Es gibt Meldungen, die rutschen einfach so durch. Wir nehmen zwar Notiz von ihnen, kümmern uns jedoch nicht um die Hintergründe. Die Kür zur „Floskel des Jahres“ fällt in diese Kategorie. Sämtliche Leitmedien haben über den Negativpreis berichtet, der von den Journalisten Sebastian Pertsch und Udo Stiehl vergeben wird. Allerdings erfahren wir nur das, was den Journalistenkollegen ins Konzept passt. Was ein zweifelhaftes Licht auf die Initiative werfen könnte, fällt unter den Tisch. Dabei gibt es zu den Machern des Projekts, vor allem zur treibenden Kraft Pertsch, mehr zu sagen. Der Floskelkür vorausgegangen waren Vorschläge der Leser des 2014 gegründeten Projekts „Floskelwolke“, mit dem Pertsch und Stiehl in den Sozialen Netzwerken unterwegs sind. Die private medienkritische Initiative verfolgt das Ziel, auf Manipulationen in der Nachrichtensprache aufmerksam zu machen. Dafür wird täglich eine vierstellige Zahl deutschsprachiger Medienseiten durchforstet. Angeprangert wird dabei ein breites Spektrum journalistischer Unzulänglichkeiten, von Standardfloskeln bis zu Formulierungen, „die Zusammenhänge verschleiern, Sachverhalte beschönigen oder Meinungen beeinflussen“. Im Jahr 2015 gab es dafür den Günter-Wallraff-Preis für Journalismuskritik. Zunehmend scheint sich aber vor allem Pertsch von den hehren Gründungszielen zu entfernen und sein Augenmerk lieber einseitig auf all jene zu richten, die er für „rechts“ hält. Gerne gibt der „Urberliner“ per Twitter auch schon mal Tipps zur „Enttarnung rechter Hasstrolle“, mit denen er in den Sozialen Netzwerken die Konfrontation sucht. Dabei agiert er nicht zimperlich. Offenbar haben allerdings die wenigstens Opfer seiner Beleidigungen bisher die Mühe auf sich genommen, Anzeige zu erstatten.
Die Floskelwahl vereint die journalistische Blase im Kampf gegen all jene, die sich kritisch zu den Corona-Maßnahmen oder der Impfpflicht positionieren
Den öffentlich-rechtlichen Rundfunk scheint derlei Gebaren ebenso wenig zu stören, wie die übrigen Redaktionen. Sie geben Pertsch und seinem Partner eine breite Bühne, um nach „Einzelschicksal“ im Jahr zuvor ihre Floskelkür 2021 zur Geltung zu bringen. Mit der Wahl von „Eigenverantwortung“ soll die Aufmerksamkeit darauf gelenkt werden, dass „ein legitimer Begriff von hoher gesellschaftlicher Bedeutung“ ausgehöhlt werde und zum politischen Schlagwort verkomme, „fehlgedeutet als Synonym für soziale Verantwortung und gekapert von Impfgegnerinnen und Impfgegnern als Rechtfertigung für Egoismus“, wie Pertsch und Stiehl behaupten. Dass derlei in der journalistischen Blase gut ankommt, versteht sich von selbst, hat man sich doch gemeinsam dem Kampf gegen all jene verschrieben, die sich kritisch zu den Corona-Maßnahmen oder der Impfpflicht positionieren. Dass die beiden Betreiber des Netzprojektes ihre Wahl ebenso als Kritik an den politisch Verantwortlichen verstanden wissen wollen, die „der Pandemie inkonsequent entgegenwirken“, darf durchaus so verstanden werden, dass sie sich noch schärfere Einschränkungen der Grundrechte wünschen. Pertsch und Stiehl stehen für eine Journalistengeneration, die nicht etwa wie ihre Vorgänger liberalen Grundsätzen folgt und für ein Höchstmaß an bürgerlichen Freiheiten eintritt, sondern den starken Staat mit größter Vollmacht zur Durchsetzung kollektivistischer Bestrebungen fordert, um den Meinungskorridor auf jene Ansichten zu verengen, die sie für legitim halten. Wer abweicht, soll die Härte der sogenannten Zivilgesellschaft spüren. Einen ähnlichen Geist versprüht längst auch das „Unwort des Jahres“, das in wenigen Tagen verkündet wird und ebenfalls einen Seitenhieb auf die Kritiker der Corona-Politik enthalten dürfte.
Beharrlich suchen Linke nach der Opferrolle, in die sie nur deshalb geraten seien, weil Staat und Gesellschaft sich nicht genug um sie gekümmert hätten
Dass sich inzwischen ganze Löschkommandos unserer Sprache bemächtigt haben, kann niemandem verborgen bleiben. Es hat aber eine neue, weitaus gefährlichere Dimension, wenn Begriffe des Alltags schlankweg zu Unwörtern erklärt werden, weil sie von den „Falschen“, und noch dazu in einem nicht genehmen Kontext, verwendet werden. Wer sich für Eigenverantwortung stark macht, wird deswegen nicht zum „Rechten“. Es ist eine bedenklich krude Sicht auf die Welt, jeden zu verteufeln, der eigene Anstrengungen fordert, Rechte an Pflichten knüpft oder auch nur darauf hinweist, dass letztlich jeder zu einem gewissen Teil selbst für sein Schicksal verantwortlich ist. Beharrlich suchen Linke nach der Opferrolle, in die sie nur deshalb geraten seien, weil der Staat und mit ihm die Gesellschaft sich nicht genug um sie gekümmert hätten. Dabei gibt es ernstzunehmende Gründe, warum Menschen nicht in der Lage sind, Sorge für ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben zu tragen. Dazu zählen sämtliche Formen der Behinderung, schwere Erkrankungen, familiäre Umstände, mangelnde Bildung oder auch plötzliche Schicksalsschläge. Doch die überwältigende Mehrheit derer, die so gerne Forderungen an den Staat richten, ist sehr wohl in der Lage, aus eigener Kraft voranzukommen. Wer wie Pertsch und Stiehl den Ruf nach Eigenverantwortung diskreditiert oder diese sogar zum Kampfbegriff angeblicher „rechter Verschwörungsschwurbler“ deklariert, stärkt kollektivistische Strömungen, die kein Interesse an individueller Entfaltung haben. Die Pflicht zur Eigenverantwortung gehört zu den Stützpfeilern einer stabilen Gesellschaft. Dem, der sie einfordert, sollten auch die Preisverleiher der „Floskelwolke“ den Rücken stärken – so schwer ihnen dies bei Andersdenkenden fallen mag.
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