Wirklich? Verfolgen wir interessierte Wähler Bundestagsreden im Fernsehen oder auf YouTube, so stellen sich uns diese Fragen: Haben die Damen und Herren Abgeordnete uns soeben informiert, uns eher mit Sprechblasen verwirrt oder wurde uns etwas verschwiegen, das wir nicht zu wissen brauchen? Den Feind zu verwirren, zählte schon immer zu den besten Kriegstechniken. Und wir gewinnen zusätzlich den Eindruck, dass der Freifahrtschein, den wir am Wahltag an diese Parteienkaste aushändigten, leidlich ausgenutzt wird.
Gut, dass es noch Redner/innen gibt, die uns mit ihrer Weisheit konkret erfreuen, auch wenn wir das Gehörte erst beim zweiten Mal richtig einordnen können. Nur gut, dass sich Youtube-Videos ganz einfach zurückspulen lassen, um diese Perlen der Sach- und Fachkenntnis zu verstehen. Ahnung von Fakten zu haben, zahlt sich aus.
„Ich ahne, wovon ich spreche, meine Damen und Herren.“
Angela Merkel, Rede zum Steinkohletag 6.11.2007
Geld scheint derzeit keine Rolle zu spielen, wir dummen Bürger füllen ja die Bundeskasse mit jedem Tanken, Einkaufen und Heizen. Und das Geld, das dann noch fehlt, stammt von Geldverleihern, die uns die Schlinge um den Hals peu à peu enger zuziehen. Eine Alternative wusste unser Oskar, der sich vom Acker gemacht hat. Unser Schulsystem fördert freigeistige Ideen nicht, Ziel der demokratischen Nachwuchsaufzucht ist der angepasste Schüler und Bürger.
„Wenn wir kein Geld haben, dann brauchen
wir wenigstens gute Ideen.“
Oskar Lafontaine, u.a. Finanzminister a.D.
Setzen wir als Wähler bei unseren Volksvertretern nicht auch eine gewisse
Bildung voraus? Mehr als nur zu wissen, wie man innerparteiliche Grabenkämpfe besteht? Hunderte von Büchern gelesen (und verstanden) zu haben? Leider kennt unsere viel zitierte Demokratie kein Examen, das ein potenzieller Volksvertreter abzulegen hätte, bevor er sich zur Wahl stellt. Ein Beispiel sehen wir hier:
„Was an Büchern mit am besten ist:
Manchmal sind ganz fantastische Bilder drin.“
George W. Bush. 43. Präsident der USA
Erwarten wir nicht zurecht, dass Lokomotivführer die zu fahrenden Strecken und die Signale kennen und in Sekundenbruchteilen entsprechend zu handeln in der Lage sind? Der Lokomotivführer-Führerschein ist schwer zu erlangen, sitzen doch Hunderte von Fahrgästen mit großem Vertrauen in den Waggons. Ganz anders verhält es sich bei 82 Millionen Demokraten, deren Führer anscheinend mit Augenbinde unterwegs sind.
„Die Lage ist klar, aber unübersichtlich.“
Peter Ramsauer, Verkehrsminister a.D.
Wahlen werden auch deshalb gewonnen, weil die Personen auf den Plakaten gut aussehen, weil sie im Fernsehen angenehm wirken und das Wahlvolk für sich einzunehmen wissen. Politisches Versagen in früheren Funktionen spielt plötzlich keine Rolle mehr, beliebt sein wie ein Clown, das ist es, was zählt. Unsere Dummheit wird folglich bestraft und doch lernen wir nichts daraus.
„Beliebtheit sollte kein Maßstab bei der Wahl von Politikern sein. Wenn es auf
die Popularität ankäme, säße Donald Duck längst im Senat.“
Orson Wells, US-Autor, Regisseur
Wir sollten auch Verständnis dafür haben, dass der Beruf des Politikers doch sehr an den Kräften zehrt. Stundenlanges Sitzen, langweilige Protokolle sich anhören und sich in stupide Materien einarbeiten zu müssen schreit geradezu nach Trost. Gut, dass dieser auch in Flaschen abgefüllt wird, was zu Freud’schen Versprechern führen kann:
„So schnell werfen wir die Flinte nicht in den Korn.“
Dietmar Schulz, SPD, MdL a.D., NRW
Politik ist auch wie das Laufen auf rohen Eiern, irgendwer fühlt sich immer auf die Zehen getreten, was die nächste Aufstellung auf der Landesliste gefährden kann. Diplomatie auf höchster Ebene ist also gefragt. Einer, der nicht mehr unter uns weilt, formulierte es so:
„Es ist ja nicht so, dass wir darüber sprechen.
Wir reden nur darüber.“
Johannes Rau, MP, NRW
Klugheit als Politiker ist mehr gefragt denn je. Doch genügt diese allein nicht, dürfen doch die Unklugen dabei nicht von der Bettkante gestoßen werden. Sind diese in der Überzahl, so nützt dem Klugen seine Weisheit nicht, er würde abgewählt. „Staaten“ im Tierreich kennen die Lösung:
„Sie werden es nicht glauben, aber es gibt Staaten, die von den
Klügsten regiert werden; das ist bei den Pavianen der Fall.“
Konrad Lorenz, Nobelpreis für Medizin 1973
Arbeitsschutzgesetze wurden auch deswegen eingeführt, damit niemand zu Schaden kommt. Ein übermüdeter oder ein an plötzlichen Impfnebenwirkungen leidender Pilot, Busfahrer und Lokomotivführer wird für Tausende Tote verantwortlich sein. Doch nicht selten hören wir, dass bei politischen Gesprächen bis in den frühen Morgen verhandelt worden sei. Was dabei herauszukommen pflegt, das erleiden dann Millionen. Selbst wir an den Bildschirmen schalten irgendwann ab, um unsere Ruhe zu haben, wir schlafen einfach ein, wo hellwach bleiben das Gebot der Stunde wäre.
„Die ganze Gesellschaft leidet an eingeschlafenen Füßen,
die allerdings bis ans Gehirn reichen.“
Roman Herzog, Bundespräsident 1994-1999
Fortsetzung folgt.
Kommentare
Eine Antwort zu „Von Politikern lernen – fürs Leben lernen, Teil I“
Die entscheidende Frage ist doch: Ist es wirklich erstrebens- und wünschenswert, sich ausgerechnet solche verkommenen, verlogenen und korrupten Gestalten als Vorbild zu nehmen und von ihnen „zu lernen“ ?
Soll DAS das Ideal der künftigen Gesellschaft sein ? Das haben wir in weiten Teilen doch bereits faktisch, wenn man sich die „Gesellschaft“ mal genau ansieht.