unterer Stellenwert in der Gesellschaft
Es stellt sich also die Frage nach dem Stellenwert der Bundeswehr in unserer Gesellschaft. (Die gleiche Frage stellt sich auch für die Polizei.) Daß dieser Wert hierzulande im unteren Bereich liegt, erkennt man am besten beim Vergleich mit dem Ausland. Italien, Frankreich, UK, USA – wo auch immer – überall auf der Welt ist der Umgang mit den nationalen Verteidigungskräften voller Hochachtung. Andere Nationen sind stolz auf ihre Soldaten, lassen sie öffentlich paradieren und errichten ihnen im Herzen ihrer Städte Denkmäler.
Deutsche „im Gedenken gehemmt“
Durch Rituale an den Denkmälern, wie sie in anderen Ländern Usus seien, kann man dafür sorgen, daß die Erinnerung an gefallene Soldaten mit der jeweiligen aktuellen Situation in Verbindung gebracht wird. So kann ein Gefühl für den „Preis der Freiheit“ entstehen, für die diese Soldaten gekämpft haben. Andernfalls werden die Denkmäler – wie aus seiner Sicht vielfach in Deutschland zu beobachten – nur noch versteinerte Geschichte.
Politiker wie auch Bundespräsident Frank Walter Steinmeier gefallen sich darin, eine größere Verantwortung Deutschlands in der Welt anzumahnen. Das aber gilt in letzter Konsequenz doch wohl auch für militärische Auslandseinsätze! Was diese Einsätze für die betroffenen Soldaten bedeuten können, auch das muß ins Zentrum der Debatte, und es würde helfen, wenn es im Zentrum der Hauptstadt sichtbar würde, dort, wo die politische Entscheidung fällt.
Ich habe in vielen Artikeln bereits beklagt, daß „die deutsche Politik“ – ja, diesen Vorwurf darf man gewiß so erheben – ein gestörtes Verhältnis zu ihren Sicherheitsorganen hat, sei es die Polizei, der Verfassungsschutz oder die Bundeswehr. Oft klingt es so, als handele es sich eher um Schmuddelkinder denn geachtete oder gar geliebte Teile unseres Volkes. Immer wieder drängt sich mir der Vergleich mit anderen Ländern auf, in denen gerade diese Staatsrepräsentanten ihrer Bedeutung entsprechend Anerkennung finden. Ein eklatantes Beispiel ist der Vergleich zwischen den USA und Deutschland. Im Einsatz gefallene Soldaten erhalten in den USA ein Ehrenbegräbnis, ihre Särge werden meist mit militärischer und sonstiger Ehrenbegleitung zum Friedhof eskortiert, die Bürger stehen applaudierend und Fähnchen schwenkend an den Straßenrändern.
Einen besonders krassen „Ausfall“ unseres Staates durften wir gerade bei der Heimkehr der letzten deutschen Soldaten aus Afghanistan registrieren. Berthold Kohler, einer der wenigen konservativen Herausgeber der FAZ, schreibt dazu einen Kommentar, den ich vollkommen unterschreibe:
Bei uns werden die Särge mit toten Soldaten in einen abgelegenen, geschützten Winkel des Flughafens und von dort ohne jedes Aufsehen in die Heimatorte (bzw. –Friedhöfe) geleitet. Selten, daß dort ein Vertreter des Staates zugegen ist. Es scheint eher, daß deutsche Staatsvertreter sich ihrer Kämpfer schämen. Öffentliche Ehrungen gibt es nur in Ausnahmefällen.
„Fußballspieler kann man so behandeln – Soldaten nicht
Kein Politiker begrüßte die Heimkehrer aus Afghanistan. Sie hätten schon an diesem Tag sichtbare Anerkennung verdient gehabt. Auch die Männer vom KSK.
Wenn Impfstoffe oder Masken aus einem Flugzeug rollen, finden Ministerpräsidenten und Minister leicht den Weg zum Flughafen. Als die letzten deutschen Soldaten aus Afghanistan in ihre Heimat zurückkehrten, stand kein Politiker an der Rollbahn. Kein Bundespräsident, keine Bundeskanzlerin, keine Verteidigungsministerin, kein Außenminister, kein Staatssekretär, keine Wehrbeauftragte, kein Abgeordneter, nicht einmal ein Landrat.
Kramp-Karrenbauer weilte in Washington, und auch in weiteren Fällen war von Terminüberschneidungen die Rede. Daraus muss man schließen: Alles andere war wichtiger, als die letzten der 160.000 Frauen und Männer zu begrüßen, die in den vergangenen zwanzig Jahren in Afghanistan im Einsatz gewesen waren. 59 von ihnen kamen nicht lebend zurück.
Die Lebenden wie die Toten hätten schon an diesem symbolischen Tag sichtbare Anerkennung und Dankbarkeit verdient, nicht erst bei einem Festakt, den es noch geben soll. Warum erschienen nicht wenigstens ein paar Abgeordnete, die sonst immer darauf pochen, dass die Bundeswehr eine „Parlamentsarmee“ ist?
Mehr „freundliches Desinteresse“, wie es der Bundespräsident Köhler einmal kritisierte, war nicht möglich. Fußballspieler, die ein Achtelfinale verstolpert haben, kann man so behandeln – nicht aber Soldaten, die ihr Leben einsetzten, um den Auftrag von Regierung und Parlament zu erfüllen. Das taten auch und besonders jene, die den Abzug bis zur letzten Minute schützten: die Männer vom KSK.“ (Quelle: Berthold Kohler, FAZ 1.7.21)