„Bleiben Sie gesund!“ – Seit Beginn der immerwährenden pandemischen Lage, seit dem täglichen Drosten-Podcast und den unzähligen Pressekonferenzen des RKIs dürfte es auch der Letzte erkannt haben: die Ära, in der wir leben, ist ein medical age: das Zeitalter der Medizin.
Die Medizin verkörpert fundamentale Leitgedanken unserer Kultur, hat sich zur Königin der Wissenschaften gekrönt und zu einer elementaren Institution gesellschaftlicher Kontrolle erhoben. Sie ist das neue Repositorium der Wahrheit: der Ort, an dem allumfassende und oft endgültige Urteile von scheinbar moralisch neutralen und objektiven Experten gefällt werden, im Namen der Gesundheit natürlich.
Diese Experten besitzen die exklusive Lizenz, uns zu verkünden, was es bedeutet, krank zu sein und, dass Krankheit etwas Allgegenwärtiges ist. Die Ärzteschaft wird damit zum Gatekeeper von mehr und mehr Bereichen des gesellschaftlichen Handelns – Handeln, das Vorteile und Strafen, Privilegien und Ausschlüsse gewährt.
Wie konnte es nur dazu kommen? Zu diesem ungesunden Monopol der Medizin. Ging das in politischen Hinterzimmern vonstatten oder direkt vor unseren Augen? Entstand es in den Krankenhäusern oder ist es vielmehr die Ebene des täglichen Lebens, auf der sich Gedanken und Ideologien über Gesundheit manifestieren? Sind wir an diesem Übel am Ende sogar mitbeteiligt gewesen? Ivan Illich und Irving Zola haben da so eine Theorie. Der Weg dorthin, sagen sie, war ein schleichender, recht unscheinbarer gesellschaftlicher Wandlungsprozess namens Medikalisierung des Lebens. Aber seht selbst.