Aufruhr in der Stadt: Der Zirkus kommt mit wilden Bestien 

So trug es sich zu, dass ein fahrender Zirkus auch in Schilda haltmachte und sein prächtiges Zelt aufschlug. In bunten Farben leuchtete das Zirkuszelt in der Mitte des Marktplatzes, und die Trompeten und Trommeln riefen die Bürger herbei. Doch das Interessanteste waren die exotischen Tiere, die der Zirkus mit sich führte. Ein Kamel war auch dabei, dem die Bürger, in einer Mischung aus Hochachtung und Schalk, den Namen ihres Bürgermeisters, Eberhart, gaben. Er war sich nicht sicher, ob er sich geehrt oder veräppelt fühlen sollte. Er war eng befreundet mit dem schnauzbärtigen und immer zu Scherzen aufgelegten Zirkusdirektor Willibald.

Doch mehr noch als das Kamel, von dem es nun zwei in der Stadt gab, interessierten sich die Bürger für die beiden dürren Bären und die mageren Löwen, die traurig in vergitterten Wagen eingesperrt waren. Jung und Alt durften zusehen, wie sie gefüttert wurden. Frisches Fleisch, wenn auch nicht die besten Stücke, schob Direktor Willibald mit einer langen Stange durch die Gitterstäbe. Gierig wurden die Brocken eines jung geschlachteten Kalbes verschlungen, und die Zähne der Bären und der Löwen blitzten gefährlich im Licht der Fackeln. Jeder, der nahe herantrat, um das Spektakel zu betrachten, trat vor Angst und Ehrfurcht einen Schritt zurück.

Die Bürger, die sich sehr für die Tiere aus fernen Ländern interessierten – ein Äffchen war auch dabei – waren einerseits fasziniert, andererseits jedoch von Angst erfüllt, als sie vor den vergitterten Raubtierwagen standen. Aber die Menschen hatten auch Mitleid mit den im Bärenheim und Löwenheim eingesperrten fremden Kreaturen.

„Gebt ihnen doch Freilauf“, sprach der tierliebe Bürgermeister Eberhart. „Ich sage meinen Bürgern, sie sollen zu Hause bleiben, damit ihnen nichts geschieht. Dann sind sie völlig sicher.“ Und so wurden die Stadttore geschlossen, damit die freigelassenen Löwen und Bären nicht aus dem Städtchen Schilda entweichen konnten. Obwohl in ihrem Bärenheim und Löwenheim bereits gefüttert, stöberten die Raubtiere durch die Stadt, instinktiv nach Beute suchend.

Die Bürger indes saßen in ihren Stuben und streckten ihre Köpfe aus den Fenstern, während sie schrien: „Ein Löwe, ein Löwe kommt!“ Die Angst saß ihnen tief in den Knochen, das Herz polterte, und bei jedem leisesten Geräusch während der Nacht befürchteten die Leute, dass ein Raubtier an ihrer Haustür kratzte. Selbst das leiseste Rascheln der Blätter ließ die Menschen in Schilda zusammenzucken und befürchten, die scharfen Zähne könnten sie auffressen.

Niemand wagte es, vor die Tür zu treten, geschweige denn zum Brunnen vor dem Tore zu gehen, wo sich Alt und Jung sonst gerne zum Plausch trafen. Solange die wilden Tiere frei herumliefen, schien die Stadt wie ausgestorben. Selbst die Hunde, die vor den Häusern angebunden waren, wollten lieber ins Haus hinein.

Glücklicherweise konnte Zirkusdirektor Willibald am nächsten Morgen seine „Kätzchen“, wie er sie scherzhaft nannte, mit einem großen Stück Frischfleisch wieder in ihre Käfige locken. Die Bürger von Schilda, die so sehr darauf gefreut hatten, einmal Tiere aus fernen Ländern zu sehen, waren letztendlich mehr als froh, als der Zirkus seine Zelte abbrach und weiterzog.

Und so lebten die Bürger von Schilda wieder in Frieden und waren froh, dass ihre Stadt sicher war – zumindest bis zur nächsten „Wir schaffen das“-Bürgermeisterwahl.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Aufruhr in der Stadt: Der Zirkus kommt mit wilden Bestien “

  1. Solche Bürgermeister haben wir in der BRiD zu Hauf. Mehr noch, sie haben es mangels vernünftiger Alternativen bis in höchste Regimeämter geschafft und werben weltweit für mehr Raubtiere.