Skandal: Vorbestrafte Pädophile erhielten Pflegekinder vom Jugendamt – jetzt sprechen die Opfer

Die Geschichte läuft seit vielen Jahren, wurde aber immer nur halbherzig thematisiert. Erst jetzt kocht sie richtig hoch. Daher wurden letztendlich doch Ermittlungen aufgenommen, die nun wieder eingestellt worden sind. Das Ganze riecht nach Vertuschung und die Mainstreammedien schweigen größtenteils.

Die Rede ist von einem Experiment, das über viele Jahre lang in Berlin lief und von den Behörden aktiv betrieben wurde. Insbesondere die Verwaltung und die Jugendämter sind darin verwickelt. Helmut Kentler, ein deutscher Psychologe, Professor für Sozialpädagogik an der Uni Hannover und bekanntermaßen ein Pädophiler, startete mit den Behörden zusammen ein Experiment. Obdachlose oder von ihren Eltern misshandelte Jungen wurden vorbestraften, pädophilen Männern als Pflegekinder zugeteilt. Die Männer seien die idealen Mentoren und Förderer der Jungen, liebevoll, aufmerksam und verständnisvoll, behauptete der Professor.

Kentler selbst wusste, was er da anstieß und schrieb: „Es gelang mir, die zuständige Senatsbeamtin dafür zu gewinnen. (…) Mir war klar, dass die drei Männer vor allem darum so viel für ,ihre Jungen’ taten, weil sie mit ihnen ein sexuelles Verhältnis hatten.“

„Und das unter Obhut der Senats-Jugendverwaltung. Kentler versprach sich von dem Experiment, dass die Jugendlichen durch die Männer sozial wieder gefestigt würden. Dass die Männer Sex mit den Minderjährigen haben würden, war Kentler ‚klar‘. Der Skandal wurde 2015 öffentlich debattiert, die Senats-Jugendverwaltung beauftragte daraufhin die Wissenschaftlerin Teresa Nentwig von der Uni Göttingen, den Vorfall und die Verantwortung der Behörden aufzuarbeiten.“

Die Wirklichkeit hinter den schönen Formulierungen sah anders aus: Die vom Leben schon geschädigten Jungs erlebten teilweise die pure Hölle von Missbrauch und Misshandlungen. Zwei der heute dreißigjährigen Opfer erzählten von ihrem Martyrium. Das Experiment an wehrlosen Minderjährigen begann vor 45 Jahren und lief über drei Jahrzehnte.

Sandra Scheeres, SPD-Senatorin  und verantwortlich für Bildung, Jugend und Wissenschaft, sagte schon 2016 – als der Skandal öffentlich wurde: „Es war ein Verbrechen, Menschen in diese Obhut zu geben. Es ist nicht nachvollziehbar, dass so etwas unter staatlicher Obhut passieren konnte.“

Im Oktober 2018 sollte der Fall aber wirklich endlich durchermittelt und aufgearbeitet werden. Und wieder war es Jugendsenatorin Sandra Scheeres, die jetzt, zwei Jahre später, aber sowas von entschlossen an die Aufklärung geht.

Man beschlagnahmte Akten des verstorbenen „Sexualwissenschaftlers“ aus dessen Wohnung, Akten aus dem Jugendamt Tempelhof Schöneberg, man wühlte sich durch die Papierberge, …um die Ermittlungen dann einzustellen. Fazit: Dreißig Jahre lang wurden Kinder und Jugendliche durch die Berliner Behörden bekannten, auch vorbestraften Päderasten zur Obhut übergeben. Das Leid der hilflosen Minderjährigen, die niemanden zur Hilfe hätten rufen können, weil ja gerade die Behörden, die sie hätten schützen müssen, sie den Tätern ausgeliefert hatten, muss riesengroß sein. Doch fast alle schweigen. Nur zwei Opfer erstatteten, mittlerweile um die Dreißig und erwachsen, Strafanzeige, und plötzlich erstattet die Senatsverwaltung mit – gegen sich selbst?

Aber nein, nicht doch. Mona Lenz, Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft erklärt: „Es gibt keine Anhaltspunkte für die Mittäterschaft des Jugendamtsmitarbeiters“, und der beschuldigte, Kinder missbrauchende „Pflegevater“ lebt nicht mehr, wie auch der spiritus rector, Helmut Kentler. Selbst mögliche Mitwisser in den Ämtern können die beiden Opfer nicht mehr belangen. Alles verjährt. Nicht einmal Schadensersatz werden sie einklagen können.

Frau Sandra Scheeres vergab aber zwei Forschungsaufträge: Ein erstes Gutachten hatte, mangels erforderlicher Rechte auf Akteneinsicht, die Problematik nicht ausreichend klären können. Klar war aber, dass hier ein Verbrechen an vielen Minderjährigen geschehen war. Ein zweites Gutachten soll nun von der Universität Hildesheim erarbeitet und ein Zwischenbericht dazu im Oktober vorgelegt werden.

Der jugendpolitische Sprecher der CDU Berlin, Roman Simon, stellt dazu die Frage, über welchen Kontakt Kentler überhaupt einen so großen Einfluss in die Abläufe der Jugendbehörden erlangen konnte, dass dieses haarsträubende Experiment überhaupt möglich wurde. Ein Organigramm aus damaliger Zeit würde ja die Zuständigkeiten klären. Aber siehe da, nicht nur, dass alles verjährt ist, es erwies sich auch als enorm schwierig, im Landesarchiv die entsprechenden Unterlagen zu finden und schon gar nicht ein Organigramm.

Derweil kam einiges über den Herrn Wissenschaftler und Professor ans Licht. Seine „wissenschaftlichen Arbeiten“ und auch seine Habilitation genügten von vorneherein keinen akademischen Anforderungen, und heute kristallisiert sich ein Bild heraus, das den Verdacht sehr nahelegt, dass Helmut Kentler seine akademischen Weihen durch Verbindungen eines pädophilen Netzwerkes erlangen konnte und unter diesen Titeln und mit diesen Verbindungen überhaupt erst in der Lage war, dieses „wissenschaftliche Experiment“ unter der Leitung von ihm als Experten zu initiieren und dreißig Jahre durchzuziehen. Sat1 strahlte einen sieben Minuten langen Beitrag aus, in dem die beiden Opfer, die Strafanzeige erstattet hatten, zu Wort kommen und berichten. Und Dr. Teresa Nentwig von der Universität Göttingen klärte einige Fragen zu der „wissenschaftlichen“ Befähigung des Herrn Professors Kentler:

Wie viele junge Menschen Opfer dieser ungeheuerlichen Machenschaften geworden sind, ist noch unklar und soll in dem nun zu erstellenden, zweiten Gutachten ermittelt werden.


Quelle: Die Unbestechlichen



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