Tirschenreuth im Demonstrations-Ausnahmezustand

Tirschenreuth: Sehen wir von den regelmäßigen Demos der Kirche ab, die mit ihren Monstranzen vorneweg, dem Seelenheil der Menschen hinterherhinkt, kennt man in Tirschenreuth keinerlei Aufruhr. So etwas ist in einer echten CSU-Hochburg per se unerhört. Seit hunderten von Jahren hat hier niemand für oder gegen irgendetwas demonstriert.

Alle Menschen in Tirschenreuth sind für gewöhnlich sehr gottes- und söderfürchtig. Und nun dieser Maskenfall, wie das? Es bringt den Inbegriff der deutschen Corona-Hochburg ins Wanken. Nun ist es aber trotzdem, oder gerade deswegen, passiert.

Dazu darf nicht unerwähnt bleiben, dass die Tirschenreuther niemals auf so eine Idee gekommen wären. Dafür bedurfte es der Ketzer aus dem nahegelegenen Weiden. Die kennen einfach keine Verwandten und fürchten sich vor rein gar nichts, nicht einmal vor Tirschenreuthern. Grund der Demonstration war, wie an so vielen anderen Orten auch, die anhaltenden Maßnahmen des Corona-Regimes. Dank dieser bricht gerade die Gesellschaft mehr oder minder planmäßig in sich zusammen. Dessen ungeachtet ist und bleibt Tirschenreuth bei der Demo-Kultur eine obrigkeitshörige und leicht rückständige Ausnahme, die allein deshalb mal der Erwähnung wert ist. Nichts was hier, anders als beispielsweise in Wien, hätte aus dem Ruder laufen können. Für einen “Brecher” reichte die Masse einfach nicht aus.

Die meisten Teilnehmer waren Polizisten

Hätte der Landrat eine Demo mit Weißwürstl, Brezn und Zoigl, zur Lobpreisung der Söder-Regierung anberaumt, wären die Beteiligungsverhältnisse sicher bedeutend anders ausgefallen. Aber so war einfach kein Staat zu machen. Allein der Polizeiaufmarsch für diesen provinziellen Akt der Unmutsbekundung war beachtlich bis überdimensioniert. So entstand am Ende der Eindruck, dass vermutlich mehr Polizisten und Ordner als Demonstranten das Erscheinungsbild dominierten. Eine derartige Polizeipräsenz hat Tirschenreuth wahrscheinlich niemals zuvor in seiner Geschichte erlebt. Das erst war der eigentliche Hingucker für die gefühlt zahlenmäßig unterlegenen Demonstranten.

Genau so ließen sich in der Folge Ruhe und Ordnung, trotz des ketzerischen Demo-Aufmarsches, anstandslos gewährleisten. Nachdem sich bereits zu Beginn der Veranstaltung abzeichnete, dass der Tirschenreuther Mob die zahlenmäßig überlegenen Beamten nicht würde überrennen können, bekam die Veranstaltung postwendend einen ziemlich sonnigen Touch. Zugegeben, das mag auch dem offenen Wetter geschuldet sein. Die Polizisten haben die Grabesruhe sichtlich genossen. Wie von Zauberhand waren sie super entspannt, überaus freundlich, in jeder Phase gelassen, liebenswürdig und in jedem Moment sehr hilfsbereit. Schöner kann Demonstrieren eigentlich gar nicht sein.

Tirschenreuth im Demonstrations-Ausnahmezustand

Sie konnten jeden potentiellen “Demo-Teilnehmer gegen den Maskenzwang” persönlich darauf hinweisen, dass auf dem oberen Marktplatz, gegen dieses Thema tatsächlich (aus Sicherheitsgründen)“nur mit Maske” demonstriert werden dürfe. So die Auflagen für die Veranstaltung. Daran hielten sich natürlich alle Demonstranten peinlichst genau, um den Viren und der Pandemie keine Chance zu lassen. Damit war auch das Infektionsgebiet (oberer Marktplatz) glasklar und scharf von der virenfreien Zone (unterer Marktplatz) abgegrenzt, der gemeinhin ohne Seuchenlappen für alle Welt zugänglich war. Das erreichte man mit den formschönen rot-weißen Absperrgittern, die bundesweit für ihre virenhemmende Wirkung berühmt-berüchtigt sind. Das erklärt vielleicht auch, das Bayern in diesem Notstand keine nationalistischen blau-weißen Absperrgitter verwendet, um gar nicht erst mit den Viren zu experimentieren.

Die Wege zum Happy End sind absehbar

Es führte am Ende dazu, dass sich die Mehrzahl der Zuhörer und -schauer maskenfrei sonnend an eben dieser Position ein Stelldichein gab. Schließlich steigert es die Aufmerksamkeit, soweit man ohne Atemenbehinderungseinrichtungen den Sachverhalten einer Demo folgen darf. Nach einer gut halbstündigen Levitenlesung seitens des Veranstalters, zu dem, was nun auf dem oberen Marktplatz erlaubt, respektive verboten sei, durften hernach die zugehörigen Meinungen offen kundgetan werden. Die Positionen selbst muss man an dieser Stelle nicht explizit wiederholen. Sie gleichen sich auf nahezu allen Demos, diese Thematik betreffend.

Wer hätte das gedacht? Alles in allem darf man von einem vollen Erfolg dieser Demonstration sprechen. Der Ordnungssinn nebst Seuchenschutz behielten, wie in einer gut sortierten CSU-Provinz üblich, knallhart die Oberhand. Entspannte Polizisten in einem einmaligen Großeinsatz in der Kreisstadt konnten endlich mal wieder im Dienst ausruhen und tief durchatmen. Interessierte Bürger hingegen waren in der Lage, dank des überschaubaren Marktplatzes, nunmehr aus dem amtlich virenfreien Bereich, der Demo und den vorgetragenen Sachverhalten problemlos zu folgen. Hätte der Landrat jetzt noch ein Fass aufgemacht, wäre es ein ungeahntes “Happening” geworden. Aber das hat er sich wohl noch nicht getraut. Da lauert enormes Steigerungspotential, im Sinne kostenneutraler Maßnahmen … weniger Polizei und stattdessen mehr Bier, so macht man hier richtig Politik. Die Tirschenreuther haben sich das redlich verdient.


Quelle: Qpress 



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