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Pressekonferenz: Herbert Kickl zu den neuen Enthüllungen über ÖVP-Netzwerke

Mit neuen Enthüllungen zum Sittenbild der ÖVP-Netzwerke im Bereich Justiz- und Innenministerium wartete heute der geschäftsführende FPÖ-Klubobmann, NAbg. Herbert Kickl, in einer Pressekonferenz auf. Konkret geht es um die Causa des Stadterweiterungsfonds, der bis zu seiner Auflösung im Jahr 2017 dem BMI unterstellt war. Für Kickl handelt es sich um eine weitere Aufdeckung von „schwarzen Netzwerken, die über Jahre gewachsen sind, dann zu wuchern begonnen haben und die aus einem System der Selbstkontrolle ein System der Selbstbedienung gemacht haben“.

„Die Vorwürfe sind bereits seit einiger Zeit bekannt. Neu ist, dass nun Anklage gegen vier Verdächtige erhoben wird. Es handelt sich dabei um hohe Beamte aus dem Innenministerium sowie um einen maßgeblichen Vertreter des Fonds“, so Kickl, der aus Datenschutzgründen die Namen der Betroffenen nicht nannte. Den Verdächtigen werden Amtsmissbrauch und/oder Untreue mit einem Schaden von mehr als einer Million Euro vorgeworfen.

Spenden aus Fondsgeld für berufliche und private Vorteile

„Im Kern geht es darum, dass die Verdächtigen rund um diesen Fonds ein System der Selbstkontrolle organisiert und Geld des Fonds vergeben bzw. gespendet haben sollen, um sich damit private oder berufliche Vorteile zu verschaffen. Beispielsweise wurde an kirchliche Institutionen gespendet, im Gegenzug erhielten die Vertreter des Stadterweiterungsfonds hohe kirchliche Orden. Auch an Institutionen, in denen Beschuldigte selbst tätig waren, soll Geld geflossen sein“, so Kickl. Der Rechnungshof habe dazu bereits 2013 festgestellt, „dass im Fall der Spenden an Empfänger im Bereich des BMI, an den Österreichischen Integrationsfonds und an eine private Bildungsinstitution ein Naheverhältnis zu Kuratoriumsmitgliedern bzw. zum Geschäftsführer bestand“.

Auch wenn für die Beschuldigen selbstverständlich die Unschuldsvermutung gelte, sieht Kickl nun Innenminister Peschorn in der Pflicht, sofortige Maßnahmen zu setzen: „In den Fällen der im BMI tätigen Betroffenen wird hier die Ministerverantwortung direkt schlagend. Suspendierungen sind zu prüfen. Ein Weiterreichen der Frage an nachgeordnete Kommissionen halte ich für undenkbar. Denn diese Anklagen sind ein schwerer Schlag für das BMI, dessen Ziel es ja eigentlich ist, Gauner dingfest zu machen.“

Kickl verwies auch auf einen zweiten Aspekt dieser Affäre, nämlich die Vorgeschichte der Anklage: „Hier zeigt sich, dass die Achse zwischen Innen- und Justizministerium das schwarze Machtmissbrauchsgefüge stabil hält.“ Denn es habe mehrere Versuche gegeben, in dem seit 2013 – also seit sechs Jahren – laufenden Verfahren eine Anklage zu verhindern.

Verfahren in die Länge gezogen, um Teile der Anklage zu verhindern

Ein erster Vorhabensbericht sei 2015 erstellt und die Anklage der Beschuldigten von der Oberstaatsanwaltschaft Wien begrüßt worden. „Die dafür zuständige Person hat jedoch unter unschönen Umständen eine berufliche Neuorientierung eingeschlagen. Man könnte hier den Begriff Mobbing verwenden. Dann kam in der OStA Wien ein ‚Mann fürs Grobe‘ zum Zug und erteilte eine Weisung, die Verfahren einzustellen. Weil das von mutigen Mitarbeitern im Justizministerium als nicht gangbarer Weg erachtet wurde, wurde in einem Zwischenschritt verfügt, weitere Ermittlungen anzustellen, um die Sache zu verschleppen und eine stufenweise Einstellung von Verfahrensteilen zu erreichen“, beschreibt Kickl die ihm zugetragenen erschütternden Entwicklungen.

Ein neuer Vorhabensbericht im Jänner 2019 habe tatsächlich eine Anklage nur noch zu einem kleinen Teil der Vorwürfe empfohlen. Maßgebliche Anschuldigungen in Zusammenhang mit Immobilienverkäufen seien eingestellt wurden. „Und selbst hier genehmigte die OStA die Anklage nur unter einer sogenannten ‚Maßgabe‘ – nämlich dass die persönlichen Motive der Beschuldigten nicht genannt werden sollen. Eine solche Maßgabe hat inhaltlich einen Charakter einer Weisung mit dem Vorteil, dass diese nicht explizit im Akt aufscheint“, erläuterte Kickl.

Taskorce in der Justiz zur Aufklärung von Vertuschungsvorwürfen unabdingbar

„Jetzt liegt also eine Rumpfanklage vor, doch selbst was darin noch steht, ist schlimm genug“, so Kickl, der folgende Fragen stellte: „Was kommt da noch alles auf uns zu? Was wussten Minister Moser und seine Vorgänger im Justizministerium, aber auch meine Vorgänger im Innenressort von diesen Vorgängen? Und wann werden endlich konkrete Maßnahmen durch den Justizminister gesetzt?“ Die Affäre Stadterweiterungsfonds sieht Kickl im Kontext mit den bereits bekanntgewordenen „Daschlogt’s es“-Aktivitäten des ehemaligen Generalsekretärs im Justizministerium, Christian Pilnacek.

Es brauche dringend eine Taskforce aus ehemaligen Richtern und Staatsanwälten, die über jeden Verdacht erhaben sein müssen, an diesen Netzwerken mitgewirkt zu haben, und die sich unabhängig und weisungsfrei der Aufarbeitung der Vorwürfe des systematischen Zudeckens strafrechtlich relevanter Vorgänge im Umfeld der schwarzen Netzwerke widmen. „Und es braucht eine ebenso unabhängige Stelle, wo sich Betroffene dieses ‚Daschlogt’s es‘-Systems mit ihren Informationen wenden können, ohne Angst haben zu müssen, daraufhin von ihren Vorgesetzten schikaniert zu werden. Nur so kann die Schweigespirale durchbrochen werden.“

„Ich möchte an die von Bundeskanzlerin Bierlein in ihrer Parlamentsrede verwendeten Begriffe Vertrauen und Verlässlichkeit anknüpfen: Verlässlichkeit darf nicht bedeuten, dass sich ÖVP-Netzwerke darauf verlassen können, weiterhin ungestört agieren zu können. Damit muss jetzt ein- für allemal Schluss sein. Und dafür erwarte ich umgehend die jetzt konkret nötigen Maßnahmen vom Innenminister und vom Justizminister“, schloss Kickl.



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