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Erinnerungsunkultur, Stolpersteine, Götzendienst

Mit Denkmälern ist das so eine Sache. Der David von Michelangelo (1475–1564) gilt als die bekannteste Skulptur der Kunstgeschichte. Keine Frage, es handelt sich um ein Meisterwerk.

Michelangelo, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Da steht er, so wie Gott ihn schuf, würde der oberflächliche Betrachter sagen. Aber nicht Gott, sondern der Bildhauer hat ihn seinen Vorstellungen gemäß erschaffen. Mit dem David aus der Bibel hat die Figur wenig gemeinsam. Niemand weiß, ob es ihn wirklich gegeben hat und wenn ja, wie er genau aussah – bis auf eine Kleinigkeit. Als Jude war David selbstverständlich beschnitten. Hier aber sehen wir die zur Zeit Michelangelos noch gängige und aus der Antike übernommene Darstellung von Heldengestalten mit auffällig kleinem und unbeschnittenem Penis, der aus heutiger Sicht so gar nicht zu einem Sinnbild kraftstrotzender Männlichkeit passen will. Die Erklärung ist ganz einfach und hat auch nichts mit damals geltenden Schönheitsidealen oder sexuellen Vorlieben zu tun. Eine positive Darstellung eines Helden verbot einen großen Penis, der für Triebhaftigkeit und das Unbeherrschte stand. Ein Held oder Halbgott hatte seine Leidenschaften zu zügeln, das galt auch für den großen Feldherrn Julius Cäsar.

Der kleine Standardpenis geriet irgendwann außer Mode und so bekam Michelangelos David ein Feigenblatt montiert. So hatten sich die Moralvorstellungen der Kirche in wenigen Jahrzehnten verändert. Heute stehen wieder mehrere Kopien der Figur für die Öffentlichkeit in aller Welt herum, aber wer weiß denn heute noch oder wieder, was es wirklich mit der Nacktheit der Statuen auf sich hat? Eines aber ist hoffentlich unübersehbar – im Zentrum der Kunst stand die Schönheit, das Aufbauende bis hin zur Verherrlichung weltlicher Herrscher als gottähnliche Gestalten.

Damals wie heute war die Kunst den Herrschenden vorbehalten. Nur sie hatten die Macht und die Mittel große Kunstwerke in Auftrag zu geben und ihre Ausstellung anzuordnen. Wechselte ein Herrscher, dann wechselten mit ihm nicht selten die Figuren auf den Sockeln. Kunst war nie einfach nur Kunst, sondern diente politischen Zwecken und der Machtdemonstration.

Was sich heute geändert hat, sieht man in westlichen “Kulturhauptstädten” und selbst in den Provinzen. Keine Regierung der Welt wäre noch vor wenigen Jahrzehnten auf die Idee gekommen, das eigene Volk derart negativ darzustellen, wie man es nicht nur aus Deutschland kennt und eine Erinnerungskultur zu etablieren, die jedes Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl untergräbt. Man “installiert” beispielsweise zerstörte Autos in den Innenstädten und behauptet, diese “Kunstwerke” würden die Schrecken des Krieges zeigen und die Menschen daran erinnern, welchen Preis ihre westlich-weißen Privilegien für andere haben.

Es sind Erziehungsmaßnahmen und für verschiedene Künstler und Verbände Daseinsberechtigung wie Einkommensquelle, wenn immer und überall an das Schicksal der Juden während der Zeit des Nationalsozialismus erinnert werden muss. Man soll stolpern über die Geschichte, eben nicht fortkommen und sich weiterentwickeln, sondern stets daran erinnert werden, was gar nicht er-innert werden kann, wenn man nicht selbst dabei gewesen ist. Die “Kunstwerke” haben als Mahnmal die Funktion von Implantaten, deren Träger nicht in Resonanz mit dem Geschehen stehen, das in ihre Erinnerung eingepflanzt wird. Das Ziel ist klar, mit Scham lässt sich Geld verdienen und Politik machen.

Das Beispiel Holocaustdenkmal hat Schule gemacht. Mahnmale sprießen nur so aus dem Boden, natürlich nur, wenn es um die richtigen Opfergruppen geht, wie bei einem Mahnmal gegen Homophobie. Wehe, jemand hat die Chuzpe und will an Terrorakte oder die mittlerweile eingebürgerten Messermorde erinnern. Wo kein politischer Wille ist, wächst auch kein Kunstwerk aus dem Boden. Der Götzendienst und Ablasshandel des 21. Jahrhunderts braucht aber dringend ein Update. Was fehlt, ist ein monumentales Mahnmal gegen den Klimawandel, das jeder privilegierte Europäer mindestens einmal im Leben besuchen und umrunden muss – im Tausch gegen Social credits – versteht sich. Was sind schon Karmapunkte, wenn man alles schon in diesem Leben haben kann?



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Kommentare

  1. Sehr guter Artikel! Spricht mir (mal wieder) aus der Seele. Mal gespannt, wie lange er noch so nackt da stehen darf. Könnte ja jemand Anstoß dran nehmen.

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