Die Tränen der Alten

Ein Blick auf den Volkstrauertag aus der Perspektive eines 11-jährigen Ministranten

In einem kleinen bayerischen Dorf, weit entfernt von großen Städten, wuchsen wir Knaben auf.
Der Volkstrauertag war für uns eine Zeit des Rätselns und des Innehaltens. Wir sahen, wie vier Meter hohe Tannenbäume am Kriegerdenkmal aufgestellt wurden. Ohne Lametta, schlicht und ernsthaft wurde auch das Denkmal mit einer Tannengirlande umbunden.

Oben am Kopf dieses Betonklotzes stand eingemeißelt:

„Unseren Gefallenen der Kriegsjahre 1914 bis 1918 und 1935-1945″

Wir verstanden sie damals nicht – die Rede des Bürgermeisters und die des Herrn Pfarrers. Auch dIe dunklen Töne der großen Kirchturmglocke mögen nur die Kriegsteilnehmer an Kanonendonner erinnert haben. Doch das ganze restliche Jahr über ging man an den Namen der 128 Gefallenen auf diesem Gedenkstein achtlos vorbei.

Die Namen von Verwandten und Bürgern erinnerten uns daran, dass es sich um „echte Menschen“ handelte, die ihre Wurzeln in unserem Dorf hatten. Die Nachfahren dieser Helden leben heute unter uns. Einige Familien hatten zwei oder sogar drei ihrer engsten Mitglieder im Krieg verloren – Väter, Söhne, Brüder.

Ich erinnere mich an zwei meiner Onkel, beide 1923 geboren. Sie waren gerade einmal 16 Jahre alt als der Krieg ausbrach – und 19 als sie in den Weiten Russlands als vermisst galten. Die einzige Wahl, die sie hatten, war “zu dienen” oder standrechtlich erschossen zu werden. Sie mussten dienen, mit einem Maschinengewehr in der Hand. Andere mussten 80 Jahre später bei ganz anderen Kampagnen dem „Vater Staat“ wieder dienen. Diesmal mit einer Gift-Spritze  in der Hand.

Die schweren Tränen der alten Männer, die beim dreifachen Salut-Kanonenschlag über ihre gegerbten Wangen rannten, blieben nachhaltig in Erinnerung. Die örtliche Musikkapelle marschierte auf, die Trommeln dröhnten. Das Mitsingen des Liedes „Ich hatt’ einen Kameraden” drang ungelenk aus zugeschnürten Kehlen. 

Heute müssen viele Männer- und mittlerweile auch Frauen-“dienen“, indem sie – oft wider besseren Wissens – Spritzen setzen oder sie sich setzen lassen, um ihre Arbeit nicht zu verlieren, ihre sozialen Kontakte oder den Zugang zum öffentlichen Leben. Der künftige Volkstrauertag sollte sich nicht nur auf den Verlust des Lebens durch kriegerische Handlungen beschränken, sondern auch die Opfer weiterer Gewalt-Anwendungen einschließen.

Schüsse und „kleine Piekse“ sind nicht frei von Nebenwirkungen.



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4 Kommentare

  1. Mit Verlaub, aber der Vergleich hinkt. Im Gegensatz zu den Soldaten des 2. Weltkrieges musste niemand in Corona-Zeiten mit einer “Gift”-Spritze dem “Vater Staat” dienen. Sicherlich hätte eine Verweigerung zu massiven Einschnitten im privaten Leben führen können, die mögliche gesellschaftliche Stellung mit all ihren Annehmlichkeiten dahin sein können. Jedoch wäre niemand aufgrund seiner Verweigerung an die Wand gestellt worden. Wie in jeder Diktatur gab es auch in Corona-Zeiten nicht nur die Bösen ganz oben, sondern auch eine riesige Zahl von gedankenlosen Mitläufern und willfährigen Mittätern, die aus Überzeugung, Gedankenlosigkeit oder auch Angst den ganzen Mist tatkräftig unterstützten. All die “netten” Leute, welche ihre Nachbarn schlichtweg denunzierten, nur weil diese zu Weihnachten Oma oder Opa eingeladen hatten, mussten nicht um ihren Arbeitsplatz fürchten, sondern taten dies aus freien Stücken. Gerade diese Tatsachen werden leider auch von sonst durchaus vernünftigen Kritikern der Corona-Maßnahmen immer wieder unterschlagen.

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    1. Der Vergleich hinkt nicht nur, er ist vollkommen abwegig.

      Damals musste jeder um sein Leben kämpfen, ob er wollte, oder nicht. Es ging buchstäblich um ALLES oder NICHTS.

      Bei “Corona” konnte/durfte hingegen jeder zeigen, ob er Rückgrat und Verstand hat, oder nicht.

      Da liegen ganze “Himmelswelten” dazwischen.

      Im übrigen setzt eine Trauer voraus das Bewusstsein, dass ein Verbrechen geschehen ist. Daran fehlt es bis dato in der breiten Öffentlichkeit nach wie vor weitgehend,
      Erst müssen – zumindest maßgebliche – Täter dingfest gemacht und abgeurteilt werden. Dann kann – und wird vermutlich auch – die Trauer beginnen.
      Bis dahin ist es indessen – aller Voraussicht nach – noch ein weiter Weg.

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      1. Jedem sich noch sicher und erhaben fühlenden Kollaborateur sei hinter die Ohren geschrieben, wie schnell sich politisch-gesellschaftliche Gegebenheiten ändern können – siehe die 89er Jahre, je nach Sühnedrang mit 19 bzw. 17 davor.

        1. Damals waren die Völker noch relativ homogen,,,

          Wie sich das heutzutage gestaltet, ist maximal ungewiss…

Kommentare sind geschlossen.