Mutti geht, Vati kommt: Vier weitere Jahre Merkelismus für Deutschland

Die Weichen sind gestellt. Nun soll alles ganz fix gehen. Schon am 6. Dezember will die rot-gelb-grüne Rasselbande loslegen. Ganz progressiv, so die vollmundige Ankündigung – jung, frisch, dynamisch. Wer da so gar nicht ins Bild passt, ist der Anführer der jungen Wilden, der eher wie ein Herbergsvater wirkt als einer, der für den viel beschworenen Aufbruch steht. Olaf Scholz soll der nächste deutsche Bundeskanzler heißen.

Die Skandale, mit denen sein Name verbunden ist, haben ihm nichts anhaben können. Menschen entscheiden eben nicht aufgrund von Fakten, sondern nach ihren Gefühlen. Und Scholz gibt ihnen ein gutes Gefühl. So einem verzeiht man fast alles. Auf die kümmernde Mutti folgt der gütige Vati, eine Rolle, die dem bisherigen Vize-Kanzler ins Gesicht geschrieben steht. Mit seiner Mimik ist Scholz der Gegenentwurf zu Angela Merkel, deren hängende Mundwinkel unentwegt den Eindruck vermitteln, als trage sie die Last der Welt auf ihren Schultern. Unser aller Last. Kein Wunder, dass die deutschen Journalisten sie irgendwann heiligsprachen. Scholz ist anders – und doch wieder nicht. Er ist die Weiterentwicklung Merkels, ein Kümmerer, der nicht nur in den Schlaf wiegen, sondern auch einfühlsam erscheinen kann, eine Angela Merkel mit freundlichem Gesicht. Sein mildes Lächeln ist seine stärkste Waffe, sein beruhigender Tonfall sein wichtigstes Mittel im Kampf gegen die vielen Lautsprecher, derer die Bürger überdrüssig sind. Der Hanseat hat das schier Unmögliche vollbracht: Er hat eine in Selbstzweifeln badende Partei innerhalb weniger Monate zur ersten Regierungsanwärterin gemacht. Möglich wurde dies wegen zweier Mitbewerber, die so mit sich selbst und ihrer fehlenden Eignung für das Amt beschäftigt waren, dass Scholz nicht mehr tun musste, als nichts zu tun.

Man könnte vermuten, Angela Merkel hätte die Dinge bewusst so eingefädelt, indem sie den schwächsten denkbaren Unions-Kanzlerkandidaten durchsetzte

Dass die scheidende Kanzlerin zwar gehen, jedoch niemals ganz weg sein wird, ist mit Olaf Scholz garantiert. Er wird die Politik des Kümmerns fortsetzen, mit denen sich die Deutschen so sehr haben einlullen lassen, dass sie Kritik an offiziellen Regierungsverlautbarungen inzwischen mehrheitlich als demokratiegefährdend einstufen. Scholz hat nun das Kanzleramt vor Augen, weil er sich im Wahlkampf als Merkel der SPD gerierte. Mutti geht, Vati kommt – nicht weniger streng in der Sache, dafür aber umso sanfter im Ton. Beinahe könnte man vermuten, seine Vorgängerin hätte die Dinge bewusst so eingefädelt, indem sie den schwächsten denkbaren Unions-Kanzlerkandidaten durchsetzte. Dass die Dritte im Bunde keine Gefahr darstellen würde, war jedem klar, der Annalena Baerbock jemals hatte drei Sätze am Stück reden hören. Es ging also darum, Markus Söder zu verhindern, der Scholz und seine SPD um Längen hinter sich gelassen hätte. Kaum vorstellbar, dass einer, die Politik so akribisch betreibt wie Merkel, derlei entgangen wäre. Scholz darf sich auf seine Aufgabe als Regierungschef in einem Land freuen, in dem ihm die Gewaltenteilung nur noch selten in die Quere kommt und sich die Gerichtsbarkeit als hilfreicher erweist, als es von der Verfassung vorgesehen ist. Merkel sei Dank. Mit den Grünen hat er dabei eine starke Schutzmacht an Bord, die auch in Zukunft für eine wohlwollende Berichterstattung sorgen und die eingespielte Zusammenarbeit mit den Leitmedien festigen wird. Am meisten muss der designierte Kanzler seine eigene Partei fürchten. Der Nachfolger des abtretenden Co-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans wird die Linksdrift der SPD beschleunigen. Scholz droht das Schicksal Gerhard Schröders.

2017 hatte sich Scholz beim G20-Treffen von linksextremen Terroristen vorführen lassen – den Gipfel in Rom wird er in ungleich besserer Erinnerung behalten

Doch das sind Sorgen von Morgen. Aktuell sonnt sich der noch amtierende Bundesfinanzminister im Glanz Merkels. Nach ihrer bonusmeilenträchtigen Abschiedstournee durch Europa, die sie bis in den Vatikan führte, hatte die scheidende Kanzlerin kurzerhand ihren Vize ins Gepäck für den G20-Gipfel in Rom gesteckt. Das alljährliche Stelldichein der Staats- und Regierungschefs hatte 2017 Schlagzeilen gemacht, als sich der damalige Erste Bürgermeister Scholz von linksextremen Terroristen vorführen ließ, die für bürgerkriegsähnliche Zustände in Hamburg sorgten. Den Gipfel in Rom wird er in ungleich besserer Erinnerung behalten. Unter dem frenetischen Jubel der deutschen Journalisten, der selbst den 13-minütigen Applaus der CDU-Parteitagsdelegierten aus dem Jahr 2005 in den Schatten stellte, präsentierte Merkel der Welt mit gebieterischer Selbstverständlichkeit einen als ihren Nachfolger, der bislang weder einen Koalitionsvertrag vorlegen kann, noch vom Bundestag gewählt oder gar vom Bundespräsidenten vereidigt worden ist. Der Affront gegen die Verfassungsorgane steht sinnbildlich für Merkels Demokratieverständnis. Die in einer sozialistischen Diktatur ausgebildete 67-Jährige sieht gar keinen Anlass, Parlamentsentscheidungen abzuwarten. Das war so bei der Bankenrettung, bei der europäischen Schuldenunion, beim Atomausstieg, beim Öffnen der arabisch-islamischen Fluttore und bei Corona. Wie bei Hase und Igel: Wo immer die Verteidiger des Grundgesetzes hineilten, war Merkel längst da und hatte Fakten geschaffen. Die Begeisterung der Journalisten für die zur Schau gestellte Missachtung des Bundestags spricht Bände. Ihnen kann der Aufbruch in eine neue Weltordnung nicht schnell genug gehen. Die Zeiten, in denen man zumindest den Anschein wahrte, sind lange vorbei.


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Erstveröffentlichung: Liberale Warte



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