Wird die Debatte um die umstrittene Widerspruchslösung bei der Organspende bald von einem neuen Diskurs über ethische Grenzen des Machbaren in der modernen Medizin abgelöst? Die Ludwig-Maximilians-Universität München meldet einen Durchbruch bei der Xenotransplantation, der Verpflanzung von genmodifizierten Schweineherzen zunächst in Affen und letztendlich in Menschen. Mit einem interdisziplinären Team aus Wissenschaftlern arbeitet der Herzchirurg Professor Bruno Reichart seit zwei Jahrzehnten daran. Den Forschern sei jetzt ein entscheidender Zwischenschritt zum vielleicht finalen Erfolg gelungen, teilte die Uni mit. Paviane mit transplantierten, genetisch modifizierten Schweineherzen überlebten bis zu sechseinhalb Monate. Bislang starben in entsprechenden Versuchen etwa 60 Prozent der Tiere binnen zwei Tagen. Die Ergebnisse des Teams wurden jetzt im renommierten Wissenschaftsmagazin „Nature“ veröffentlicht. Gruselige Details: Die Forscher erkannten, dass die Spender-Herzen entsprechend der Größe von Schweinen wachsen und den Brustkorb eines Pavians rasch sprengen. Dann wird die benachbarte Leber gestaut und versagt. Doch durch die Gabe eines bestimmten Medikaments (Rapamycin) ließ sich das Herzwachstum stoppen. Letztendlich überlebten bei guter bis bester Gesundheit vier von fünf Pavianen mindestens drei Monate lang (maximal sechs Monate).
Keine Abstoßungsreaktion durch dreifache Genveränderung
Das Erbgut der Spenderschweine wurde in Zusammenarbeit mit einem amerikanischen Team dreifach verändert. Die Modifikationen zielen darauf ab, die Blutgerinnung zu modulieren und die heftigen Abstoßungsreaktionen zu unterdrücken, die ein Empfänger gegen Organe aus einer anderen Tierart entwickelt. Erstaunlicherweise brauchten die Paviane dann nach der Transplantation keine Medikamente, die die Abwehrreaktionen unterdrücken. Laut Reichert soll bereits in drei Jahren der erste menschliche Patient im Rahmen einer Studie ein solches genverändertes Herz bekommen. Zu ethischen Bedenken hat sich der Forscher offenbar nicht geäußert. Erst kürzlich hatte die Meldung über zwei gentechnisch veränderte Babys durch einen chinesischen Arzt für einen weltweiten Aufschrei gesorgt. Gesundheitsminister Spahn erklärte, der Mensch dürfe nicht Gott spielen, Chinas Regierung kündigte eine Untersuchung an und auch der Deutsche Ethikrat hatte den Eingriff verurteilt.