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Die Achse Paris – Berlin gibt es nicht mehr

Für Charles De Gaulle und Konrad Adenauer, für Valéry Giscard d’Estaing und Helmut Schmidt wie noch für Francios Mitternd und Helmut Kohl hatte die französisch-deutsche Zusammenarbeit aus geopolitischen Erwägungen Priorität. Ob jedes kleine Detail schön war, ist eine untergeordnete Frage angesichts der weltpolitischen Herausforderungen. Mit Gerhard Schröder und Dr. M. begann eine Wilhelminisierung der deutschen Politik, wo der schöne innenpolitische Schein der außenpolitischen Vernunft nachgeordnet wurde.

Sicher sind die deutsche Energiepolitik und der Gaspreisdeckel Themen, welche in Frankreich interessiert diskutiert werden. Unter dem Radar der germanischen Medien verläuft aber noch eine andere Konfliktlinie, die mit dem sinkenden Außenwert des Euro zu tun hat. Dafür gibt es wiederum zwei Gründe. Die Zinspolitik der EZB, die durch eine Französin verantwortet wird. Und die deutsche Leistungsbilanz, die bisher manche Schwäche der Eurozone kaschiert hat. Die Leistungsbilanz hängt wiederum an den seidenen Fäden von Frau Lagardes Frankfurter EZB und der deutschen Energieverknappungspolitik.

Sehen wir uns die frischen und alarmierenden Zahlen der Bundesbank für den August an:

  • Leistungsbilanz: plus 0,6 Mrd € gegenüber plus 17 Mrd. im Vorjahresmonat. (August 2019 vor Kórona: plus 15,9 Mrd. €)
  • Außenhandelsbilanz: plus 0,6 Mrd. € gegenüber plus 11,6 Mrd. im Aug. 2021 (Aug. 2019 plus 16,4 Mrd. €)
  • Direktinvestitionen deutscher Unternehmungen im Ausland: 52,5 Mrd. € gegenüber 18,5 Mrd. im Aug 2021 (Aug. 2020 13,6 Mrd. €)

Deutschland hat bisher die Leistungsbilanz des Euroraums stabilisiert (Frankreich trägt mit einem Defizit bei). Das ist nun Geschichte. Zweitens ist die deutsche Industrie schon seit Kórona auf der Flucht. Man sieht das an frischen Werkhallen in verschiedenen Ländern, die Zahlen der Bundesbank bestätigen es nur. Die 52 Milliarden sind ja kein Jahresabfluß, sondern stehen nur für den August. Die Bruttowertschöpfung der gesamten deutschen Wirtschaft hatte im August die Größenordnung von 3oo Mrd. €, das nur mal so zum Vergleich. Diese Zahlen sind im Wirtschaftsministerium und im Kanzleramt sicher bekannt, man kann sich die Tatenlosigkeit von Habeck und Scholz nur so erklären, daß sie von den Magnaten den Auftrag erhalten haben verbrannte deutsche Erde zu hinterlassen.

Einerseits ist es für den gallischen Hahn traditionell verlockend, wenn Deutschland schwächelt. Andererseits hat es Nachteile, die den Franzosen angsichts der gefährlichen Ausmaße dämmern. Es wird die Zeit kommen, wo ein marodes Deutschland von einem eigentlich mit sich selbst beschäftigten Frankreich gestützt werden muß. Bei der Elektroenergie könnte das schon 2023 der Fall sein. Ob die EU insgesamt diesen Schlendrian aushält?

Ich hatte vor Jahren für ein karolingisches Bündnis von Paris und Berlin geworben, um die Abhängigkeit Europas von Amerika zu reduzieren und gegen Asien eine feste Burg zu bilden. Frankreich stellt die militärischen Fähigkeiten und Deutschland sichert die Finanzierung. Unter der Voraussetzung der Wiederherstellung der deutschen Mark. Dieses gedachte Konstrukt, welches wegen anderer Prioritäten von Dr. M. und Macron nicht vorangekommen war, verliert gerade sein ökonomisches Fundament.

Das europäische Bündnissystem ist prioritär. Für die deutsche Administration steht es hinter Klima und Kórona unter „ferner liefen“.

Grüße an den Inlandsgeheimdienst: „Berlin. Es lebt dort ein so verwegener Menschenschlag beisammen, daß man mit der Delikatesse nicht weit reicht, sondern daß man Haare auf den Zähnen haben und mitunter etwas grob sein muß, um sich über Wasser zu halten.“ (Geh. Rath v. Goethe zu seinem Eckermann am 4.12.1823)

Quelle: Prabelsblog



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Kommentare

  1. Bei den “militärischen Fähigkeiten” Frankreichs wäre ich – trotz force de frappe – vorsichtig !

    Schon als Libyen vom Werte-Westen zugeballert wurde, ging Frankreich innerhalb weniger Tage die Munition aus, um nur mal ein kleines Beispiel zu nennen.

    Und ob man den Franzosen trauen kann, ist nochmal eine andere Frage. Sie hatten sich u.a. ja auch gegen Nordstream II ausgesprochen, obwohl sie nach meiner Kenntnis immerhin mit 9 % daran beteiligt waren.

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  2. Die deutsch-französische Zusammenarbeit, hatte, gerade wenn man die Namen der Initiatoren (Charles De Gaulle und Konrad Adenauer) bemühen will, nie den Titel eine “Achse Paris-Berlin”. Sondern das ist eine unreflektierte Übertragung des eigentlich historisch richtigen Begriffs: “Achse Paris-Bonn”. Berlin hat in diesem Zusammenhang nie eine Rolle gespielt und mußte dann zwangsweise substituiert werden, als die alte Großmannssucht zurückkehrte und die Hauptstadt Deutschlands mit der Hauptstadt Preußen wieder einmal zwangsvereinigt wurde. Deutschland war schon früher keine “Berliner Republik”; denn selbst die erste Republik nannte sich nicht nach ihrer (preußischen) Hauptstadt, sondern nach der SchillerGoetheWielandHerder-Stadt Weimar. Die zweite Republik war die “Bonner Republik” (Beethoven!), ihr entstammt die Idee der deutsch-französischen Zusammenarbeit. Der Rhein war den Franzosen sowieso immer näher als die Spree, er ist auch ein bedeutenderes Gewässer.

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