In Zukunft soll alles besser werden, aber warum?
Die Domstadt will uns glauben lassen, dass sie der Insolvenzgefahr entkommen ist. Dr. Viktor Heese nimmt in einer dreiteiligen Beitragsreihe die Finanzen Kölns kritisch unter die Lupe und hinterfragt wie realistisch das „Rettungsszenario“ ist. Im ersten Beitrag wird die Lage bis zum Ausbruch der Flüchtlingskrise in 2015 analysiert. Die Finanzen einer Großstadt unterscheiden sich im Prinzip wenig von denen eines Kleinbetriebes – daher hilft auch ein entsprechender Vergleich dem Leser die fremde Materie besser zu verstehen.
Pleitegefahr nur auf dem Papier: deutsche Kommunen nicht insolvenzfähig
Während Firmen und Privatpersonen in Konkurs gehen können, ihre Sachwerte (Immobilien, Betriebe) von kreditgebenden Banken als Sicherheit genommen werden, geht das bei staatlichen Subjekten (Bund, Länder, Kommunen) in Deutschland nicht. Die USA sind in dieser Hinsicht viel rigoroser, man denke nur an den Fall Detroits nach der Finanzkrise 2009. Vor diesem Hintergrund sind alle Fragen nach der kommunalen Insolvenz hierzulande rein akademisch. Eine juristische Pleite ist nicht möglich, eine ökonomische schon. Die letzte wäre mit der Überschuldung oder dem Eingreifen der Finanzaufsicht des Landesgegeben, in NRW, wenn eine Kommune in den sog. Stärkungspakt (harte Variante) oder das mildere Haushalt-Sicherungskonzeptes (HSK) aufgenommen wird. In beiden Fällen wird die Stadt „Zwangssparen“ verordnet, d.h. die Einnahmen der Bürger werden erhöht und die Ausgaben gekürzt.
In 10 Jahren durch Dauerverluste ein Drittel der Eigenmittel verloren
Die Graphik zeigt, wie Köln von 2008 bis 2015 aufgrund der Verluste 2 Mrd. € an Eigenkapital – das bei den Kommunen Allgemeine Rücklage heißt – verloren hatte. Das war oft knapp an der Linie des Abrutschens in die HSK-Finanzaufsicht. Wäre die rotte FLOPP-Linie zweimal hintereinander unterschritten, läge die juristische Voraussetzung – Doppelverlust 5% des Eigenkapitals von 5% als „Obergrenze“ – dafür gegeben. Zur Klarstellung: eine Kommune darf theoretisch unendlich lange Verluste machen, muss aber immer die „Obergrenze“ beachten und noch Eigenkapital besitzen. (Bei einem Betrieb oder Privatmann ziehen die Banken schon früher die Notbremse).
Köln könnte also theoretisch von 2015 so weiter bis 2040 machen, solange es sich nur oberhalb der roten Linie bewegte. Das ginge bei einem festen Ausgabenblock von Sozialausgaben und Personalaufwendungen aber schon rein mathematisch nicht. Hätte sich der Verlust, – wie in dem unteren Bilanzauszug 2015 gezeigt, – von 403 Mio. € von 2015 auch 2016 fortgesetzt, wäre die HSK-Aufsicht hinfällig. Zwar gab es 2015 Sondereffekte, aber die knapp 250. Mio.€ aus 2o14 wirkten ebenso massiv bedrohlich.
Wie sich die Lage nach 2015 in der Migrationskrise entwickelte, wird im Folgebeitrag dargestellt. Dort erfahren wir auch, wie Köln sich die Konsolidierung bis 2023 und den sukzessiven Abbau Verluste bis 2040 (grüne TOPP-Linie) vorstellt.
Verluste und Schulden sind zwei verschieden Paar Schuhe
Eins muss schon jetzt geklärt werden: Verluste und Verschuldung sind zwei verschiedene ökonomische Begriffe. Die Stadt kann gleichzeitig Gewinn und mehr Schulden machen. Das geht, wenn sie z.B. den Bau von Flüchtlingswohnungen auf Pump finanziert und diese aktiviert. Konkret liegt eine solche Situation vor, wenn z.B. eine Wohnung für 100.000 € (oder eine andere Investition, wie die Oper) gebaut wird, dann steigt die Verschuldung und die Aktivseite der Bilanz um diesen Betrag, weil auf der letzten die Investition aktiviert wurde. In der Ergebnisrechnung entstehen aber nur Abschreibungskosten von vielleicht 5.000 €, die den Gewinn mindern/Verlust erhöhen. Mit andren Worten heißt es auch: Gewinne machen, heißt noch lange nicht sich zu entschulden
Den interessierten Leser der vorab mehr erfahren will und den Kommunalfinanzen-Führerschein machen will, verweise ich auf die obige Links und/oder empfehle im Internet nach Fachbeiträgen zu googeln.
Dr. Viktor Heese – Finanzanalyst und Finanzbuchautor; prawda24.com; finanzer.eu