Die Bundesbank, das Bargeld und der 500-Euro-Schein

von Roger Letsch

Die Bun­des­ban­ken Öster­reichs und Deutsch­lands geben noch bis April 2019 weiter 500-Euro-Scheine aus, obwohl Ende Januar 2019 Schluss sein sollte mit den dicken Schei­nen. Der Spiegel begrün­det das damit, dass diese beiden Zen­tral­ban­ken nomi­nell die meisten dieser Scheine im Umlauf haben und erzählt dem Leser gleich mehr­fach einen vom Pferd. Denn es ist ja nicht so, dass die Scheine direkt unters Kon­su­men­ten­volk gestreut würden. Viel­mehr ver­sorgt man die ange­schlos­se­nen Banken damit und diese haben offen­bar einen erheb­lich grö­ße­ren Bedarf, mit den großen Schei­nen die Tresore Schwei­zer Dienst­leis­ter der Wert­auf­be­wah­rungs­bran­che zu füllen, als ihre Kol­le­gen in Italien, Spanien oder Grie­chen­land. Deutsch­land und Öster­reich sind derzeit Flucht­län­der, dort bringen die Euro­päer ihr Erspar­tes in Sicher­heit. Ein­la­gen, mit denen die Banken kaum etwas anfan­gen können ange­sichts der Nega­tiv­zin­sen. Also: ab in den Tresor damit, dann ist der Zins nur Null* und dreht nicht gleich ins Minus. So war das natür­lich nicht gedacht, als der Euro ein­ge­führt wurde. Bank­no­ten sollten im Umlauf sein und nicht zur Wert­auf­be­wah­rung im großen Stil dienen.

Der Spiegel holt im Artikel das alte Märchen aus dem Schrank, die Abschaf­fung der 500er Bank­note diene gene­rell der Bekämp­fung von Schwarz­ar­beit und Ter­ror­fi­nan­zie­rung und rechnet korrekt vor, wie schwer es künftig falle, 20 Mil­lio­nen Euro in bar zu über­ge­ben. Aber spä­tes­tens hier muss ich laut lachen. Denn wenn es um Schwarz­ar­beit geht, reden wir ja selten von solchen Summen und ein Hand­wer­ker, der sich nach Fei­er­abend seine Skills ver­gol­den lässt, wird die dicken Scheine nicht gern nehmen, weil er damit als Zah­lungs­mit­tel schon heute kaum etwas anfan­gen kann, ohne sich erklä­ren zu müssen. Zur Bank kann er die Scheine auch schlecht bringen, denn dann werden sie ja „sicht­bar“. Also sammeln und für größere Inves­ti­tio­nen ver­wen­den? Bei einer Bar­geld­ober­grenze von 10.000 Euro? Irgend­wie unlo­gisch. Um in großem Stil Gelder an Steuer und Sozi­al­kas­sen vorbei zu schleu­sen, gibt es genug legale sowie halb­le­gale Mög­lich­kei­ten und findige Anwälte in Übersee. Von den in Steu­er­oa­sen rund um die Welt gepark­ten Ver­mö­gen kam ver­mut­lich nicht einmal der Gegen­wert eines Hosen­knopfs in Form von 500-Euro-Schei­nen dorthin.

In Sachen „Bekämp­fung der Ter­ror­fi­nan­zie­rung“ ist der 500er noch unwich­ti­ger. Schließ­lich bekommt auch noch das letzte Paläs­tina-Soli-Komitee in Hin­ter­tup­fin­gen pro­blem­los Gemein­nüt­zig­keit bestä­tigt und kann ganz legal Spenden sammeln und über­wei­sen. Auch wer als See­not­schlep­per Feel-Good-Punkte sammeln möchte, hat ja selten ein Problem mit der Finan­zie­rung, sondern eher damit, heute noch eine Flagge zu finden, unter der er fahren kann. Und schließ­lich gehen der deut­sche Staat und die EU in der Ter­ror­fi­nan­zie­rung mit gutem Bei­spiel voran und finan­zie­ren seit Jahr­zehn­ten etwa die Hälfte des büro­kra­ti­schen Appa­rats von Fatah und Hamas mit einer halben Mil­li­arde Euro pro Jahr – ganz ohne Bargeld. Dazu kommen die über 400 in Israel und den Paläs­ti­nen­ser­ge­bie­ten tätigen NGO’s, deren gemein­nüt­zige Aufgabe darin besteht, die Paläs­ti­nen­ser seit Jahr­zehn­ten von den Mühen der täg­li­chen Daseins­vor­sorge oder dem Aufbau einer Zivil­ge­sell­schaft zu schüt­zen, damit diese umso unge­stör­ter ihrem Mär­ty­rer-Hand­werk nach­ge­hen können.

Man braucht also gar kein Bargeld, um den Terror zu finan­zie­ren. Und falls doch mal welches von Nöten sein sollte, spielt das Gewicht der Geld­bün­del schlicht keine Rolle. Man kann wie Obama zu Beginn des Jahres 2016 gleich 1,7 Mil­li­ar­den Dollar (als buntes Bouquet aus Dollar, Euro, Franken und anderen Wäh­run­gen) in ins­ge­samt drei Flug­zeuge laden und in den Iran schi­cken. Die Mullahs hätten auch Visa oder Ame­ri­can Express akzep­tiert, Flug­zeuge voller Bargeld sind aber natür­lich dis­kre­ter und hin­ter­las­sen keine Spuren der Ver­wen­dung in den Büchern der Ter­ror­fi­nan­zie­rer im Iran. Beson­ders pikant war die Begrün­dung, der Bar-Trans­port sei not­wen­dig, weil es noch Beschrän­kun­gen im Inter­ban­ken­ver­kehr mit dem Iran gäbe. Das ist, als wolle man Schwarz­ar­beit damit recht­fer­ti­gen, dass man seine Steu­er­num­mer ver­ges­sen habe.

Aber egal ob Schwarz­ar­beit, Ter­ror­be­kämp­fung oder orga­ni­sierte Kri­mi­na­li­tät – dort würde eher auf Kryp­towäh­run­gen setzen, als sich mit Bargeld in großen Mengen erwi­schen zu lassen – die Gründe, die großen Bank­no­ten langsam aber sicher abzu­schaf­fen, sind andere. Es geht aus­schließ­lich darum, die Lager­kos­ten für Banken zu erhöhen, um die Ver­mei­dung der Nega­tiv­zin­sen teurer zu machen. Schaffte man den 200er auch noch ab, ver­dop­pel­ten sich die Lager­kos­ten erneut, weil man nun 100er ein­la­gern müsste. Die EZB könnte dann die Einlage-Zinsen von -0,4 auf -0,8 anzie­hen. Nur um sich in dieser Abwärts­spi­rale etwas Luft zu ver­schaf­fen, laufen die Dru­cker­pres­sen in Deutsch­land und Öster­reich noch bis April 2019 auf Hoch­tou­ren. Aus keinem anderen Grund.

* Null ist er natür­lich nicht, weil die Infla­tion am Wert knab­bert. Ledig­lich der Betrag ist abge­si­chert, nicht dessen Kauf­kraft.


Quelle:unbesorgt.de


Danke!

Mit all eurer Hilfe sind fast alle Kosten im Rechtsstreit gedeckt.

Ich bedanke mich an dieser Stelle bei allen Lesern und Mitschreibern für die jahrelange Treue und die tatkräftige Unterstützung auch von den Kollegen anderer Plattformen!

 Hier können Sie O24 weiter unterstützen!



Weitere Beiträge