Spitzel, Spalter, Spekulanten: Der V-Mann kommt selten alleine

Die Spalter sind überall

Es muss nicht immer gleich der Mossad dahinter stecken, wenn sogenannte Spalter tun, was sie eben tun müssen. Es gibt sie in jedem Kleingartenverein, an jeder Arbeitsstelle und in der Nachbarschaft. Mit diesen Zeitgenossen muss man leben und es ist kein Wunder, dass sie sich auch in politischen Gruppierungen und Parteien aufhalten, eher ein Naturgesetz. Ärgerlich ist es vor allem, wenn es ein paar Leuten ernst mit einer Sache ist. Musiker aus jeder Hinterhofband können davon wahrscheinlich etliche Liedchen singen. Manchmal kommen die Spalter auch von außen, wie Yoko Ono bei den Beatles, wie es heißt, oder sie waren von Anfang an dabei, wie Frauke Petry bei der AfD, Jutta Ditfurth bei den Grünen, Oscar Lafontaine bei den “Sozialdemokraten” usw.

In der politischen Arbeit werden Spalter durch ihre relativ gute Berechenbarkeit gefährlich, weil sie sich prima als Werkzeug nutzen lassen. Sie sind meistens direkt nicht verantwortlich dafür, wenn eine gut gemeinte Revolution ihre Gründer frisst. Entweder leitet sie die Gier nach Geld, Macht und Anerkennung, dann gehören sie eher zum Kreis der Spekulanten, oder es stecken andere dahinter, die sich ihrer bedienen. Es gibt nur einen einzigen Umgang mit ihnen, der den persönlichen Schaden so gering wie möglich hält. Man hält Abstand und überprüft die eigenen Standpunkte und bleibt sich selber treu. Spalter wieder auf Kurs bringen zu wollen, ist so sinnvoll wie eine Handgranate mit entsichertem Zünder zu entschärfen. Ebenso zwecklos ist es, andere vor der Gefahr durch den Spalter zu warnen, die davor ihre Augen verschließen, weil sie unbedingt an der Sache festhalten. Übertreibt man es damit, läuft man Gefahr selbst zum Spalter zu mutieren und die Rollen verschwimmen. Schnell hat der Spalter eine Mehrheit und kann einen aus einer sicher geglaubten Position kicken. Das ist an der politischen Arbeit wohl einerseits das Spannendste und gleichzeitig auch das Zermürbendste, weil es so viel Energie frisst. Kein Wunder, dass nicht immer die Sanftmütigsten an die Spitze kommen und so manches Talent auf der Strecke bleibt. Demokratie und Kompetenz müssen nicht zwangsläufig einher gehen.

Spekuliere nicht mit den Spekulanten

Spekulanten sind leichter erkennbar, denn sie verfolgen ein klar erkennbares Ziel: Nach vorne kommen. Wenn sie den Kurs ändern, geht es für sie nur darum, weiter nach oben zu gelangen oder dort zu bleiben. Dafür bedienen sich nicht selten der Spalter, um unliebsame Fraktionen loszuwerden. Mit ihnen lässt sich keine Schlacht gewinnen ohne herbe Verluste einzufahren. Gerhard Schröder war ein Spekulant, auch Angela Merkel ist eine solche Person. Solange sie noch nicht an ihrem Ziel sind, überzeugen sie mit Fleiß und gespielter Loyalität. Wer ihnen nützlich erscheint, dem bieten sie ihre Dienste an. Sie wollen alles und sind dafür auch bereit, alles zu opfern. Wer glaubt, in ihnen eine nützliche rechte Hand gefunden zu haben, wird irgendwann eines besseren belehrt und von ihnen abserviert. Genauso ergeht es denen, die sich an einen Spekulanten hängen, um mit ihm nach oben zu kommen. Erst wenn der Meister alt und schwach geworden ist, wird er ihn verdrängen können, denn er sucht niemals den offenen Schlagabtausch, den fairen Kampf, er wartet auf die günstige Gelegenheit. Dann schlägt er zu. Und weil in der Politik so viele auf irgendetwas spekulieren, ist Angela Merkel noch immer Kanzlerin. Dort auf eine Einsicht an irgendeiner Stelle zu hoffen, ist reine Zeitverschwendung. Niemand wird Merkel beerben, der nicht genauso einen verdorbenen bzw. gar keinen Charakter hat.

Wenn politisch relevante Gruppen den kraftraubenden Umgang mit den natürlich vorhandenen Spaltern und Spekulanten halbwegs überlebt und eine gewisse Beständigkeit angenommen haben, kommen die Spitzel ins Spiel, die sich gnadenlos der Spalter und Spekulanten bedienen, manche von ihnen auch direkt auf ihre Seite ziehen. Hier ist höchste Vorsicht geboten, doch auch mit den Spitzeln muss man leben.

Ein bißchen Paranoia ist angebracht: Die Spitzel sind unter uns

Unsere Daten geben wir alle – zumindest zum Teil – mehr oder weniger freiwillig preis. Vor der Überwachung kann man sich ein wenig schützen, aber eben nicht umfassend. Neulich wurde ich auf der Fahrt zu einem Treffen geblitzt. Nebenbei bemerkt war ich nur unwesentlich zu schnell, aber nun gibt es ein Foto von meiner Begleitperson, die aus triftigen Gründen unerkannt bleiben will. Die Bußgeldstelle hat nichts mit den Diensten zu tun, die sich für diese Person interessieren, aber so spannend ist die Sache nicht, wie sie sich anhört. Ein kleiner Fehler kann schnell ins Auge gehen, wenn internationale Drogenkartelle oder der böse Russe mit dem Nervengas eine Zielperson eliminieren wollen. Das bißchen nachrichtendienstliche Erkenntnisgewinnung unserer Behörden ist dagegen ein Kindergeburtstag – noch!

Alles wird mitgeschnitten, aufgezeichnet, irgendwie. Ich bin manchmal fassungslos, wie selbstverständlich Smartphones bei diversen Besprechungen auf dem Tisch liegen und selbst erfahrene Informanten mit eingeschaltetem Navi anreisen. Muss man es denen denn so einfach machen, dass sie wissen, wer sich mit wem trifft, welche Meinung und Vorbehalte er hat und ob er nach einem Glaserl Wein redseliger wird oder nicht? Kein Wunder, dass, wie mehrfach geschehen, Briefe abgefangen oder Gerichtsakten plötzlich bereinigt wurden, weil über das Vorhaben, deren Ansicht anzufordern, schon wochenlang vorher am Telefon gesprochen wurde. Viele Informationen liegen sozusagen auf der Straße. Zum Beispiel beim unverschlüsselten Emailverkehr oder der CC-Falle. So leitete ein begeisterter Neu-Aktivist eine Presseanfrage einer großen Tageszeitung an alle Mitglieder seines Orgateams weiter. Der Redakteur blieb im CC stehen und bekam ein Duplikat sämtlicher Antworten zugesandt. Niemandem fiel dieser Fehler auf, erst als es zu spät war. So etwas wird auch dort archiviert und kann später durchaus einmal brisant werden, auch wenn die Informationen auf dem ersten Blick gar nicht so interessant erscheinen. Wer politisch etwas bewegen will, muss die Kontrolle über seine Daten behalten – wenn man Bill Clinton heißt, gilt das natürlich auch für die Körpersäfte.

WhatsApp oder Facebookgruppen, Konferenzen über Skype, “konspirative” Treffen beim Lieblingsitaliener – der Feind hört mit und auch der potentielle Feind. Manchmal sitzt er am Nebentisch und lauscht, viel wahrscheinlicher ist aber, dass mindestens einer der Eingeweihten ein V-Mann ist. So etwa der mittlerweile verstorbene Anmelder der Hooligans-gegen-Salafisten-Demonstration in Köln oder sonst wer, von dem man das gar nicht dachte. Manchmal gar der eigene Mann, die Frau oder eines der Kinder, deren Lehrer, Erzieherin oder Sporttrainer.

Wo beginnt die Paranoia, wo endet das gesunde Misstrauen? Darauf gibt es keine allgemeingültige Antwort, nur eine Regel verspricht etwas Hilfe. Man behält wichtige Informationen für sich, grundsätzlich. Was unter vier Augen besprochen wurde, erfährt niemals ein Dritter. Wenn das Gegenüber sich daran nicht hält, bleibt wenigstens auf der eigenen Seite ein Sicherheitsfaktor von 50 Prozent. Das ist besser als ein hundertprozentiges Datenleak. Man schweigt nicht aus Misstrauen, sondern aus Verantwortung. Dem anderen wird nicht unterstellt, ein Spitzel zu sein, man weiht ihn deshalb nicht ein, damit er sich durch dieses Wissen nicht gefährdet. Wenn die Dienste wissen, dass jemand nichts weiß, lassen sie ihn in Ruhe. Mit dieser Vorstellung kann man sich besser ermahnen, seine Zunge im Zaum zu halten und bleibt resistent gegenüber Sprüchen wie “Komm, du weißt doch, dass ich nichts weitersage  …” Selbst wenn so ein Satz ausnahmsweise einmal stimmen sollte, verfehlt er seine Wirkung.

Man sollte nie vergessen und es sich dreifach hinter die Ohren schreiben: Nicht nur das Internet vergisst nichts, auch jedes von uns gesprochene Wort wird weitergetragen.

Sind die Spitzel erst einmal in persona auf einen angesetzt, hilft nur das Gespräch mit einem Ostdeutschen. Aber Vorsicht, der könnte bei der Stasi sein …



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